Grundsätzlich gilt: Ermäßigter Steuersatz für Abfindungen. Copyright by photowahn/fotolia.
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Einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Der Kläger war als Verwaltungsangestellter bei einer Kommune beschäftigt. Ab April 2013 bezog er Rente. Bereits im Dezember 2012 schlossen der Kläger und die Stadt einen Auflösungsvertrag. Sie vereinbarten, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Ausscheidens eine Abfindung i.H.v. 36.250 Euro erhalten wird. Zugleich wurde vereinbart, dass mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.03. 2013 alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen. Überdies verpflichtete sich der steuerpflichtige Kläger, keine weitere Höhergruppierungs- und Gleichbehandlungsbegehren zu verfolgen.
Der Arbeitgeber zahlte die vereinbarte Abfindung im März 2013 aus.
 

Finanzamt verweigert ermäßigte Besteuerung der Abfindung

Die von dem Kläger beantragte ermäßigte Besteuerung für den Abfindungsbetrag lehnte das Finanzamt (FA) ab. Deshalb erhob er Klage. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Gegen die Entscheidung des FG legte das FA Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.
 

Bundesfinanzhof bestätigt Entscheidung des Finanzgerichts

In ihrer Entscheidung 13.03.2018 stellten die Richter*innen des BFH fest, dass die Abfindung des Klägers eine Entschädigung für entgehende Einnahmen darstellt. Deshalb unterliegt sie als außerordentliche Einkunft dem ermäßigten Steuersatz.
 
Der Auflösungsvertrag war nach Auffassung des BFH dahin auszulegen, dass die Abfindungszahlung den Schaden ausgleichen sollte, der entstanden ist, weil der Kläger keine Vergütung mehr bekam.
 

Bundesfinanzhof: Grundlos zahlen Arbeitgeber keiner Abfindung

Wenn der Arbeitgeber einer Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer zustimmt, so der BFH, sei im Regelfall anzunehmen, dass dazu auch eine rechtliche Veranlassung bestand. Insofern sei ohne weiteres davon auszugehen, dass der Arbeitgeber zumindest auch ein erhebliches eigenes Interesse an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses habe.
 

Angekündigter Personalabbau setzte Kläger unter Druck

Im vorliegenden Fall habe die Stadt durch den angekündigten Personalabbau alle in Betracht kommenden Beschäftigten unter tatsächlichen Druck gesetzt. Sie mussten sich in der Folge mit einer möglichen vorzeitigen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und den damit verbundenen Konsequenzen auseinandersetzen. Für unerheblich sah es der BFH an, dass der Kläger auf die Stadt zugegangen sei, um einen Auflösungsvertrag mit Abfindung zu vereinbaren. Er habe somit unter dem Eindruck der gesamten Verhältnisse dem Druck der Stadt nachgegeben und seinen Arbeitsplatz gegen eine Abfindungszahlung aufgegeben.
 
 
Hier geht es zur vollständigen Entscheidung des Bundesfinanzhof vom 13.03.2018: 

Das sagen wir dazu:

Steuerersparnis bei Abfindungszahlungen

Mit der sogenannten Fünftelregelung (§ 34 Einkommensteuergesetz) gibt es eine Möglichkeit, die Höhe der Steuern für Abfindungen zu reduzieren. Dabei wird die volle Summe versteuert, jedoch wirkt sich nur ein Fünftel auf den Steuersatz aus.

Damit die Fünftel-Regelung genutzt werden kann, muss die Abfindung während eines Kalenderjahres zur Auszahlung kommen. Im Laufe des Kalenderjahres sind auch mehrere Ratenzahlungen beispielsweise im Juli, September und Dezember möglich.

Auf jeden Fall sind Nachzahlungen im Folgejahr zu vermeiden. Sollte es dennoch zu einer Nachzahlung im Folgejahr kommen, darf diese höchstens 5 Prozent der Hauptleistung ausmachen. Andernfalls kann das Finanzamt die Anwendung der Fünftel-Regelung nachträglich versagen.

Bei der Einkommensteuererklärung sind die Daten in die Anlage N einzutragen.

Sinn kann es machen, aber keineswegs zwingend ist es, wenn man die Unterlagen zur Abfindungsregelung (Aufhebungsvertrag und Abfindungsvereinbarung) zusammen mit der Steuererklärung einreicht. In diesem Fall, ist die sachbearbeitende Stelle des Finanzamtes angehalten, zu überprüfen, ob der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm vorgenommenen Steuerabzugs, die Fünftel-Regelung angewandt hat..


Rechtliche Grundlagen

§§ 24 Nr. 1a, 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG)

Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 24
Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch
1.
Entschädigungen, die gewährt worden sind
a)
als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder
b)
für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche;
c)
als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b des Handelsgesetzbuchs;
2.
Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 oder aus einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen;
3.
Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke sowie Zinsen auf solche Nutzungsvergütungen und auf Entschädigungen, die mit der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke zusammenhängen.


Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 34 Außerordentliche Einkünfte
(1) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. 2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. 3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.
(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:
1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.
(3) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 enthalten, so kann auf Antrag abweichend von Absatz 1 die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte, der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden, wenn der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder wenn er im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. 2Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 Prozent des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 Prozent. 3Auf das um die in Satz 1 genannten Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) sind vorbehaltlich des Absatzes 1 die allgemeinen Tarifvorschriften anzuwenden. 4Die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen. 5Erzielt der Steuerpflichtige in einem Veranlagungszeitraum mehr als einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn im Sinne des Satzes 1, kann er die Ermäßigung nach den Sätzen 1 bis 3 nur für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn beantragen. 6Absatz 1 Satz 4 ist entsprechend anzuwenden.