Steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtfahrten im Mannschaftsbus? Copyright: @Adobe Stock – Oleksandr
Steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtfahrten im Mannschaftsbus? Copyright: @Adobe Stock – Oleksandr

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, nimmt mit einer Mannschaft am Spielbetrieb einer deutschen Profiliga teil. Hierzu hat sie Berufssportler und Mannschaftsbetreuer angestellt. Diese sind ausweislich ihrer Arbeitsverträge u.a. verpflichtet, an Reisen (zu Auswärtsspielen), für die der Arbeitgeber auch das zu benutzende Verkehrsmittel bestimmt, teilzunehmen. Für ihre Tätigkeit erhalten Spieler und Betreuer einen monatlichen Grundlohn. Zusätzlich erhalten sie, bezogen auf den aus dem Grundlohn errechneten Bruttostundenlohn, monatliche Zuschläge für tatsächlich geleistete und nachgewiesene Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in gesetzlich zulässiger Höhe.

Finanzamt: Keine steuerfreien Zuschläge für bloßen Zeitaufwand

Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung für den Streitzeitraum (01.05.2012 bis 31.10.2015) vertrat das Finanzamt (FA) die Auffassung, dass für die Beförderungszeiten zu Auswärtsspielen, soweit diese nicht mit belastenden Tätigkeiten verbunden seien, keine steuerfreien Zuschläge geleistet werden könnten. Der auf den bloßen Zeitaufwand der Spieler und Betreuer im Mannschaftsbus entfallende Teil der Zuschläge sei daher nachzuversteuern. Im Einvernehmen mit der Klägerin bemaß das FA den Anteil der nachzuversteuernden Beträge mit 15 % der steuerfrei geleisteten Zuschläge. Die Klägerin beantragte, die darauf entfallende Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu pauschalieren. Daraufhin forderte das FA mit Bescheid vom 18.05.2016 Lohnsteuer zuzüglich Nebenabgaben in Höhe von insgesamt 58.094,74 € nach.

Klägerin erhebt Klage gegen Nachforderungsbescheid

Gegen den Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid erhob die Klägerin nach erfolglosem Vorverfahren Klage, der das FG Düsseldorf mit Urteil vom 11.Juli 2019 stattgab.

Gegen die Entscheidung des FG legte das FA Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.

Bundesfinanzgericht bestätigt FG Düsseldorf

Mit Urteil vom 16. Dezember 2021 hat der BFH die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen und somit der Klägerin Recht gegeben.

Nach § 3b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), so das Gericht, sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie bestimmte Prozentsätze des Grundlohns nicht übersteigen.

Inanspruchnahme der Steuerbefreiungsvorschrift setzt keine belastende Tätigkeit voraus

Für die Inanspruchnahme dieser Steuerbefreiungsvorschrift genüge es, so das Revisionsgericht, wenn der Arbeitnehmer zu den in § 3b EStG genannten Zeiten im Interesse seines Arbeitgebers tatsächlich tätig wird, für diese Tätigkeit ein Vergütungsanspruch bestehe und noch zusätzlich Zuschläge gewährt werden.

Ob sich die Reisezeiten im Mannschaftsbus für Spieler und Betreuer als individuell belastende Tätigkeit darstellen, sei hingegen unerheblich. Denn solche verlange das Gesetz für die Steuerfreiheit der Zuschläge nicht. Erforderlich, aber auch ausreichend sei vielmehr, dass eine mit einem Grundlohn vergütete Tätigkeit, wozu die gesamte und damit auch die passive Fahrtätigkeit – zu den nach § 3b EStG begünstigten Zeiten (Sonntags, Feiertags oder Nachts) tatsächlich ausgeübt wird. Ob die zu diesen Zeiten verrichtete Tätigkeit den einzelnen Arbeitnehmer in besonderer Weise fordere oder ihm "leicht von der Hand" gehe, sei nicht entscheidend.

Stundenlohn für die Berechnung der Zuschläge auf 50 Euro begrenzt

Die Höhe der von der Klägerin steuerfrei gezahlten Zuschläge standen nicht in Streit. Die Klägerin habe bei deren Berechnung die nach § 3b EStG höchstens steuerfrei anwendbaren Prozentsätze gewahrt und den Stundenlohn für die Berechnung der Zuschläge – wie im Gesetz vorgesehen – mit höchstens 50 € angesetzt. In einem solchen Fall stehe es der Steuerfreiheit nicht entgegen, wenn der Stundenlohn – wie beispielsweise bei Spitzensportlern – tatsächlich 50 € überschreite.

Hier finden Sie die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 16.12.2021:

Rechtliche Grundlagen

§ 3b Abs. 1; § 3 b Abs. 2 Satz 1 und § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG

Einkommensteuergesetz (EStG)

§ 3b Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit



(1) Steuerfrei sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie

1.

für Nachtarbeit 25 Prozent,

2.

vorbehaltlich der Nummern 3 und 4 für Sonntagsarbeit 50 Prozent,

3.

vorbehaltlich der Nummer 4 für Arbeit am 31. Dezember ab 14 Uhr und an den gesetzlichen Feiertagen 125 Prozent,

4.

für Arbeit am 24. Dezember ab 14 Uhr, am 25. und 26. Dezember sowie am 1. Mai 150 Prozent

des Grundlohns nicht übersteigen.



(2) 1Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 Euro anzusetzen.



2Nachtarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr. 3Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 24 Uhr des jeweiligen Tages. 4Die gesetzlichen Feiertage werden durch die am Ort der Arbeitsstätte geltenden Vorschriften bestimmt.



(3) Wenn die Nachtarbeit vor 0 Uhr aufgenommen wird, gilt abweichend von den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.

Für Nachtarbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr erhöht sich der Zuschlagssatz auf 40 Prozent,

2.

als Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit gilt auch die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr des auf den Sonntag oder Feiertag folgenden Tages.







Einkommensteuergesetz (EStG)

§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2

(Pauschalierung der Lohnsteuer in besonderen Fällen)







(1) 1Das Betriebsstättenfinanzamt (§ 41a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) kann auf Antrag des Arbeitgebers zulassen, dass die Lohnsteuer mit einem unter Berücksichtigung der Vorschriften des § 38a zu ermittelnden Pauschsteuersatz erhoben wird, soweit



1.



2. in einer größeren Zahl von Fällen Lohnsteuer nachzuerheben ist, weil der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat.