Gutachten können auch mal falsch sein. Copyright by Adobe Stock/natali_mis
Gutachten können auch mal falsch sein. Copyright by Adobe Stock/natali_mis

Letztlich stritten die Beteiligten des Verfahrens nur noch darüber, ob das Klageverfahren trotz des angenommenen Anerkenntnisses fortgeführt werden musste. Das wollte das Landesamt nämlich erreichen.
 
Zuvor hatte das Gericht ein ärztliches Gutachten eingeholt. Demnach lag der Grad der Behinderung der Klägerin bei über 50. Das Land gab daraufhin ein Anerkenntnis. Die Klägerin nahm dieses Anerkenntnis an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
 

Später fiel dem Landesamt auf, dass der Gutachter die Patientin verwechselt hatte

Später fiel dem Landesamt jedoch auf, dass der Gutachter die Patientin verwechselt hatte. Das Gutachten betraf überhaupt nicht die Klägerin dieses Verfahrens. Nun wollte das Land vom Anerkenntnis wieder wegkommen.
 
Das geht nicht, hat das Sozialgericht für das Saarland entschieden. Zwar sei es durchaus möglich, eine Rechtsstreit fortzuführen, wenn darüber gestritten wird, welche Wirkungen ein angenommenes Anerkenntnis habe. Allerdings sei der Rechtsstreit hier zweifelsfrei erledigt worden.
 

Ein Anerkenntnis ist als Prozesserklärung grundsätzlich bindend

Ein Anerkenntnis sei als Prozesserklärung grundsätzlich bindend. Es könne nicht widerrufen werden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Erklärung grundsätzlich durchaus widerrufen werden könne, seien die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt.
 
Entsprechende Voraussetzungen lege beispielsweise die sogenannte Nichtigkeitsklage fest. Diese seien allerdings nicht gegeben.
 

Das Gutachten betraf nicht die Klägerin

Zwar betreffe des Gutachten im gerichtlichen Verfahren nicht die Klägerin, sondern eine Klägerin eines anderen Verfahrens. Hätte der Beklagte das Gutachten jedoch gelesen, wäre ihm dies aufgefallen. Mehrfach sei der falsche Name aufgeführt und darüber hinaus deckten sich die Diagnosen im Gutachten nicht mit den Erkrankungen, die bezüglich der Klägerin aktenkundig gewesen seien.
 
Schließlich sei die begutachtete Frau wesentlich älter gewesen als die Klägerin. Der Beklagte habe daher erkennen können, dass es sich um ein versehentlich falsch übersandtes Gutachten gehandelt habe. Dies sei auch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin aufgefallen. Sie hätten schriftlich darauf hingewiesen.
 

Der Beklagte hatte das Schreiben auch erhalten

Der Beklagte habe dieses Schreiben auch erhalten. Ein Grund zur Wiederaufnahme des Verfahrens sei deshalb nicht erkennbar. Dem Beklagten bliebe allenfalls die Möglichkeit, einen Minderungsbescheid zu erlassen, da er beim Anerkenntnis von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei.
 
Ein prozessuales Anerkenntnis könne wegen Irrtums nicht angefochten werden. Es könne darüber hinaus auch nicht wirksam widerrufen werden. Der Rechtsstreit sei daher durch das Anerkenntnis abgeschlossen.

Sozialgericht für das Saarland, Gerichtsbescheid vom 08. Juni 2020

Das sagen wir dazu:

Die Entscheidung ist mal was anderes. Es kommt nicht oft vor, dass ein Rechtsstreit auf diese Weise positiv ausgeht. Man mag nun gespannt sein, was dem Landesamt einfällt, um von dem nicht gewollten Anerkenntnis weg zu kommen. Prozessual wird das sicher nicht ganz einfach sein, weil bei gründlichem Lesen ja aufgefallen sein musste, dass das Gutachten die Klägerin nicht betroffen haben konnte.