Rentenversicherung verweigert Vollzeitrente bei Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes. Copyright by Adobe Stock/agenturfotografin
Rentenversicherung verweigert Vollzeitrente bei Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes. Copyright by Adobe Stock/agenturfotografin

Der 1959 geborener Kläger war als Bauzeichner im öffentlichen Dienst beschäftigt. 2012 wurde er aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung arbeitsunfähig. Zunächst erhielt er Krankengeld, anschließend Arbeitslosengeld.
 

Kläger beantragt Erwerbsminderungsrente

Der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis aufgrund tarifvertraglicher Regelung ruht, beantragte eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er begründete dies damit, dass er nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich arbeiten könne.
Hieraufhin gewährte die beklagte Rentenversicherung (RV) ihm eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die RV verwies darauf, dass er gegenüber seinem Arbeitgeber seinen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit geltend machen müsse.
Der Kläger erklärte gegenüber der RV, dass sein Arbeitgeber erklärt habe, keinen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können, weshalb ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen sei.
 

Bei verschlossenem Teilzeitarbeitsmarkt Rente Anspruch wegen voller Erwerbsminderung

Das Sozialgericht und das Hessische Landessozialgericht (LSG) folgten der Rechtsauffassung des Klägers. Da der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen sei, so beide Instanzen, habe er einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Versicherte hätten dann einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung trotz eines nur teilweise geminderten Restleistungsvermögens, wenn der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen sei und der Versicherte nicht damit rechnen könne, dass sich ihm eine Gelegenheit zur entgeltlichen Nutzung seiner reduzierten Arbeitsfähigkeit biete.
Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liege eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes dann vor, wenn weder der Rentenversicherungsträger, noch die Agentur für Arbeit dem Versicherten innerhalb eines Jahres nach Rentenantragstellung einen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnten.
Verschlossen sei der Arbeitsmarkt nur dann nicht, wenn der Versicherte einen Arbeitsplatz tatsächlich innehabe und daraus Arbeitsentgelt beziehe. Hiervon könne jedoch nicht ausgegangen werden, da das Arbeitsverhältnis des Klägers ruhe. Auch habe der Arbeitgeber des Klägers dem Versicherten keinen leidensgerechten Arbeitsplatz anbieten können.
 

Keine Mitwirkungspflicht des Versicherten

Obwohl der Kläger keine Reduzierung der Arbeitszeit beantragt habe, so das LSG, stehe dies dem Anspruch auf Vollzeitrente nicht entgegen. Es kämen zwar gesetzliche und tarifvertragliche Ansprüche auf Teilzeitbeschäftigung in Betracht, soweit eine solche für den Arbeitgeber zumutbar sei bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstünden.
Auf diese arbeitnehmerrechtlichen Ansprüche jedoch könne sich die RV nicht berufen. Dies ergebe sich daraus, das dem Versicherten weder eine gesetzliche, noch eine ungeschriebene Mitwirkungspflicht obliege, diese Ansprüche gegenüber seinem Arbeitgeber geltend zu machen. Von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Klägers sei daher nicht auszugehen.
 
Hier finden Sie das vollständige Urteil des Hessischen Landessozialgerichts