Änderungen der Altersgrenzen bei der gesetzlichen Rente können zum Wegfall der Betriebsrente mit 60 führen.
Änderungen der Altersgrenzen bei der gesetzlichen Rente können zum Wegfall der Betriebsrente mit 60 führen.

Der 1959 geborenen und seit 1991 bei der Beklagten beschäftigten Klägerin wurden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den "Regelungen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 5.11.1991 (AHV1991)" zugesagt.

Die Versorgungsordnung sah ursprünglich vor, dass weibliche Mitarbeiter - anders als ihre männlichen Kollegen - bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres einen Anspruch auf Betriebsrente haben. Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung sahen eine Anrechnung auf die Betriebsrente vor.

Arbeitgeberin passt frühestmöglichen Betriebsrentenbezug an geänderte Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung an 

Unter Hinweis darauf, dass der Bezug der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung schon immer eine entscheidende Voraussetzung für den Anspruch auf die Betriebsrente gewesen sei, teilte die Beklagte ihren Mitarbeitern im November 2010 mit, dass Beschäftigte ab dem Geburtsjahr 1952  aufgrund der geänderten Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung die Betriebsrente nach den AHV frühestens mit Vollendung des 63. Lebensjahres erhalten könnten.

Klägerin in zwei Instanzen erfolgreich

Mit der von der Beklagten im November 2010 getroffenen Änderung des erstmaligen Bezugs der Betriebsrente ab dem 63.Lebensjahr und nicht bereits ab dem 60. Lebensjahr wie in der AHV 1991 zugesagt, war die Klägerin nicht einverstanden und erhob Klage, die vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht erfolgreich war. 

BAG kippt Vorentscheidungen des Arbeits- und Landesarbeitsgericht

Auf die Revision der Beklagten hob das BAG die Vorentscheidungen auf und wies die Klage ab.

In seiner Entscheidung vom 13.01.2015 vertritt der Dritte Senat die Auffassung, dass die Klägerin erst dann einen Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den AHV 1991 hat, wenn sie die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehmen kann. 

Das ergibt eine Auslegung der AHV nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen. Hiernach ergibt sich, dass die AHV 1991 für Frauen keine "feste", sondern eine "flexible" Altersgrenze auf das 60. Lebensjahr festlegen und den Bezug von Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung voraussetze. Da durch Änderungen der Altersgrenzen bei der gesetzlichen Rente, die Klägerin erst mit Vollendung des 63. Lebensjahres Rente beziehen kann, wird auch erst zu diesem Zeitpunkt der zugesagte Betriebsrentenanspruch fällig.

Anmerkung: Konsequente Weiterentwicklung der Rechtsprechung

Verfolgt man die neuere Rechtsprechung des Dritten Senats, so musste mit einer wie hier zur Diskussion stehenden Entscheidung gerechnet werden. Bereits in seiner Entscheidung vom 15.05.2012 – Az.: 3 AZR 11/10 stellte der Dritte Senat klar:

"Stellt eine vor dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz entstandene Versorgungsordnung für den Eintritt des Versorgungsfalles auf die Vollendung des 65. Lebensjahres ab, so ist diese Versorgungsordnung regelmäßig dahingehend auszulegen, dass damit auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nach §§ 35, 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Bezug genommen wird."

Gründe hiervon abzuweichen sind in der hier zur Diskussion stehenden Entscheidung und weiteren 13 am selben Tag entschiedenen vergleichbaren Fällen nicht zu erkennen, weshalb die Klageabweisungen in letzter Instanz durchaus nachvollziehbar sind. 

Denn gerade bei sogenannten Gesamtversorgungzusagen kann man im Wege der Auslegung nicht zu dem Ergebnis kommen, dass der Arbeitgeber die Betriebsrente bereits zu einem Zeitpunkt zahlen will, in dem eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung noch nicht beansprucht werden kann. Auch eine Anrechnung kann dann noch nicht erfolgen, da die Höhe der gesetzlichen Rente (noch) unbekannt, diese aber für die Berechnung der zugesagten Betriebsrente Grundvoraussetzung ist.

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13.01.2015

Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 15.05.2012 – Az: 3 AZR 11/10