Das Hin- und Her der Behörden endete beim Sozialgericht mit einem Anerkenntnis der Agentur für Arbeit.
© Adobe Stock - Von NARANAT STUDIO
Das Hin- und Her der Behörden endete beim Sozialgericht mit einem Anerkenntnis der Agentur für Arbeit. © Adobe Stock - Von NARANAT STUDIO

Neumann ist schon lange krank. Es steht jetzt noch eine OP mit Anschluss-Rehabilitation an. Die Krankenkasse hatte ihm zuvor schon mitgeteilt, dass am 15. Januar sein Krankengeld ausläuft. Das wäre mitten in der Reha. Niemand sah darin ein Problem, da es für die Zeit der Reha doch Übergangsgeld von der DRV gibt. Und nach der Mitteilung über das Auslaufen des Krankengeldes hatte sich Neumann vorsorglich auch arbeitssuchend gemeldet.

 

Mit seinem Arbeitgeber war er auch einig, sein Rententermin stand fest und es wurde ausgerechnet wieviel Urlaub ihm zusteht, den er vor der Rente nehmen darf. Es bliebe nach der Reha zum Glück nur eine Zeit von zwei Wochen, für die sich niemand zuständig fühlt. 

 

1.     Die Rentenversicherung

Die Rentenversicherung hätte normalerweise Übergangsgeld für die Zeit der Reha bezahlen müssen. Im Nachhinein ist dort aber aufgefallen, dass Neumann ja bereits vor der Reha-Maßnahme einen Antrag auf Altersrente gestellt hat. In der Sondervorschrift des § 12 SGB VI - Ausschluss von Leistungen - ist in Absatz 1 Nr. 2 aufgeführt, dass derjenige keine Leistungen zur Teilhabe bekommt, der eine Rente wegen Alters von wenigstens 2/3 der Vollrente bezieht oder beantragt hat.

 

Neumann weiß um die langen Laufzeiten bei der Rentenversicherung, daher hat er früh den Antrag auf Altersrente gestellt. Das wird ihm jetzt zum Verhängnis. Natürlich ist das nicht bei der Beantragung aufgefallen, sondern erst hinterher, als Neumann längst aus der Reha zurück war und dann den negativen Bescheid erhielt. Grundsätzlich hat die DRV Recht, aber hätte sie nicht beraten müssen? Er legt Widerspruch ein. Die Rentenversicherung verweist an die Krankenkasse.         

 

2.     Die Krankenkasse

Die Kasse bezahlt zunächst bis zur Reha. Als Neumann von der Rentenversicherung nach der Reha Bescheid bekommt, dass es hier Sache der Krankenkasse sei, sieht die Kasse es auf einmal auch so. Sie zahlt aber nicht die ganze Reha, sondern bis zum Ablaufen des Krankengeldes zum 15. Januar. Einen rechtlichen Grund länger Krankengeld zu zahlen, gebe es nicht. 

Richtig ist, dass auch das Krankengeld befristet ist und zwar auf 78 Wochen, das sind 1,5 Jahre inkl. der sechswöchigen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Das war richtig berechnet. Zu Mitte Januar also ist Neumann ausgesteuert.

 

Die Kasse war auch von einem Anspruch auf Übergangsgeld ausgegangen. Auf die Idee Neumann auf die evtl. Lücke aufmerksam zu machen, wenn er in diesem Zeitraum die Reha macht, ist keiner gekommen. Er hatte nur die übliche Belehrung bekommen. Das will sich Neumann nicht gefallen lassen und legt auch hier Widerspruch ein.

 

3.     Die Agentur für Arbeit

Zunächst wird der Antrag auf Arbeitslosengeld für die zwei Wochen abgelehnt, weil Neumann nicht arbeitslos gemeldet gewesen sei. Das konnte geklärt werden.

Die zweite Ablehnung fußte dann darauf, dass Neumann in der Reha und daher nicht verfügbar gewesen sei. Auch das ist grundsätzlich richtig: Arbeitnehmer*innen müssen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, damit sie Anspruch auf Arbeitslosengeld haben.

 

Ob ein Ausnahmefall vorlag, hat man erst mal nicht geprüft. Gegen die Ablehnung wurde also Widerspruch Nummer drei eingelegt.

 
Die Verfahren

DRV und Krankenkasse lassen sich Zeit mit der Bearbeitung des Widerspruchs. Nein, es sei kein Beratungsverschulden. Die Kasse schickt uns sogar unsere eigene Sachstandsanfrage mit dem Hinweis zurück, wir sollten doch mal den Sachstand mitteilen. Da man bei dieser Kasse nur auf einer Sammelnummer anrufen kann und dann ein Rückruf notiert wird, obwohl wir keinen Rückruf, sondern eine Entscheidung wollten, haben wir das Schreiben noch mal neu formuliert und nochmals an die Kasse geschickt. Erstmal ohne Reaktion.

 

Die Arbeitsagentur war schnell: zack Widerspruchsbescheid. Wir waren auch schnell, zack: Klage vor dem Sozialgericht.

 
Das Sozialgericht ermittelt 

Das Sozialgericht hat sich im Streit mit der Agentur für Arbeit sämtlichen Schriftverkehr mit der Kasse und auch der DRV vorlegen lassen. Von uns wurde vorgetragen, dass das SGB III durchaus Ausnahmen vorsieht, damit nämlich genau das nicht passiert, dass jemand obwohl er einen grundsätzlichen Anspruch hat, auf einmal leer ausgeht. Gerade der Fall der Nahtlosigkeit ist so etwas, wenn jemand langzeitkrank ist und über das Rentenverfahren noch nicht entschieden ist, darf die Agentur nicht ablehnen mit dem Argument, derjenige sei nicht verfügbar. Da Neumann so lange krank war und lediglich Urlaub bewilligt wurde, war das zumindest zu prüfen. 

 

Wenn das Gericht einen Prozessbeteiligten drängt, z.B. uns die Klage zurückzunehmen, oder die Behörde doch den Anspruch anzuerkennen, erhält der jeweilige Gegner davon keine Nachricht. So kam es für uns überraschend, als die Agentur für Arbeit ankündigte, man würde ein Anerkenntnis prüfen.

Und tatsächlich: Zwei Wochen später war der Arbeitslosengeldbescheid da, die Lücke geschlossen und wir konnten die Verfahren beenden.

Das sagen wir dazu:

Die Rentenversicherung hinkt, so unser tägliches Erleben, mit vielen Verfahren hinterher. Das müssen Betroffene und letztlich auch andere Behörden ausbaden, weil dort Arbeit anfällt, die bei rechtzeitiger Bewilligung nicht nötig wäre. Hier war Neumann so frühzeitig mit seinem Rentenantrag, dass es ihn beinah 14 Tage Sozialleistung gekostet hätte. Ohne den Rentenantrag wäre nämlich einfach Übergangsgeld gewährt worden und der Rentenantrag hätte nach der Reha gestellt werden können. Gerade, wenn unterschiedliche Behörden zeitlich nacheinander zuständig sind, ist das eigentlich so gedacht, dass keine Lücke entsteht. Schön, dass dieser Zustand hier wiederhergestellt werden konnte.