Wegen der starken Schmerzen im Handgelenk konnte die Klägerin in ihrem Beruf nicht mehr arbeiten.
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Wegen der starken Schmerzen im Handgelenk konnte die Klägerin in ihrem Beruf nicht mehr arbeiten. © Adobe Stock doucefleur

Die 64-jährige Klägerin arbeitete als Altenpflegerin. Wegen erheblicher Beschwerden in ihren Handgelenken konnte sie die Arbeit nicht mehr ausüben. Sie erkrankte arbeitsunfähig und beantragte Krankengeld. Das lehnte die Krankenkasse mit der Begründung ab, es komme nicht darauf an, dass sie zuletzt als Altenpflegerin gearbeitet habe; denn ihr Arbeitsverhältnis habe während der Arbeitsunfähigkeit geendet.

Die Klägerin müsse sich auf „ähnlich gelagerte“ Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen. In Betracht käme beispielsweise eine Arbeit als Begleitperson für an Demenz erkrankte Personen. Eine Meldung bei der Bundesagentur für Arbeit sei ihr zumutbar, sodass die Kasse kein Krankengeld zahlen müsse.

Ein langer Rechtsstreit

Der anschließende Rechtsstreit dauerte drei Jahre. Die Frau war sicher schon längst in Rente und hatte zusehen müssen, wie sie ihren Lebensunterhalt bis dahin ohne Krankengeld bestritt. Der DGB Rechtsschutz Hannover verbuchte letztlich jedoch für sie einen Erfolg vor dem Sozialgericht.

Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus bzw. einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Allein das Versicherungsverhältnis, das bei Entstehen eines Krankengeldanspruchs besteht, bestimmt den Umfang des Anspruchs auf Krankengeld.

Die Klägerin sei in der Zeit vor Beginn ihres Krankengeldanspruchs aufgrund ihrer Beschäftigung als Altenpflegerin versichert gewesen, so das Sozialgericht. Diese Mitgliedschaft als Versicherungspflichtige bleibe erhalten, solange die Klägerin Anspruch auf Krankengeld hatte. 

Grundlage für die Beurteilung sind die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien
 

Arbeitsunfähigkeit liege vor, wenn Versicherte ihre zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht mehr verrichten könnten. Das ergebe sich aus den Arbeitsunfähigkeit-Richtlinien, die die Kasse nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei der Beurteilung eines Krankengeldanspruchs zugrunde zu legen habe.

Dass die Klägerin möglicherweise trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch andere Tätigkeiten ausüben könnte, spiele keine Rolle. Wenn sie nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die Arbeit aufgebe, ändere sich aber der rechtliche Maßstab. Dann seien nicht mehr die konkreten Verhältnisse an ihrem Arbeitsplatz maßgebend. Die Kasse müsse jetzt nur noch abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abstellen und dürfe die Klägerin auf gleich oder ähnlich gelagerte Tätigkeiten „verweisen".

Die Verweisung der Klägerin ist nur auf einen Ausbildungsberuf möglich
 

Dabei müsse die Kasse den Kreis der möglichen Verweisungstätigkeiten entsprechend eng ziehen. Handele es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheide eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufes liegende Tätigkeit aus.

Die Klägerin habe zuletzt als Altenpflegerin gearbeitet. Eine Ausbildung habe sie in diesem Beruf nicht durchlaufen. Darauf komme es aber nicht an. Die Krankenkasse dürfe die Klägerin nicht außerhalb des von ihr ausgeübten Berufs der Altenpflegerin verweisen. Das Gesetz stelle nämlich nur darauf ab, dass ein Ausbildungsberuf "ausgeübt" werde. Das erfordere keine abgeschlossene Ausbildung.

Die Klägerin habe den Beruf der Altenpflegerin auch nicht nur kurzzeitig ausgeübt, sondern darin fast 20 Jahre gearbeitet. 

Hier geht es zum Urteil des Sozialgerichts Hannover im Volltext

Rechtliche Grundlagen

§ 44 SGB V

§ 44 SGB V

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden.

(2) Keinen Anspruch auf Krankengeld haben
1. die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a, 5, 6, 9, 10 oder 13 sowie die nach § 10 Versicherten; dies gilt nicht für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 Versicherten, wenn sie Anspruch auf Übergangsgeld haben, und für Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13, sofern sie abhängig beschäftigt und nicht nach den §§ 8 und 8a des Vierten Buches geringfügig beschäftigt sind oder sofern sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und eine Wahlerklärung nach Nummer 2 abgegeben haben,
2. hauptberuflich selbständig Erwerbstätige, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (Wahlerklärung),
3. Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 1, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts auf Grund des Entgeltfortzahlungsgesetzes, eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, es sei denn, das Mitglied gibt eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll. Dies gilt nicht für Versicherte, die nach § 10 des Entgeltfortzahlungsgesetzes Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages zum Arbeitsentgelt haben,
4. Versicherte, die eine Rente aus einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe oder von anderen vergleichbaren Stellen beziehen, die ihrer Art nach den in § 50 Abs. 1 genannten Leistungen entspricht. Für Versicherte nach Satz 1 Nr. 4 gilt § 50 Abs. 2 entsprechend, soweit sie eine Leistung beziehen, die ihrer Art nach den in dieser Vorschrift aufgeführten Leistungen entspricht.
Für die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 gilt § 53 Absatz 8 Satz 1 entsprechend. Für die nach Nummer 2 und 3 aufgeführten Versicherten bleibt § 53 Abs. 6 unberührt. Geht der Krankenkasse die Wahlerklärung nach Satz 1 Nummer 2 und 3 zum Zeitpunkt einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit zu, wirkt die Wahlerklärung erst zu dem Tag, der auf das Ende dieser Arbeitsunfähigkeit folgt.

(3) Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach arbeitsrechtlichen Vorschriften.

(4) Versicherte haben Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind. Maßnahmen nach Satz 1 und die dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten erfolgen. Die Einwilligung kann jederzeit schriftlich oder elektronisch widerrufen werden. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach Satz 1 an die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen übertragen.