Doktoranden müssen den vollen Beitragssatz zur Krankenversicherung zahlen. Copyright by K.-U. Häßler/fotolia
Doktoranden müssen den vollen Beitragssatz zur Krankenversicherung zahlen. Copyright by K.-U. Häßler/fotolia

Studenten, die sich selbst krankenversichern müssen, zahlen nur einen verminderten Beitragssatz. Diese Privilegierung soll aber nach dem Willen des Bundessozialgerichts nicht für Doktoranden gelten.
 

Doktoranden benachteiligt

Geklagt hatten zwei Doktoranden. Doktorand ist, wer nach Abschluss seines Studiums in seinem Studienfach eine Doktorarbeit (Dissertation) schreibt. Ziel ist die Verleihung eines Doktorgrads (Promotion). Der Doktortitel ist Voraussetzung für eine weiterführende Tätigkeit an einer Hochschule, in vielen Fachrichtungen wird er auch als allgemeine Einstiegsqualifikation erwartet.
 
In den Satzungen der Fakultäten werden die Doktoranden in der Regel als Promotionsstudenten bezeichnet. Damit wird deutlich gemacht, dass ihre Stellung an der Universität die eines Lernenden ist. Der Student arbeitet auf einen Master oder Bachelor oder ein Staatsexamen hin, der Doktorand auf den Doktortitel.
 
Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass Doktoranden, anders als Studenten, nicht vom reduzierten Krankenkassenbeitrag profitieren.
 

BSG: Begriff des Studenten im Krankenversicherungsrecht anders zu bewerten

Dabei überzeugt es das Gericht nicht, dass die Doktoranden neben den Studenten in den Hochschulordnungen genannt sind.
 
Der in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung verwendete Begriff des Studenten sei nicht deckungsgleich mit den hochschulrechtlichen Begrifflichkeiten.
 
Entscheidend für den „Studenten im sozialrechtlichen Sinne“ sei zum einen ein Ausbildungsbezug. Zum anderen das Anknüpfen an einen Studiengang mit vorgegebenen Inhalten, der regelmäßig mit einem förmlichen Abschluss ende.
 
Beides sei jedenfalls bei einem Erststudium, aber auch bei einem Zweit-, Aufbau- oder Erweiterungsstudium - durchaus auch bei einem Masterstudiengang - erfüllt, nicht bei einem im Anschluss an ein abgeschlossenes Hochschulstudium durchgeführten Promotionsstudium. Dieses diene in erster Linie dem Nachweis der wissenschaftlichen Qualifikation nach Abschluss des Studiums.
 
 
Hier gehts zur Pressemitteilung des Bundessozialgerichts

Das sagen wir dazu:

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Der Begriff Promotionsstudent legt zunächst einmal nahe, diesen wie jeden anderen Studenten zu behandeln.

Unterscheidung nicht plausibel

Trotzdem bleibt es den Sozialgerichten unbenommen, hier eine Unterscheidung vorzunehmen. Schließlich ist das Bundessozialgericht nicht an die Terminologie von Universitätssatzungen gebunden und es steht ihm frei, die Begriffe im Lichte des Sozialrechts auszulegen.

Leider wird nicht klar, warum eine solche Auslegung erforderlich ist. Das Bundessozialgericht stellt darauf ab, dass ein Promotionsstudent nicht einem vorgegebenen Lehrplan folge und damit der Ausbildungsbezug fehle. Die Promotion diene vielmehr dem Nachweis einer wissenschaftlichen Qualifikation.

Diese Unterscheidung überzeugt nicht. Auch die Promotion gehört zur Ausbildung, faktisch ist sie in manchen Fächern zwingend. Und auch das Studium dient letztlich dem Nachweis einer wissenschaftlichen Qualifikation. Also worin soll nun der Unterschied liegen?

Finanzielle Lage vergleichbar

Die Entscheidung überzeugt umso weniger, wenn man sich die soziale und finanzielle Situation der unterschiedlichen Studenten ansieht. Diese ist nämlich erst mal dieselbe. Ein Doktorand hat nicht automatisch mehr Geld zur Verfügung als ein Student.

Etwas anderes gilt natürlich, wenn der Doktorand – wie nicht unüblich – nebenbei als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl des Doktorvaters oder der Doktormutter beschäftigt ist. Aber dann ist er als Arbeitnehmer krankenversichert und der Arbeitgeber zahlt seinen Anteil. Um diese Fälle geht es also nicht.

Es spricht im Ergebnis also deutlich mehr dafür, Studenten und Doktoranden mit einem verminderten Beitragssatz zu belegen. Warum dies nicht der Fall sein soll, bleibt einstweilen das Geheimnis des Bundesarbeitsgerichts, da bisher nur eine knappe Pressemitteilung zu der Entscheidung vorliegt. Bleibt zu hoffen, dass das abgefasste Urteil mehr Klarheit bringt.

Rechtliche Grundlagen

§ 5 Abs. 1 SGB V

§ 5 Abs. 1 SGB V

Versicherungspflichtig sind (…)

9. Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, bis zum Abschluss des vierzehnten Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Abschluss des vierzehnten Fachsemesters oder nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen, (…)