Für die professionellen Tänzer bei "Let´s Dance" und "Dancing on Ice" ist keine Künstlersozialabgabe zu entrichten.
Für die professionellen Tänzer bei "Let´s Dance" und "Dancing on Ice" ist keine Künstlersozialabgabe zu entrichten.


Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts sind professionelle Tänzer bei Fernsehshows wie "Let´s Dance" und "Dancing on Ice" nicht als Künstler, sondern als Sportler einzustufen. Sie kommen daher nicht in den Genuss der Künstlersozialversicherung.
 

Wer hilft, wenn Heide hoppelt?

Die Sendung „Let's Dance“ ist dafür bekannt, dass dort mehr oder weniger prominente Zeitgenossen ihre eher spärlichen Tanzkünste präsentieren und sich dadurch der Gefahr öffentlicher Demütigung aussetzen.
 
So erging es etwa der Polit-Pensionärin Heide Simonis. Die ehemalige Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, die zuvor nur durch ihre extravaganten Hüte aufgefallen war, musste sich nach ihrem Auftritt als „Hoppel-Heide“ titulieren lassen.
 
Doch neben den Amateuren gibt es auch professionelle Tänzer, die als Tanzpartner die gröbsten Schnitzer ausbügeln müssen. Um deren Status ging es vor dem Bundessozialgericht.
 

Sport oder Kunst?

Dieses hatte zu entscheiden, ob die Tätigkeit der professionellen Tänzer als Sport oder als Kunst zu klassifizieren ist. Nur im letzten Fall wäre die sogenannte Künstlersozialabgabe zu entrichten. Es handelt sich um einen Beitrag in eine eigene Sozialversicherung.
 
Diese bietet selbstständigen Künstlern einen ähnlichen sozialen Schutz wie Arbeitnehmern. Die Künstler tragen die Hälfte der Beiträge selbst, die andere Hälfte zahlen der Bund sowie die Unternehmen, die regelmäßig selbstständige Künstler beauftragen, in Form der Künstlersozialabgabe (KSA).
 
Als Sportler wären die Tänzer als Selbstständige ohne arbeitnehmerähnlichen Schutz. Gegen die typischen Risiken müssten sie sich selbst versichern und hierfür die vollen Kosten tragen.
 

Zum Dschungelcamp und DSDS gibt es bereits Rechtsprechung

Geklagt hatte die Produktionsfirma der TV-Shows "Let´s Dance" und "Dancing on Ice". Die zuständige Künstlersozialkasse hatte ihr gegenüber die Künstlersozialabgabe festgesetzt, weil sie professionelle (Eis-)Tänzer auf Honorarbasis beschäftigte.
 
Damit war sie zwar vor dem Sozialgericht Köln erfolglos geblieben, das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen jedoch hatte ihr Recht gegeben und die die Tänzer nicht als Künstler eingestuft. Es berief sich dabei auf die bestehende Rechtsprechung zu "Deutschland sucht den Superstar"-Juroren und "Dschungelcamp".
 
Das Bundessozialgericht bestätigte diese Ansicht nun. Es liege keine abgabepflichtige künstlerische Tätigkeit vor.
 

Nicht jede Unterhaltung ist Kunst

Damit setzt der 3. Senat seine bisherige Rechtsprechung fort, nach der nicht jeder automatisch zum Unterhaltungskünstler wird, wenn er in einem Unterhaltungsformat des sogenannten "Factual Entertainment" eine eigenständige Leistung erbringt.
 
Entscheidend sei vielmehr, wie die konkrete Tätigkeit der Akteure im Kontext der Fernsehshows zu beurteilen ist. Im konkreten Fall präsentierten die professionellen (Eis-)Tänzer in den Shows schwerpunktmäßig ihren Tanz als Sport.
 
Tanz unterfalle aber nur dann der Künstlersozialversicherung, wenn er als eine Form der darstellenden Kunst ausgeübt werde. Die Tätigkeit der professionellen Tänzer sei aber eher mit derjenigen von Tanztrainern vergleichbar.
 
Der wesentliche Unterhaltungswert der TV-Shows liege aber „in der Inszenierung der prominenten Showteilnehmer, die sich an der Einhaltung der Regeln des Turniertanz- beziehungsweise Eistanzsports messen lassen mussten.“


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Pressemitteilung des Bundessozialgerichts

Das sagen wir dazu:

Bedauerlicher Weise ist nicht überliefert, wie die Instanzgerichte zu ihrer Einschätzung der zu beurteilenden Show-Tänzer gekommen sind. Möglich ist, dass sich die entscheidenden Kammern und Senate zum gemeinschaftlichen Ansehen der entsprechenden Sendungen getroffen haben. Mancher kannte die Sendung vielleicht schon vorher.

Mit Fragen der Sachverhaltsaufklärung muss sich das Bundessozialgericht nicht befassen, es hat nur die Rechtsfragen zu beantworten. Aber das vorliegende Urteil beweist, wie viel Lebenserfahrung und Menschenkenntnis neben dem juristischen Handwerkszeug notwendig ist.

Dies gilt schon für die Grundannahme, nach der nicht jeder, der an einer Unterhaltungssendung mitwirkt, als Künstler bezeichnet werden kann, sondern dass es auf die konkrete Leistung im Einzelfall ankommt.

Dies gilt aber insbesondere in der Beurteilung der beiden Shows. Schwerpunkt ist eben nicht, dass die Zuschauern das Können der professionellen Tänzer bewundern und sich an ausgefallenen Choreografien erfreuen sollen.

Der Zuschauer soll sich vielmehr daran ergötzten, wie sich die Prominenten auf ungewohntem Terrain abmühen, wenn sich die Prominenten an der „Einhaltung der Regeln des Turniertanz- beziehungsweise Eistanzsports messen lassen“ müssen. Man tut dem Bundessozialgericht wohl kein Unrecht, wenn man hier zwischen den Zeilen ein „und dabei scheitern“ liest.

Rechtliche Grundlagen

KSVG (Auszug)

§ 1 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG)

Selbstständige Künstler und Publizisten werden in der allgemeinen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie

1. die künstlerische oder publizistische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben und

2. im Zusammenhang mit der künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit nicht mehr als einen Arbeitnehmer beschäftigen, es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

§ 2 Satz 1 KSVG

Künstler im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. …

§ 24 Absatz 1 Satz 1 Nr 2, 3, 4 und 5 KSVG

(1) 1Zur Künstlersozialabgabe ist ein Unternehmer verpflichtet, der eines der folgenden Unternehmen betreibt:

1. ...,

2. Theater (ausgenommen Filmtheater), Orchester, Chöre und vergleichbare Unternehmen; Voraussetzung ist, dass ihr Zweck überwiegend darauf gerichtet ist, künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten; Absatz 2 bleibt unberührt,

3. Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen sowie sonstige Unternehmen, deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen; Absatz 2 bleibt unberührt,

4. Rundfunk, Fernsehen,

5. Herstellung von bespielten Bild- und Tonträgern (ausschließlich alleiniger Vervielfältigung), …

§ 25 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 KSVG

(1) 1Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe sind die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Absatz 1 oder 2 zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbstständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind. …

(2) 1Entgelt im Sinne des Absatzes 1 ist alles, was der zur Abgabe Verpflichtete aufwendet, um das Werk oder die Leistung zu erhalten oder zu nutzen, abzüglich der in einer Rechnung oder Gutschrift gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. 2Ausgenommen hiervon sind

1. die Entgelte, die für urheberrechtliche Nutzungsrechte, sonstige Rechte des Urhebers oder Leistungsschutzrechte an Verwertungsgesellschaften gezahlt werden,

2. steuerfreie Aufwandsentschädigungen und die in § 3 Nr 26 des Einkommensteuergesetzes genannten steuerfreien Einnahmen.