Nach Hinweis des Gerichts, beantragt der Kläger kostengünstigere Versorgungsmöglichkeit und obsiegt. Copyright by humantechnik.com
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Aufgrund einer an Taubheit  grenzenden Schwerhörigkeit beantragte 2014 der damals als Ingenieur tätige Kläger bei der Krankenkasse die Versorgung mit einem neuen Hörgerät, mit dem er in der Lage ist, sein Mobilfunktelefon zu nutzen.
 
Die beklagte Krankenkasse gewährte lediglich einen geringeren Festbetrag. Sie begründete dies damit, dass der Antragsteller ein Festnetztelefon nutzen könne. Ein Anspruch auf eine verständliche Gesprächsführung mittels eines Mobilfunktelefons bestehe nicht. Nach erfolglosem Widerspruch erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG).
 

Antragsumstellung nach gerichtlichem Hinweis

Nach dem Hinweis des Gerichts auf eine entsprechende kostengünstigere Versorgungsmöglichkeit mit dem Bluetooth-Hörverstärker CM-BT 2 der Firma Humantechnik (Kosten laut Internet in der Größenordnung 115 EUR bis max. 200 EUR) stellte er seinen Antrag um auf die Versorgung mit diesem Zubehör. Ein Test dieses Zubehörs über eine Woche habe gezeigt, dass er mit diesem Hörverstärker gut zurechtkomme. Es ermögliche ihm das Führen von Telefongesprächen, insbesondere auch das Telefonieren mittels Mobiltelefon aufgrund der Bluetooth-Schnittstelle des Hörverstärkers.
 

Zubehörteil führt nicht zu unverhältnismäßigen Kosten

Das SG Düsseldorf folgte dem neuen Antrag des Klägers. Es kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger einen Anspruch auf Versorgung mit dem kostengünstigen Hörverstärker habe. Der beauftragte Sachverständige habe eine deutliche Hörverbesserung bei Mobiltelefonie durch die zusätzliche Schnittstelle mit dem Hörverstärker festgestellt.
Da Hörgeräte dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienen, sei es unerheblich,
ob die Mobilfunktelefonie inzwischen als Grundbedürfnis anzusehen sei. Auch führe es nicht zu unverhältnismäßigen Kosten, weil das Zubehörteil relativ günstig sei.
 

Berufung zugelassen

Da der Streitwert weniger als 750 EUR betrug, wäre eine Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung nicht möglich gewesen.  
 
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob hörgerätepflichtige Versicherte vom Umfang her einen Versorgungsanspruch auf die Ermöglichung von Mobilfunktelefongesprächen haben, hat das SG die Berufung zum Landessozialgericht zugelassen.
 
Hier geht es zur Entscheidung des Sozialgericht Düsseldorf vom 13.6.2019

Das sagen wir dazu:

Eine erfreuliche Entscheidung des Düsseldorfer Sozialgerichts. Erfreulich insbesondere deshalb, da das Gericht darauf hinwies, dass es nicht unbedingt einer kostenträchtigen Versorgung des schwerhörigen Klägers bedarf um das von diesem angestrebte Ziel einer verständlichen Gesprächsführung erreichen.

Rechtliche Grundlagen

Voraussetzung für Berufungszulassung

§ 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)

(1) 1Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder

2. bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10 000 Euro
nicht übersteigt. 2Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.