Wer aus dem Krankenhaus entlassen wird, muss für eine lückenlose ärztliche Bescheinigung seiner Arbeitsunfähigkeit sorgen. Sonst drohen Probleme beim Krankengeld. Copyright by whyframeshot/fotolia.
Wer aus dem Krankenhaus entlassen wird, muss für eine lückenlose ärztliche Bescheinigung seiner Arbeitsunfähigkeit sorgen. Sonst drohen Probleme beim Krankengeld. Copyright by whyframeshot/fotolia.

Die Klägerin war arbeitsunfähig und bezog ab Dezember 2016 Krankengeld. Ein Krankenhausaufenthalt endete am 22. Dezember. Am Entlassungstag telefonierte sie mit ihrer Hausarztpraxis und bekam die Info, dass die Praxis vom 23. bis zum 26. Dezember geschlossen war. Eine Vertretung gab es nicht. Man könne ihr dann am 27. Dezember Arbeitsunfähigkeit rückwirkend bescheinigen. 

Folgenreiche Lücke über die Weihnachtstage 

Der Hausarzt der Klägerin stellte am 27. Dezember eine Folgebescheinigung aus für den Zeitraum 23.12.2016 bis 06.01.2017. 

Die Krankenkasse zahlte Krankengeld nur bis zum 22. Dezember. Denn Arbeitsunfähigkeit sei nur bis dahin lückenlos nachgewiesen. Die rückdatierte Bescheinigung des Hausarztes erkannte die sie dabei zu Recht nicht an.

In diesem Fall eine schwerwiegende Entscheidung. Weil die Mitgliedschaft der Klägerin damit zum 22.12.2016 endete, gab es gar kein Krankengeld mehr, obwohl sie weiterhin arbeitsunfähig war. 

Widerspruch und Klage blieben erfolglos

Trotz Unterstützung durch den DGB Rechtsschutz in Bochum, blieb es bei der Entscheidung der Krankenkasse. 

Das Sozialgericht Dortmund hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe nicht alles Erforderliche versucht, um Arbeitsfähigkeit ohne Lücke bescheinigen zu lassen. 

Grundsatz: Versicherte müssen für rechtzeitige ärztliche Bescheinigung sorgen

Für den Anspruch auf Krankengeld müssen Versicherte die Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen lassen. Dies gehört zu den sogenannten Obliegenheiten des Versicherten, also zu seinen gesetzlichen Aufgaben und Pflichten.

Die Verpflichtung besteht nicht nur für die Erstbescheinigung, sondern auch für die Folgebescheinigungen; ebenfalls nach Entlassung aus dem Krankenhaus. 

Wenn der Arzt falsch berät

In engen Grenzen erkennen die Gerichte Ausnahmen an, wenn die ärztliche Feststellung durch Umstände verhindert oder verzögert wurde, die nicht der Versicherten zu vertreten hat. Das ist auch der Fall, wenn der Arzt falsch berät und meint, eine rückdatierte Bescheinigung bliebe folgenlos. 

Entscheidend ist dabei: Hat der Versicherte alles in seiner Macht Stehende getan, um seine Ansprüche auf Krankengeld zu wahren?

Diese Frage verneinten die Richter beim Sozialgericht Dortmund im Fall der Klägerin. 

Telefongespräch ist kein Arzt-Patientenkontakt 

Denn der Versicherte müsse einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufsuchen und ihm seine Beschwerden schildern. Diese Voraussetzung entnehmen die Richter beim Sozialgericht Dortmund einem grundlegenden Urteil des Bundessozialgerichts. 

Der telefonische Kontakt mit dem Hausarzt entspräche nicht den Voraussetzungen, die das Bundessozialgericht an einen Arzt-Patientenkontakt stelle. 

Das gleiche gelte auch für den persönlichen Kontakt der Klägerin mit dem Krankenhausarzt. Das wird damit begründet, dass der Arzt nicht befugt war, für die Zeit nach dem Aufenthalt im Krankenhaus festzustellen, ob die Klägerin noch arbeitsunfähig war. 

Ab Oktober 2017 gilt: Krankenhausärzte dürfen Arbeitsunfähigkeit nach Entlassung bescheinigen

Immerhin gibt es hier eine gesetzliche Änderung, die ab dem 1.10.2017 den Krankenhausärzten erlaubt, Patienten bis zu sieben Tage nach der Entlassung arbeitsunfähig zu schreiben. An der Stelle würde die Argumentation der Richter in aktuelleren Fällen also nicht mehr greifen. 

Es käme dann darauf an, wie das Gespräch zwischen der Klägerin und dem Krankenhausarzt konkret inhaltlich war, also ob die Krankmeldung Thema war.

Vertrauen ist gut  - Kontrolle ist besser

Weil die Richter einen Arzt-Patientenkontakt verneinten, ließen sie die Frage offen, ob die Klägerin auf die Aussagen von Praxispersonal und Krankenhausarzt vertrauen durfte. Beide Stellen hatten ihr gesagt, eine nachträglich festgestellte Arbeitsunfähigkeit sei unschädlich. 

Die Klägerin hätte sich nach dem erfolglosen Telefonat mit der Hausarztpraxis noch an den behandelnden Neurologen wenden können, der die letzte Krankmeldung erstellt hatte. Das sei zumutbar gewesen. Deshalb verbliebe es bei ihrer Obliegenheit, die weitere Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig feststellen zulassen. Da das nicht erfolgt war, habe der Anspruch auf Krankengeld am 22.12.2016 geendet, so das unerfreuliche Ergebnis des Sozialgerichts. 

Das Urteil ist rechtskräftig. Die Klägerin hat die zunächst eingelegte Berufung zurückgenommen.

Das Urteil des Sozialgerichts Dortmund ist hier nachzulesen.

Weitere Informationen zum Thema gibt es hier:

BSG zum Krankengeldanspruch in Fällen falscher ärztlicher Beratung

(Kein) Krankengeld bei verspäteter Meldung

Das sagen wir dazu:

Man muss froh sein über die Abkehr des Bundessozialgerichts von der ganz harten Linie beim Thema Lücke in der Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit. Immerhin werden Ausnahmen anerkannt, wenn der Arzt falsch berät. Allerdings sind die Voraussetzungen für diese Ausnahmen eng gesteckt. Noch immer liegt die Messlatte für die Versicherten sehr hoch und den kranken Menschen wird viel abverlangt, oft zu viel. Fernab der Realität lässt das Gericht hier außen vor, dass die Klägerin zwei Tage vor Heiligabend aus dem Krankenhaus entlassen wurde. 

Die Rechtsprechung fordert hartnäckige Patienten 

Als Fazit aus dieser Entscheidung ist zu raten: 

  • Fragen Sie den Arzt im Krankenhaus bei Entlassung nach einer Bescheinigung der weiteren Arbeitsunfähigkeit.
  • Bekommen Sie im Krankenhaus keine Krankmeldung, sehen Sie zu, dass Ihr Haus- oder Facharzt Sie weiter krankschreibt.
  • Da für den Arzt-Patientenkontakt ein Telefonat nicht reicht, müssen wir – das Praxispersonal mag es uns nachsehen – zur Hartnäckigkeit raten. Auch wenn man Ihnen keinen Termin gibt und sagt, es sei okay, wenn Sie an einem anderen Tag wiederkommen, sprechen Sie persönlich in der Praxis vor. Können Sie den Arzt nicht sehen, lassen Sie sich dies am besten schriftlich bestätigen.
  • Hat der Arzt-Patientenkontakt mit dem einen Arzt trotz aller Bemühungen nicht geklappt, versuchen Sie es bei einem anderen Arzt (Facharzt/Vertretungsarzt).