BSG rückt auch bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit nicht von seiner Rechtsprechung ab. (Bildquellenangabe: Thorben Wengert  / pixelio.de)
BSG rückt auch bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit nicht von seiner Rechtsprechung ab. (Bildquellenangabe: Thorben Wengert / pixelio.de)

Der Sachverhalt in Kürze: Die Klägerin war bis zum 31.01.2009 versicherungspflichtig beschäftigt, dann endete das Arbeitsverhältnis. Sie war zuvor erkrankt und die Arbeitsunfähigkeit wurde mehrfach in Folge festgestellt, auch bis zum 31.01.2009 und weiter ab dem 3.02.2009.

Die Krankenkasse, hier die AOK Nordwest, bewilligte Krankengeld nicht über den 31.01.2009 hinaus. Die Begründung: Bei der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) am 03.02.2009 habe keine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld mehr bestanden. Das Sozialgericht Dortmund hatte die Klage auf Zahlung von Krankengeld über den 31.01.2009 hinaus abgewiesen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gilt folgendes: Will ein Versicherter seine Mitgliedschaft als Beschäftigter in der gesetzlichen Krankenversicherung über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus durch einen Anspruch auf Krankengeld aufrechterhalten, muss er seine Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf jedes Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich feststellen lassen.

 

Abweichende Auffassung - Landessozialgericht spricht Krankengeld zu

Das Landessozialgericht (LSG) NRW hielt nicht am Urteil und an der Rechtsprechung des BSG fest. Seine Auffassung: Der ärztlichen Feststellung der AU als Voraussetzung der Entstehung des Anspruchs auf Krankengeld bedürfe es nur für den Beginn des Anspruchs. Bei durchgehender AU komme es allein darauf an, ob im gesamten Zeitraum objektiv AU bestanden hat. Solange bestehe der Anspruch auf Krankengeld fort und zwar unabhängig von ärztlichen Feststellungen und Bescheinigungen. Dass nach der AU-Bescheinigung bis 31.01.2009 die Folgebescheinigung erst am 03.02.2009 erfolgte und nicht rechtzeitig im Sinne der Rechtsprechung des BSG, war damit unerheblich.

 

BSG bleibt bei seiner bisherigen Rechtsprechung und verneint Krankengeldanspruch

Das sieht das BSG so nicht. Die Revision der Krankenkasse war erfolgreich im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG.

Nach dem BSG hielt die Klägerin ihre Beschäftigtenversicherung mit Krankengeldberechtigung nicht über den 31.1.2009 hinaus aufrecht. Die Begründung: Das Recht verlange hierfür vom Versicherten die erneute ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit vor dem Ende der Krankengeld-Bewilligung mit der voraussichtlichen AU-Dauer, um Versicherten und Krankenkasse eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu geben.

Das BSG zog in Betracht, dass die AOK der Klägerin für die Zeit ab dem 04.02.2009 aufgrund Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Arbeitslosen oder eines nachwirkenden Leistungsanspruchs noch Krankengeld zu leisten hat. Da das LSG die hierfür erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hatte, ist die Zurückverweisung erfolgt.

 

Anmerkung der Redaktion:

Eine Wende in der Rechtsprechung bleibt aus. Das ist bedauerlich, weil es bei der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit damit weiter üble Fallstricke gibt.

Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach dem Gesetz, § 46 SGB V (Sozialgesetzbuch V), bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Im harmlosesten Fall entgeht dem Versicherten bei sich nicht überschneidender Bescheinigung der AU der ein oder andere Tag der Krankengeldzahlung. Besonders gravierend sind aber die Fälle, in denen während einer bestehenden AU das Arbeitsverhältnis endet. Die Mitgliedschaft in der Krankenkasse bleibt bei Pflichtversicherten solange erhalten, wie Anspruch auf Krankengeld besteht (§ 192 SGB V). Wird die AU nicht nahtlos nachgewiesen, stellen die Krankenkassen die Zahlung von Krankengeld ein. Denn der Anspruch auf Krankengeld war zwischenzeitlich beendet und damit besteht die Mitgliedschaft nicht fort. Deshalb gibt es für die danach weiter bescheinigte AU kein Krankengeld mehr.

 

Tipps zur rechtzeitigen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit:

Um Probleme zu vermeiden muss eine AU-Bescheinigung am letzten Tag bis zu dem AU festgestellt wurde, also vor Ablauf des Bewilligungsabschnitts, verlängert werden. Eine AU, die zum Beispiel bis zum 17.12.2014 ausgestellt wurde, muss am 17.12.2014 (oder früher) verlängert werden und nicht erst am 18.12.2014. Das gilt auch, wenn der letzte Tag der AU ein Freitag oder ein Sonntag ist. Die neue Feststellung der AU am Montag ist nicht früh genug.

Auf die richtige Vorgehensweise sollten Versicherte immer selbst achten. Denn leider müssen wir in der Praxis feststellen, dass viele Ärzte noch immer nicht wissen, wie sie die AU so bescheinigen, dass es für den Patienten keine Probleme gibt. Eine häufige Falle ist das Ausstellen der Bescheinigung bis zu einem Freitag und Verlängerung an einem Montag. Für das Bundessozialgericht macht es auch keinen Unterschied, wenn die Bescheinigung bis sonntags ausgestellt wurde. Es hat auch dann kein Erbarmen, wenn der Versicherte vom bescheinigenden Arzt falsch beraten wurde.

 

Terminbericht Nr. 61/14 des Bundessozialgericht hierzu