Das Plus beim Elterngeld spielt keine Rolle, wenn es um die Frage geht, ob Krankengeld anzurechnen ist. Copyright by Adobe Stock/AldanNa
Das Plus beim Elterngeld spielt keine Rolle, wenn es um die Frage geht, ob Krankengeld anzurechnen ist. Copyright by Adobe Stock/AldanNa

Geklagt hat eine Frau, die ihre berufliche Tätigkeit als Rechtsanwältin nach Ende des Mutterschutzes zu 60% wieder aufgenommen und Elterngeld Plus beantragt hatte. 
 

Elterngeld Plus = halb so viel Elterngeld für verdoppelte Dauer

Neben dem Elterngeld (Basiselterngeld) gibt es seit 2015 das Elterngeld Plus. Das entspricht dem halbierten Satz bei doppelter Bezugsdauer. Wer also etwa 1.000 € Elterngeld für ein Jahr bekommen würde, könnte auch zwei Jahre lang 500 € bekommen. Wer während der Elternzeit arbeitet, kann die 500 € für ein Jahr erhalten und der Teilzeit-Lohn wird nicht angerechnet. Wer zu zweit Kinder großzieht, kann sich das Ganze aufteilen.
 
Ziel der Regelung ist, Eltern zu ermöglichen, frühzeitig in den Beruf zurückzukehren, indem sie Elterngeld und Lohn aus Teilzeit kombinieren können.
 

Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 € bezahlt

In voller Höhe können Eltern das Basiselterngeld nur erhalten, wenn vollständig auf Erwerbseinkommen verzichtet wird. Der Mindestsatz von 300 € gilt auch, wenn der Elternteil vor der Geburt seines Kindes kein eigenes Einkommen erzielte.
 
Die Mutter erkrankte während der Elternzeit. Sie bezog Krankengeld in den letzten drei Monaten, in denen ihr das Elterngeld Plus zustand (hier 9. bis 12. Lebensmonat des Kindes).
 
Dieses Krankengeld rechnete ihre Krankenkasse (IKK gesund plus) in vollem Umfang an. So verblieb beim Elterngeld Plus zuletzt lediglich der gesetzliche Mindestbetrag. Etwa 600 € forderte die IKK zurück. Damit war die Mutter nicht einverstanden. Das Elterngeld Plus solle fördern, dass man neben dem Elterngeld Einkommen erzielt, das auf das Elterngeld nicht angerechnet werde. Dies müsse für Entgeltersatzleistungen wie Krankengeld auch gelten.
 

Instanzenzug startet beim Sozialgericht Lüneburg

Nach erfolglosem Widerspruch bekam die Klägerin beim örtlichen Sozialgericht zunächst Recht. Da das erzielte Erwerbseinkommen entsprechend der gesetzlichen Intention nicht auf das Elterngeld anzurechnen sei, sei es nicht nachvollziehbar, wenn die Krankenkasse das Krankengeld, das dieses Einkommen ersetze, auf das Elterngeld anrechne.
Die IKK wurde verpflichtet, der Klägerin höheres Elterngeld zu gewähren, konkret die rund 830 €, die sie vor der Arbeitsunfähigkeit bekommen hatte.
 
Doch das Glück hielt nicht an. Die Krankenkasse ging in Berufung und das Landessozialgericht (LSG) hob das Urteil aus der ersten Instanz auf.
 

Anrechnung des Krankengeldes auch beim Elterngeld Plus gesetzlich vorgesehen

Für den Bezug von Elterngeld Plus sehe das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vor, dass das währenddessen erzielte Erwerbseinkommen angerechnet wird. Das gelte beim Elterngeld Plus in gleicher Weise wie beim herkömmlichen Elterngeld, so das LSG. Das Elterngeld Plus eröffne den Eltern lediglich eine Option auf eine höhere Gesamtleistung, indem sie Einkommen und Elterngeld kombinieren. Ob sich Einkommen dann tatsächlich realisieren lasse, verbliebe in der Risikosphäre der Eltern.
 
Die Klägerin ging in Revision. Das Elterngeld Plus verfehle sein Ziel, wenn Leistungen, die nachgeburtliches Einkommen ersetzten, auf das Elterngeld angerechnet würden. Eltern, die ihre finanzielle Sicherung nach Geburt ihres Kindes auf die Kombination von Teilzeiteinkommen und Elterngeld stützten, würden im Falle einer Erkrankung beide Leistungen einbüßen.
 

Elterngeld Plus kann sich durch Krankengeld bis auf das Mindestelterngeld reduzieren

Das Bundessozialgericht (BSG) wies die Revision zurück. Wenn Einkommen eines Elternteils aus einer Teilzeittätigkeit krankheitsdingt wegfällt, werde das ersatzweise gezahlte Krankengeld auf das Elterngeld Plus angerechnet. Das gelte in gleicher Weise wie beim Basiselterngeld.
 
Mit der Begründung, durch eine Anrechnung des Krankengeldes werde das Gesetzesziel vom Elterngeld Plus verfehlt, drang die Klägerin nicht durch. Das Elterngeld Plus fördere Eltern, die ihr Kind gemeinsam erziehen und frühzeitig wieder eine Teilzeitarbeit aufnehmen, indem die Bezugsdauer verdoppelt wird und sie die Hälfte des Elterngeldes erhalten, das den Eltern zustehen würde, wenn sie während des Elterngeldbezugs keine Einnahmen hätten. Das Gesetz sehe keine zusätzliche Förderung vor, auch nicht in der Form, dass auf eine Anrechnung von Krankengeld verzichtet wird, wenn das nach der Geburt erzielten Einkommen wegfällt.
 
LINKS:
Die Pressemitteilung des Bundessozialgerichts zum Urteil vom 18.03.2021 ist hier nachzulesen

Das sagen wir dazu:

Die gesetzliche Ausgestaltung des Elterngeldes, insbesondere die Berechnung ist kompliziert. Versuchen wir, die Sache einmal einfach zu betrachten: Der Klägerin hätte ein Elterngeld in Höhe von etwa 1.660 € zugestanden, wenn sie nach der Geburt ein Jahr nicht gearbeitet hätte. Das bemisst sich nach dem, was sie zuvor verdient hat. Elterngeld Plus erhielt sie in Höhe von rund 830 € und konnte so in Teilzeit als Anwältin tätig sein, ohne dass das Einkommen angerechnet wurde. Gehen wir mal davon aus, dass sie so insgesamt etwa 2.300 € im Monat zur Verfügung hatte. Dann wurde sie krank und erhielt Krankengeld. Setzen wir dies mit 1.000 € an, kommt man monatlich zusammen mit dem Mindestsatz beim Elterngeld nur auf 1.300 €. Ein erheblicher Verlust also. Und letztlich auch weniger, als das Basiselterngeld.

Womöglich ist das Ergebnis der Richter*innen gemessen am Gesetz korrekt. Dass es Betroffene nicht als gerecht empfinden, ist jedoch nachvollziehbar. Wenn beim „normalen“ Elterngeld der Lohn angerechnet wird, den man nebenbei verdient, ist konsequenterweise auch das anzurechnen, was den Lohn ersetzt. Wenn man aber Elterngeld Plus bezieht und der Lohn aus einer Teilzeitarbeit frei ist, ist nicht einzusehen, weshalb die Lohnersatzleistung dann doch angerechnet wird.

Für die Entscheidung des BSG liegt noch keine Urteilsbegründung vor. Im Urteil des LSG heißt es, das Elterngeld Plus schaffe für Eltern nur die Möglichkeit, insgesamt höhere Leistungen zu haben, wenn sie Teilzeit-Lohn und Elterngeld kombinieren. Weiter heißt es, ob sich das Einkommen dann realisieren lasse, sei Risiko der Eltern. In einem solchen Fall, in dem unverschuldet und nicht steuerbar das Einkommen durch Krankheit wegfällt, ist diese Aussage niederschmetternd.

Rechtliche Grundlagen

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG
§ 2 Höhe des Elterngeldes
(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1.nichtselbständiger Arbeit (…) und selbständiger Arbeit (…)
(2)
(3) Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Monaten, in denen die berechtigte Person Elterngeld im Sinne des § 4 Absatz 2 Satz 2 in Anspruch nimmt, und in Monaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.
(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

§ 3 Anrechnung von anderen Einnahmen
(1) Auf das der berechtigten Person nach § 2 oder nach § 2 in Verbindung mit § 2a zustehende Elterngeld werden folgende Einnahmen angerechnet:
1. Mutterschaftsleistungen (…)
2.Dienst- und Anwärterbezüge (…)
3. dem Elterngeld oder dem Betreuungsgeld vergleichbare Leistungen, auf die eine nach § 1 berechtigte Person außerhalb Deutschlands oder gegenüber einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung Anspruch hat,
4. Elterngeld, das der berechtigten Person für ein älteres Kind zusteht, sowie
5. Einnahmen, die der berechtigten Person als Ersatz für Erwerbseinkommen zustehen und
a)
die nicht bereits für die Berechnung des Elterngeldes nach § 2 berücksichtigt werden oder
b)
bei deren Berechnung das Elterngeld nicht berücksichtigt wird.
Stehen der berechtigten Person die Einnahmen nur für einen Teil des Lebensmonats des Kindes zu, sind sie nur auf den entsprechenden Teil des Elterngeldes anzurechnen. Für jeden Kalendermonat, in dem Einnahmen nach Satz 1 Nummer 4 oder Nummer 5 im Bemessungszeitraum bezogen worden sind, wird der Anrechnungsbetrag um ein Zwölftel gemindert.
(2) Bis zu einem Betrag von 300 Euro ist das Elterngeld von der Anrechnung nach Absatz 1 frei, soweit nicht Einnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 auf das Elterngeld anzurechnen sind. Dieser Betrag erhöht sich bei Mehrlingsgeburten um je 300 Euro für das zweite und jedes weitere Kind.
(3)

§ 4 Art und Dauer des Bezugs
(1) Elterngeld kann in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden. Abweichend von Satz 1 kann Elterngeld Plus nach Absatz 3 auch nach dem 14. Lebensmonat bezogen werden, solange es ab dem 15. Lebensmonat in aufeinander folgenden Lebensmonaten von zumindest einem Elternteil in Anspruch genommen wird. (…)
(2) (…) Die Eltern können die jeweiligen Monatsbeträge abwechselnd oder gleichzeitig beziehen.
(3) Statt für einen Monat Elterngeld im Sinne des Absatzes 2 Satz 2 zu beanspruchen, kann die berechtigte Person jeweils zwei Monate lang ein Elterngeld beziehen, das nach den §§ 2 bis 3 und den zusätzlichen Vorgaben der Sätze 2 und 3 ermittelt wird (Elterngeld Plus). Das Elterngeld Plus beträgt monatlich höchstens die Hälfte des Elterngeldes nach Absatz 2 Satz 2, das der berechtigten Person zustünde, wenn sie während des Elterngeldbezugs keine Einnahmen im Sinne des § 2 oder des § 3 hätte oder hat. (…)
(4) Die Eltern haben gemeinsam Anspruch auf zwölf Monatsbeträge Elterngeld im Sinne des Absatzes 2 Satz 2. Erfolgt für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit, können sie für zwei weitere Monate Elterngeld im Sinne des Absatzes 2 Satz 2 beanspruchen (Partnermonate). Wenn beide Elternteile in vier aufeinander folgenden Lebensmonaten gleichzeitig
1.
nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sind und
2.
die Voraussetzungen des § 1 erfüllen,
hat jeder Elternteil für diese Monate Anspruch auf vier weitere Monatsbeträge Elterngeld Plus (Partnerschaftsbonus).
(5) Ein Elternteil kann höchstens zwölf Monatsbeträge Elterngeld im Sinne des Absatzes 2 Satz 2 zuzüglich der vier nach Absatz 4 Satz 3 zustehenden Monatsbeträge Elterngeld Plus beziehen. Er kann Elterngeld nur beziehen, wenn er es mindestens für zwei Monate in Anspruch nimmt. Lebensmonate des Kindes, in denen einem Elternteil nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 anzurechnende Leistungen oder nach § 192 Absatz 5 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes Versicherungsleistungen zustehen, gelten als Monate, für die dieser Elternteil Elterngeld im Sinne des Absatzes 2 Satz 2 bezieht.
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