Der Wunsch bei der Auslandstätigkeit des Ehepartners zusammenzuleben ist verständlich. Elterngeld fällt dann aber weg. Copyright by Adobe Stock/pololia
Der Wunsch bei der Auslandstätigkeit des Ehepartners zusammenzuleben ist verständlich. Elterngeld fällt dann aber weg. Copyright by Adobe Stock/pololia

Das Hessische Landessozialgericht entschied 2020 über den Anspruch eines in den USA lebenden Postbeamten auf Elterngeld. Der Dienstherr hatte ihm Sonderurlaub ohne Besoldung gewährt. Der Mann löste seine Wohnung in Deutschland auf und reiste mit seiner Frau in die USA. Dort kamen zwei Töchter zur Welt. Seinen Antrag auf Elterngeld lehnte das Land Hessen mit der Begründung ab, der Beamte verfüge über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Diese Rechtsauffassung bestätigte das Landessozialgericht anschließend.
 
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Die Wohnung in Deutschland blieb

Nun entschied das Bundessozialgericht zu einem ähnlichen Fall, der sich aber in einem wesentlichen Detail von dem Verfahren des hessischen Landesbeamten unterschied: Die Klägerin hatte ihre Wohnung in Deutschland behalten.
 
Die Wohnung gehörte zwar dem Vater. Der hatte sie ihr jedoch dauerhaft vermietet. Die Klägerin lebte dort auch mit ihrer Familie. Nach der Geburt ihrer Tochter erhielt die Klägerin Elterngeld ab dem dritten Monat bis zum ersten Geburtstag des Kindes.
 

Der Ehemann ging nach Kanada

Wenige Monate nach der Geburt der Tochter teilte die Klägerin der Beklagten mit, ihr Ehemann werde noch im Laufe desselben Jahres nach Kanada versetzt.  Sein Arbeitgeber werde ihn einer Einsatzgesellschaft in Vancouver überlassen.
 
Die Einsatzgesellschaft trug die kompletten Personal- und Sachkosten. Sie hatte auch das tägliche Weisungsrecht über den Beschäftigten. Das Arbeitsverhältnis des Mannes in Deutschland ruhte für die Dauer der Entsendung.
 

Die Klägerin besucht ihren Mann

Die Klägerin besuchte ihren Ehemann mit der Tochter während des ersten Lebensjahres des Kindes mehrfach. Sie wollte so viel Zeit wie möglich mit ihrer Familie gemeinsam verbringen. Gegenüber der Elterngeldstelle gab sie an, sie werde in regelmäßigen Abständen nach Hause kommen, wo sie unentgeltlich bei ihren Eltern wohnen könne.
 
Sie behalte auch ihren Arbeitgeber und ihren Wohnsitz in Deutschland. Dennoch hob die Beklagte die Bewilligung von Elterngeld auf.
 

Im hessischen Verfahren gab es keine Wohnung mehr in Deutschland

Im Gegensatz zu dem hessischen Verfahren verfügte die hiesige Klägerin noch über eine Wohnung in Deutschland. Ihr Arbeitsverhältnis bestand auch noch fort. Sie befand sich in Elternzeit.
 
Dennoch wiesen sowohl das Sozialgericht als auch das Landessozialgericht ihre Klage ab. Sie bestätigten die Auffassung des Beklagten, die Klägerin habe weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt.
 
Ihr alleiniger Lebensmittelpunkt habe sich in Vancouver befunden. Die Familie sei lediglich vorübergehend nach Deutschland zurück gekommen. Es habe auch keine Entsendung des Ehemanns vorgelegen, die den fehlenden Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ersetzen könnte.
 

Der Lebensmittelpunkt war nicht mehr in Deutschland

Das hat nun auch das Bundessozialgericht bestätigt. Die Übersiedlung der Klägerin sei auf drei Jahre angelegt gewesen. Damit habe die Klägerin ihre Wohnung in Deutschland nicht mehr als Mittel- und Schwerpunkt der Lebensverhältnisse genutzt. Die Inlandsaufenthalte seien von überschaubarer Dauer gewesen. Sie hätten begrenzten Zwecken privater, familiärer oder beruflicher Natur gedient.
 
Daran ändere auch der Bezug von Kindergeld nichts. Elterngeldstellen seien nicht an Entscheidungen in steuerrechtlichen Kindergeldverfahren gebunden.
 

Der Ehemann war auch nicht anspruchsberechtigt

Auch über den Ehemann habe die Klägerin keinen Anspruch auf Elterngeld. Dieser gehöre nämlich nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten. Die rechtlichen Voraussetzungen einer Entsendung erfülle der Mann der Klägerin nämlich nicht. Die während des Auslandsaufenthalts verbliebene „Restbindung“ an den deutschen Arbeitgeber habe sich bei ihm auf ein sogenanntes Rumpfarbeitsverhältnis beschränkt.
 
Das Arbeitsverhältnis in Deutschland habe während der Entsendung nämlich geruht. Er sei der ausländischen Entsendegesellschaft auch vollständig unterstellt gewesen.
 

BSG bleibt bei seiner bisherigen Rechtsprechung

Das Bundessozialgericht sah keinen Anlass von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen und verwies auf eine frühere Entscheidung. Bei vorübergehender Arbeitsleistung im Ausland müsse noch ein hinreichender Inlandsbezug sichergestellt sein. Das sei bei einem Rumpfarbeitsverhältnis aber nicht der Fall. Nur dann könne es Elterngeld geben.

Hier geht es zum Urteil

BSG, Urteil vom 27. März 2020