Nachbarschaftshilfe mit schmerzhaften Folgen. Copyright by chonticha/Adobe Stock
Nachbarschaftshilfe mit schmerzhaften Folgen. Copyright by chonticha/Adobe Stock

Der Kläger sägte für seine Nachbarin Brennholz zu. Hierbei verletzte er sich erheblich an der linken Hand. Bei der der zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) begehrte er die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, was von dieser abgelehnt wurde. Gegen die Entscheidung der BG erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG), die erfolglos blieb. Gegen das erstinstanzliche Urteil legte der Kläger Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Thüringen Berufung ein.
 

Landessozialgericht bestätigt Vorinstanz

Mit seiner Entscheidung bestätigte das Berufungsgericht die Auffassung der BG und des SG, wonach der Kläger bei der Zubereitung von Brennholz nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
 

Kläger hat keine arbeitnehmerähnlich Tätigkeit erbracht

In seiner Entscheidung führt das LSG aus, dass auch arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten außerhalb eines bestehenden Arbeitsverhältnisses unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen können. Dies sei der Fall, wenn die Arbeiten im Rahmen einer sogenannten „Wie-Beschäftigung“ durchgeführt würden. Eine solche Beschäftigung setze voraus, dass diese in einer arbeitnehmerähnlichen Weise erbracht werde und somit unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung falle (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch VII). Hiervon aber sei im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Denn der Kläger habe die unfallbedingende Verrichtung! nicht in arbeitnehmerähnlicher Weise erbracht. Zwar habe der Kläger, so das LSG, für seine Nachbarin eine Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert mit deren Willen verrichtet, doch habe die Beweisaufnahme erbracht, dass der Kläger selbstbestimmt und frei verantwortlich gearbeitet habe. Dem Kläger seien durch die Nachbarin weder zeitliche Vorgaben für die Durchführung der Tätigkeit gemacht worden, noch habe diese die Leitung der Tätigkeit inne gehabt. Im Ergebnis sei somit festzustellen, dass der Kläger nicht weisungsgebunden gehandelt habe. Die Hilfestellung durch eine Verwandte der Nachbarin sei unbedeutend gewesen, so das Gericht. Der Kläger habe auch das geforderte Werkzeug - die Kreissäge - mitgebracht und sei bei Sägearbeiten nicht unerfahren.
 

Gericht geht von einer unternehmerähnlichen Tätigkeit aus

Nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalles stellte das LSG fest, dass es sich bei der „Nachbarschaftshilfe“ des Klägers nicht um eine arbeitnehmerähnliche und somit der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallenden Tätigkeit gehandelt habe, sondern im Gegenteil von einer unternehmerischen Tätigkeit auszugehen sei.
 

Macht Nachbarschaftshilfe Sinn?

Man sieht an dieser Entscheidung, wie schnell man dazu kommen kann, eine unternehmerische und somit unversicherte Tätigkeit im Rahmen einer gut gemeinten Nachbarschaftshilfe zu erbringen, ohne unternehmerisch überhaupt tätig werden zu wollen.

Bevor man Nachbarn in welcher Form, auch immer, Hilfe leistet, gilt es zu bedenken, dass der „Hilfeempfänger“ dem Helfer zeitliche Vorgaben machen sollte und diesem auf gar keinen Fall die Leitung der von ihm zu erbringenden Tätigkeiten übertragen werden darf. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, besteht bei einem Unfall die Möglichkeit, die gesetzliche Unfallversicherung in Anspruch zu nehmen.

Nach dieser Entscheidung wird sich der Autor zukünftig hüten, für einen Nachbarn auch nur einen Nagel mit einem mitgebrachten Hammer in die Wand zu schlagen. Denn sollte man sich bei dieser Tätigkeit versehentlich auf einen Finger schlagen und dieser in Mitleidenschaft gezogen werden, könnte dies als unternehmerische Tätigkeit bewertet werden, wenn sich im Rahmen einer Beweisaufnahme ergibt, dass die Tätigkeit ohne zeitliche Vorgaben verrichtet wurde und der Helfer das benötigte Werkzeug mitgebracht hatte.
 
Hier geht es zur Pressmitteilung des Landessozialgericht Thüringen vom 25. November 2019