Nicht jeder Unfall im Betrieb steht unter Unfallversicherungsschutz
Nicht jeder Unfall im Betrieb steht unter Unfallversicherungsschutz

Im dem vom LSG Fall entschiedenen Fall ging es um eine Verwaltungsmitarbeiterin einer Volkshochschule (VHS). Um anstehende VHS-Kurse vorzubereiten suchte sie an einem Wochenende die VHS-Büroräume auf, die sich in dem Verwaltungsgebäude einer Sparkasse befanden.
 

Fingerverletzung nach Aussperrung

 
Die Klägerin unterbrach ihre samstägliche Tätigkeit um mal „Frische Luft zu schnappen“. Wegen eines nahenden Unwetters wollte sie bei dieser Gelegenheit nach ihrem Fahrrad sehen. Durch den als Fluchtweg dienenden Seiteneingang gelangte sie auf den umzäunten Parkplatz der Sparkasse. Als ein Windstoß die Gebäudetür zufallen ließ, war sie auf dem Parkplatz gefangen.
 
Um sich aus dieser misslichen Lage zu befreien versuchte sie, einen zwei Meter hohen Zaun zu überwinden. Hierbei zog sie sich eine Verletzung am rechten Ringfinger zu, die eine Amputation des Endglieds zur Folge hatte. Bei der zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) begehrte die Klägerin den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen.
 
Die BG lehnte den Antrag der Klägerin ab und begründete dies damit, dass sie sich aus „eigenwirtschaftlichen Gründen“ und nicht im Rahmen einer versicherten Tätigkeit auf den Parkplatz begeben habe.
 

„Luft schnappen“ steht in keinem Zusammenhang mit versicherter Tätigkeit

 
Auch das LSG vermochte keinen Zusammenhang zwischen dem Unfall und der versicherten Tätigkeit zu erkennen. Begründet wurde dies damit, dass das Hochklettern auf einen Zaun nicht der beabsichtigten Vorbereitung zeitnah anstehender Kurse gedient habe.
 
Überdies liege auch kein unfallversicherter „Betriebsweg“ vor, als die Klägerin auf dem Rückweg zu den Büroräumen war. Dies ergebe sich daraus, dass die Klägerin ihre versicherte Tätigkeit „erheblich unterbrochen“ habe.
 
Dies wegen einer privaten Tätigkeit, nämlich um „Luft zu schnappen“ oder um nach ihrem Fahrrad zu sehen. Hierbei habe es sich um eine sogenannte “eigenwirtschaftliche Tätigkeit“ gehandelt für die kein Versicherungsschutz besteht.
 

Kurzfristige Unterbrechung für Unfallversicherungsschutz unschädlich

 
In Einzelfällen kann auch bei einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit Unfallversicherungsschutz bestehen. Voraussetzung für solche Ausnahmefälle ist, dass „die Unterbrechung zeitlich und räumlich nur ganz geringfügig ist und einer Verrichtung dient, die ‚im Vorbeigehen` und ‚ganz nebenher` erledigt wird“.
 
Hiervon aber war in dem entschiedenen Fall nach den Feststellungen des LSG nicht auszugehen. Denn die Klägerin habe sich über zwei Stockwerke nach draußen von ihrem Arbeitsplatz entfernt. Allein der Weg zum Parkplatz habe mehrere Minuten betragen.


Hier geht es zum Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 27.03.2017:


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