Die Familie einer Schülerin aus Niedersachsen bezog Hartz-IV-Leistungen. Die Schule des Kindes entschied, dass iPads die Schüler in der sechsten Klasse im Unterricht unterstützen sollten. Die Eltern wurden aufgefordert, die Geräte zu kaufen. Das Mädchen erhielt ein solches Gerät und beantragte gemeinsam mit ihren Eltern, dass das Jobcenter die Kosten hierfür übernehmen sollte.
Das Kind hätte die Aufgaben sonst in Papierform bekommen
Die Schülerin wies im Verfahren darauf hin, dass sie ohne das iPad ihre Aufgaben in Papierform bekäme. Da andere das vorgegebene Tablet nutzen könnten, fühle sie sich ausgegrenzt, wenn sie keine finanzielle Unterstützung hierfür erhalte. Die Schule habe eine iPad-Klasse eingerichtet. Ihre Eltern hätten dem nur deshalb zugestimmt, weil sie davon ausgegangen seien, dass das Jobcenter ihnen im Harz-IV-Bezug die Kosten hierfür erstatten würde.
Das Landessozialgericht entschied sich jedoch dagegen. Es führt in seinem Urteil aus, der Kauf des iPad stelle keinen Mehrbedarf dar, der vom Jobcenter finanziert werden müsse. Das iPad sei auch nach den bestehenden rechtlichen Bestimmungen nicht vorgeschrieben. Schließlich benötige die Schülerin dieses Gerät nicht, um ihren Schulabschluss erreichen zu können.
Ein iPad ist Luxus für Hartz-IV-Empfänger
Das iPad stelle gegenüber einkommensschwachen Familien knapp oberhalb von Hartz-IV einen Luxus dar. Es handele sich dabei nicht um einen notwendigen Bedarf für die Schule. Die Schulträger hätten außerdem selbst die Aufgabe, die Schüler mit Lernmitteln auszustatten. Diese müssten Empfängern von Grundsicherung dann auch kostenfreie Leihmöglichkeiten schaffen, wenn sie iPad-Klassen einrichten wollten.
Diese Verantwortung dürfe die Schule nicht abwälzen, und zwar weder auf die Eltern noch auf das Jobcenter. Das iPad gehöre auch nicht zum soziokulturellen Existenzminimum eines Schülers, wofür das Jobcenter einzutreten hätte. Allein die Tatsache, dass die Schule dazu auffordere, ein bestimmtes Gerät anzuschaffen könnte dazu auch nicht führen.
Die Schule hat gegen die Pflicht zur Neutralität verstoßen
Das Gericht wies darüber hinaus auch ausdrücklich darauf hin, dass die Schule seiner Ansicht nach gegen ihre Pflicht zur Neutralität verstoßen habe, indem sie ein Tablet der Fa. Apple vorschreibe. Damit bevorzuge sie die Fa. Apple. Das Jobcenter dürfe mit öffentlichen Mitteln einen solchen Rechtsbruch nicht unterstützen.
Das Landessozialgericht ließ allerdings die Revision zum Bundessozialgericht zu. Es vermerkte im Urteil, dass das Verfahren grundsätzliche Bedeutung habe.
Das Bundessozialgericht wird eine grundsätzliche Entscheidung treffen
So werden wir in absehbarer Zeit auch eine grundsätzliche Entscheidung des Bundessozialgerichts darüber erwarten dürfen, ob Schulen einerseits eine Ausstattung konkret unter Angabe des Herstellers vorschreiben dürfen und ob das Jobcenter im Rahmen der Ausstattung mit Tablets die dabei entstehenden Kosten für Hartz-IV-Empfänger übernehmen müssen.
Man darf auf diese Entscheidung insbesondere in Zeiten der Pandemie gespannt sein, denn zunehmende Corona-Infektionen führten im Laufe dieses Jahres schon zu verstärktem Homeschooling. Auch dafür benötigen Kinder von Arbeitslosengeld-2-Beziehern zusätzliches Geld.
Das sagen wir dazu:
Auch in der Schule sollten Kinder verstärkt lernen, mit neuen Medien umzugehen. Das steht außer Frage. Tablets weichen in ihrer Anwendung voneinander ab. Sicher ist es für Lehrer da einfacher, wenn alle Schüler über dasselbe Gerät verfügen. Die Nutzung dieses Gerätes kann dann gemeinsam erlernt werden.
Kann die Schule das teuerste Gerät vorgeben?
Aber muss es wirklich das teuerste Gerät sein? Andere Tablets funktionieren auch gut und sind in ihrer Handhabung einfach, kosten aber weniger. Trifft eine Schule die Entscheidung, bestimmte Geräte vorzugeben, dann ist dem Landessozialgericht zu folgen, wenn darin eine Bevorzugung eines bestimmten Herstellers gesehen wird.
Was ist mit einkommensschwachen Familien?
Dies gilt insbesondere dann, wenn er den Schulen auch klar sein muss, dass Eltern das finanzieren müssen. Hier treten dieselben Fragen auf wie bei Schul-Ski-Freizeiten, die sich nicht jeder leisten kann. Wenn eine Schule will, dass Eltern viel Geld ausgeben, dann muss sie zwingend auch darauf achten, dass sich diejenigen beteiligen können, die weniger verdienen. Jede Form der Ausgrenzung muss unterbleiben.
Muss die Allgemeinheit für Höchststandards aufkommen?
Die Kostenlast auf das Jobcenter abzuwälzen, erscheint da nicht der richtige Weg. Was haben die Allgemeinheit und der Steuerzahler damit zu tun, wenn Schulen meinen, bestimmte Höchststandards festlegen zu müssen. Abwägungen sind da dringend geboten.
Das sagen wir dazu