Wie gewonnen, so zerronnen! © Adobe Stock - Rainer Fuhrmann
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Die vom DGB Rechtsschutz Berlin vertretene Klägerin wandte sich vor dem Sozialgericht gegen die Anrechnung einer Steuerrückerstattung auf ihr Arbeitslosengeld II. Wenige Monate vor Beginn des Arbeitslosengeld II-Bezuges hatte die Klägerin noch Arbeit und ein eigenes Einkommen gehabt. Darauf musste sie Steuern zahlen. Das Finanzamt erhob in ihrem Fall die Steuern auf der Basis einer Einkommensschätzung und durch Kontopfändung.

 

Einen Teil der Steuern erhielt die Klägerin später wieder zurück. Da bezog sie aber schon Arbeitslosengeld II. Es hatte sich herausgestellt, dass ihr Einkommen im Veranlagungszeitraum niedriger war, als ursprünglich angenommen.

 

Das Sozialgericht verweist auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts

 

Die Steuerrückerstattung ist Einkommen, stellte das Jobcenter anschließend in seinem Aufhebungsbescheid fest. Dieses Einkommen müsse sich die Klägerin auf das Arbeitslosengeld II anrechnen lassen. Diese Anrechnung liege nicht im Ermessen des Jobcenters, sondern sei vom Gesetz zwingend vorgeschrieben.

 

Das bestätigte auch das Sozialgericht. Der Klägerin sei eine Steuerrückerstattung zugeflossen, die als anrechenbares Einkommen zur Minderung des Arbeitslosengeld II-Anspruchs führe. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die Steuererstattung als Einkommen und nicht als Vermögen zu bewerten. Das führe zur Anwendung der gesetzlichen Regelungen zur Anrechnung eines Einkommens.

 

Für die Anrechnung von Vermögen sieht das Gesetz höhere Freigrenzen vor. Beim Einkommen ist das anders.

 

Unfreiwillige Steuerzahlungen ändern nichts

 

Daran ändert zur Überzeugung des Sozialgericht auch nichts, dass die Zahlung an das Finanzamt auf Grundlage einer Einkommensschätzung erfolgt war und durch Kontopfändung geschah. Weder die Einkommensschätzung noch der Umstand, ob die Steuervorauszahlung freiwillig gezahlt oder im Wege des Verwaltungszwangs beigetrieben wurde, könne Einfluss auf die sozialrechtliche Bewertung haben. Die vorab zu viel geleistete und nun erstattete Einkommenssteuer müsse das Jobcenter anrechnen.

 

Das Gesetz sehe allenfalls vor, das die Steuererstattung als Einkommen auf mehrere Monate aufgeteilt werde. Das habe das Jobcenter beachtet.

 

Bei der Steuererstattung fehle es an einem Bezug zu einer aktuell ausgeübten Erwerbstätigkeit. Diese sei deshalb auch kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Deshalb könne das Jobcenter hat hiervon allenfalls eine Versicherungspauschale von 30 € abziehen, mehr nicht.

 

Einkommen hatte der Klägerin nie zur Verfügung gestanden

 

Curt Dunse vom DGB Rechtsschutzbüro Berlin, der die Klägerin im Verfahren vor dem Sozialgericht vertrat, weist darauf hin, dass das Sozialgericht hier leider die ständige Rechtsprechung fortführte. Danach ist eine Steuererstattung nicht als Vermögen, sondern als Einkommen  zu werten mit den entsprechenden Konsequenzen.

 

Im Fall der Klägerin sei das aber noch härter, als es ohnehin schon gewesen wäre. Der Erstattung sei nämlich eine viel zu hohe Schätzung durch das Finanzamt vorausgegangen, die dann auch noch im Wege des Verwaltungszwangs bei der nur gelegentlich gewerblich selbständig tätigen Frau beigetrieben worden war. Die Klägerin habe das als einen "doppelten Verlust von Einkommen" empfunden. Aus ihrer Sicht habe die Behörde denselben Betrag zweimal als Einkommen berechnet, obwohl er ihr nie zur Verfügung stand.

 

Das Bundessozialgericht rechnet nicht alles an

 

Ganz aktuell hat das Bundessozialgerichts zu Leistungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften entschieden, die zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden. Diese darf das Jobcenter nur dann als Einkommen berücksichtigen, wenn diese Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall demselben Zweck dienen.

 

Lesen Sie dazu auch:

 

Entschädigungszahlung ist kein Einkommen im Sinne des SGB II 

 

 

Hier geht es zum Urteil des Sozialgerichts Berlin im Volltext

 

 

 

Rechtliche Grundlagen

§ 11 SGB II

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Zu den laufenden Einnahmen zählen auch Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden. Für laufende Einnahmen, die in größeren als monatlichen Zeitabständen zufließen, gilt Absatz 3 entsprechend.

(3) Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen. Zu den einmaligen Einnahmen gehören auch als Nachzahlung zufließende Einnahmen, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden. Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.