Vorsicht bei Vereinbarung von Vertraulichkeit! Copyright by Adobe Stock/ Janina Dierks
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Diese Frage hatte das Sozialgericht Stuttgart in seiner Entscheidung vom 17. Januar 2020 zu beantworten.

Der Fall

Ein Arbeitnehmer kündigte sein Arbeitsverhältnis. Er meldete sich ordnungsgemäß arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Bundesagentur für Arbeit verhängte eine zwölfwöchige Sperrzeit. Denn der Arbeitnehmer habe sein Arbeitsverhältnis freiwillig aufgegeben.
Der Arbeitnehmer legte erfolglos Widerspruch ein und klagte beim Sozialgericht.
 

Die Argumente der Beteiligten

Die Bundesagentur vertrat die Auffassung, der Kläger habe keinen wichtigen Grund für seine Eigenkündigung gehabt.
Der Kläger gab an, die Eigenkündigung sei unumgänglich gewesen, weil er sich mit seinem Arbeitgeber nicht mehr habe identifizieren können. Über die genauen Hintergründe könne und wolle der Kläger vor dem Sozialgericht nichts sagen. Denn er habe mit seinem (ehemaligen) Arbeitgeber eine Vertraulichkeitsvereinbarung geschlossen. Danach sei es verboten, die Gründe des Zerwürfnisses öffentlich zu machen. Nur wenn ihm das Sozialgericht zusichern könne, dass er keinerlei Nachteile erleide, wenn er seine Geheimhaltungspflicht verletze, sei er bereit, die Details preiszugeben.
 

Die Rechtsauffassung des Sozialgerichts

Zunächst einmal stellt das Sozialgericht klar, dass es grundsätzlich die Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit ist, im Streitfall nachzuweisen, dass ein wichtiger Grund für eine Eigenkündigung fehlt. Gelingt ihr dieser Nachweis nicht, ist die Sperrzeit rechtswidrig.
Das Sozialgesetzbuch III regelt aber eine Ausnahme von diesem Grundsatz.
Danach müssen Arbeitnehmer*innen diejenigen Tatsachen, die für einen wichtigen Grund sprechen, darlegen und nachweisen, wenn  „ . . . diese Tatsachen in ihrer [der Arbeitnehmer*innen] Sphäre oder in ihrem [der Arbeitnehmer*innen] Verantwortungsbereich liegen.“
 

Die Entscheidung des Sozialgerichts

Nach Auffassung des Sozialgerichts liegen die Gründe für die Eigenkündigung des Klägers in seiner Sphäre. Daran ändere sich auch nichts durch die Vertraulichkeitsvereinbarung. Denn wenn der Kläger eine solche Vereinbarung schließe, falle dies ebenfalls ausschließlich in seinen Verantwortungsbereich. Er müsse sich vor Abschluss der Vereinbarung überlegen, ob er bereit sei, alle Konsequenzen zu tragen, die sie habe. Dazu gehöre auch, dass er es sich wegen der Vereinbarung selbst unmöglich mache, Tatsachen vorzutragen und nachzuweisen, die für das Vorliegen eines wichtigen Grundes für seine Eigenkündigung sprechen.
Die Beweislast, die ihm das Gesetz auferlege, umzukehren, führe stets dazu, dass es der Bundesagentur für Arbeit unmöglich sei, das Fehlen eines wichtigen Grundes nachzuweisen. Dies sei der Versichertengemeinschaft nicht zuzumuten.
 

Es bleibt bei dieser Entscheidung

Der Kläger legte gegen das Urteil des Sozialgerichtes Berufung zum Landessozialgericht ein.
Da er diese Berufung wieder zurücknahm, ist die Entscheidung des Sozialgerichtes rechtskräftig.

SG Stuttgart, 17. Januar 2020 S 21 AL 4798/19

Rechtliche Grundlagen

§159 SGB III

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III)
§ 159 Ruhen bei Sperrzeit

. . .

Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.