Die Grenzen Europas sind offen. Sozialleistungen kann in Deutschland aber nur beziehen, wer ein Aufenthaltsrecht hat. Copyright by Adobe Stock/Eisenhans
Die Grenzen Europas sind offen. Sozialleistungen kann in Deutschland aber nur beziehen, wer ein Aufenthaltsrecht hat. Copyright by Adobe Stock/Eisenhans

Das Bundessozialgericht hat schon vor Jahren entschieden, dass EU-Bürger von existenzsichernden Leistungen nicht vollständig ausgeschlossen werden dürfen.
 
Hier geht es zum Urteil des BSG
 
Auch wir haben uns bereits vielfach mit diesem Thema befasst. Hier einige Beispiele:
Hartz IV-Ausschluss für Unionsbürger nicht europarechtswidrig

 

 

Leistungsausschluss für EU-Ausländer verfassungswidrig?

Wann, warum, wie lange - bekommen EU-Bürger*innen ALG 2 ?
 

Ein polnischer Staatsangehöriger beantragt Hartz-IV-Leistungen

Nun war der Europäische Gerichtshof aufgefordert, sich zu positionieren. Ein in Krefeld lebender polnischer Staatsangehöriger befand sich bereits seit mehreren Jahren in Deutschland. Er ging verschiedenen Arbeiten nach, wurde jedoch irgendwann arbeitslos.
 
Zeitweise erhielt er Hartz-IV-Leistungen. Irgendwann stellte das Jobcenter dann die Zahlungen ein. Es begründete seine Entscheidung damit, dass der Betroffene den Arbeitnehmerstatus nicht behalten habe und sich allein zum Zweck der Arbeitsuche in Deutschland aufhalte. In dieser Situation könne er keine Leistungen der Grundsicherung mehr bekommen.
 

Das Landessozialgericht befragt den Europäischen Gerichtshof

Der arbeitslose EU-Bürger beschritt daraufhin den Rechtsweg. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen legte die Sache dem Europäischen Gerichtshof vor. Der sollte die Frage beantworten, ob der Ausschluss von Unionsbürgern vom Bezug von Sozialleistungen mit europäischem Recht vereinbar ist, wenn sie über ein Aufenthaltsrecht verfügen.
 
Insbesondere sollte es dabei auch um Geldleistungen gehen, die unabhängig von einer vorherigen Beitragszahlung erbracht werden. Hartz-IV-Leistungen werden aus Steuermitteln finanziert. Sie sind daher unabhängig von einer vorherigen Beitragszahlung des Versicherten.
 

Arbeitssuchende EU-Bürger können Sozialleistungen erhalten

Der Europäische Gerichtshof sagt dazu, dass EU-Bürger auch dann Anspruch auf Sozialleistungen haben können, wenn sie in Deutschland arbeitssuchend gemeldet sind. Dies gelte zumindest dann, wenn die Kinder hier zur Schule gingen.
 
Das Recht der Kinder, für die Dauer des Schulbesuchs in Deutschland bleiben zu dürfen, habe sich zwar ursprünglich aus dem Aufenthaltsrecht der Eltern abgeleitet. Selbst wenn die Eltern nach dem Verlust des Arbeitsplatzes kein eigenes Aufenthaltsrecht mehr besäßen, bliebe dasjenige der Kinder aber weiter bestehen.
 

Aufenthaltsrecht der Eltern leitet sich aus demjenigen der Kinder ab

Damit solle sichergestellt werden, dass die Kinder ihre Schule nicht abbrechen müssten, um in ihr Ursprungsland zurück zu reisen. Dadurch, dass das Aufenthaltsrecht der Kinder während des Schulbesuches bestehen bleibe, entstehe ein neues Aufenthaltsrecht der Eltern. Aufgrund dieses Aufenthaltsrechts könne der EU-Bürger des Verfahrens vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen grundsätzlich auch Sozialleistungen beanspruchen.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 06. Oktober 2020