©. Adobe Stock - Von Janina_PLD
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Tanja hat zuletzt als Bodenstewardess gearbeitet und verlor die Stelle durch eine betriebsbedingte Kündigung. Sie bezog dann Arbeitslosengeld. Die Agentur für Arbeit wies ihr eine berufliche Eingliederungsmaßnahme zu und versah das mit einer Belehrung über die Rechtsfolgen, falls sie es ablehne.

 

Die Agentur für Arbeit verhängt eine Sperrzeit

 

Tanja weigerte sich, daraufhin wurde ihr das Arbeitslosengeld für drei Wochen gesperrt.

 

Tanja findet es unsinnig, dass sie bei ihrer Vorbildung eine Maßnahme durchlaufen soll, die im Wesentlichen ein Bewerbertraining ist. Ihre eigenen Bewerbungen waren in ihrem langen Berufsleben schon so oft erfolgreich, daher sieht sie keinen Schulungsbedarf. Außerdem habe sie sich selbst schon um eine Maßnahme gekümmert, die ihr viel mehr bringe.

 

Sowohl ihr Widerspruch wie die Klage und letztlich auch die Berufung blieben erfolglos.

 

Gab es einen wichtigen Grund für die Ablehnung?

 

Das Landessozialgericht bestätigt die Entscheidung des Sozialgerichts Hamburg. Tanja stehe nicht das Recht zu, die Nützlichkeit der angebotenen Maßnahme selbstständig zu bewerten.

Es handele sich um eine ganzheitliche, speziell für Akademiker zugeschnittene Maßnahme. Ein objektiv wichtiger Grund liege nur vor, wenn die Teilnahme nicht zugemutet werden kann. Hierbei müssen Tanjas Interessen mit denjenigen der Versichertengemeinschaft abgewogen werden. Ihre Aussagen betrafen die Vergangenheit und sagen nichts darüber aus, wie sie sich in künftigen Bewerbungsverfahren bewährt. Ein Training, das nicht nur die Bewerbung, sondern auch das Verhalten und die Verbesserung des Ausdrucksvermögens fördern soll, ist ihr daher zumutbar.

 

Somit bestand kein wichtiger Grund die Maßnahme abzulehnen, die Sperrzeit blieb bestehen. 

  

LSG Hamburg, Urteil vom 15. Dezember 2021 - L 2 AL 23/21

Orientierungssatz:

  • Ein wichtiger Grund iS von § 159 Abs 1 S 1 iVm S 2 Nr 4 SGB 3 für die Weigerung an einem Bewerbungstraining teilzunehmen liegt auch dann nicht vor, wenn der Arbeitslose sich in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen erfolgreich mit selbst verfassten Bewerbungsschreiben auf angebotene Arbeitsstellen beworben und bereits seit längerem in Beschäftigungsverhältnissen gestanden hat.

 

 

Das sagen wir dazu:

Auch bei uns gehen immer wieder Anfragen ein mit dem Tenor: „das bringt doch nichts, warum soll ich denn da hin?“ Nachvollziehbar, aber mit einer Sperrzeit ist zu rechnen, wenn man nicht mitmacht.

 

Wer Leistungen von der Agentur für Arbeit bezieht, hat selten einen objektiven Grund, eine solche Maßnahme abzulehnen. Eine eigene Bewertung der Nützlichkeit darf der Betroffene nicht vornehmen, es geht nur um Zumutbarkeit. Deshalb ist das Risiko, dass die Sperrzeit auch nach Widerspruch und Klage nicht aufgehoben wird, hoch.

 

Rechtliche Grundlagen

Auszüge aus § 159 SGB III (Drittes Sozialgesetzbuch)

§ 159 Ruhen bei Sperrzeit
(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn
1.-3.
4. die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.-9-
(2)
(3)
(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt
1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
(5)
(6)