Sechs Bewerbungen im Monat sind zumutbar
Sechs Bewerbungen im Monat sind zumutbar

Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe hatte in seinem Urteil vom 10.01.2017 darüber zu entscheiden, ob sechs Bewerbungen im Monat für einen Hartz IV-Empfänger zumutbar sind.

Pflichten der Leistungsbezieher

Nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II) müssen Bezieher von Arbeitslosengeld II alle Möglichkeiten zur Beendigung ihrer Hilfsbedürftigkeit ausschöpfen. Damit ist in erster Linie gemeint, dass sie sich um eine neue Arbeit bemühen müssen, indem sie sich auf offene Stellen bewerben.

Eingliederungsvereinbarung

Jobcenter und Empfänger von Arbeitslosengeld II sollen eine Eingliederungsvereinbarung schließen. Sie soll unter anderem regeln, „ … welche Bemühungen Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit … unternehmen müssen …“
Kommt eine solche Vereinbarung auf freiwilliger Basis nicht zustande, kann das Jobcenter entsprechende Regelungen durch einen Verwaltungsakt einseitig bestimmen.

Der Fall aus Karlsruhe

Im Fall, den das SG Karlsruhe zu entscheiden hatte, kam eine Eingliederungsvereinbarung auf freiwilliger Basis nicht zustande. Deshalb regelte das Jobcenter durch Verwaltungsakt, dass der Kläger sechs Bewerbungen pro Monat nachweisen muss. Da er das nicht tat, kürzte das Jobcenter die Leistungen.


Der Kläger war der Auffassung, die Kürzung sei nicht gerechtfertigt. Initiativbewerbungen seien von vorn herein zum Scheitern verurteilt, weil er weder eine Berufsausbildung absolviert habe noch einen Führerschein besitze. Deshalb könne das Jobcenter nicht von ihm verlangen, sich sechs Mal pro Monat zu bewerben.

Entscheidung des Sozialgerichts

Das SG Karlsruhe ist der Argumentation des Klägers nicht gefolgt. Es verwies darauf, dass einem Empfänger von Arbeitslosengeld I zwei Bewerbungen in der Woche zumutbar seien. Deshalb sei die Verpflichtung von sechs Bewerbungen im Monat auch für den Kläger zumutbar. Möglich sei zwar, dass fehlende Berufsausbildung und Fahrerlaubnis einen Bewerbungserfolg erschwere. Ausschließen können diese Hindernisse ihn aber nicht. Der Arbeitsmarkt sei für den Kläger trotz seiner Einschränkungen nicht als vollkommen verschlossen anzusehen.

Übereinstimmung mit anderen Entscheidungen

Das SG Karlsruhe bewegt sich mit seiner Entscheidung auf einer Linie mit zwei Urteilen von Landessozialgerichten. So hatten die Landessozialgerichte Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen in ihren Entscheidungen vom 15.04.2015 sowie vom 12.06.2013 eine Verpflichtung zu zwei Bewerbungen pro Woche bzw. zu acht Bewerbungen pro Monat für zumutbar gehalten.

Praxistipp

Sind in einer Eingliederungsvereinbarung acht Bewerbungen vorgeschrieben, sollten Leistungsbezieher dieser Verpflichtung unbedingt nachkommen. Sonst laufen sie Gefahr, ihre Leistungen gekürzt zu bekommen.


Trotzdem lohnt es sich, die Eingliederungsvereinbarung ganz genau zu lesen. Denn sie ist nichtig, wenn die Verpflichtung zu Bewerbungen nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Verpflichtungen steht, die das Jobcenter in der Vereinbarung übernommen hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Eingliederungsvereinbarung keine Regelung dazu enthält, wer die Bewerbungskosten zu tragen hat.

Hier geht es zur Pressemitteilung des Sozialgerichts Karlsruhe vom 10.01.2017 zum Urteil vom 10.01.2017, Az.: S 13 AS 3611/16
Hier geht es zur vollständigen Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen 12.06.2013, L 7 AS 40/13 B:
Hier geht es zur vollständigen Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16.12.2014, Az: L 3 AS 505/13: