Gütertrennung steht Rückzahlungspflicht von Hartz IV-Darlehen nicht entgegen
Gütertrennung steht Rückzahlungspflicht von Hartz IV-Darlehen nicht entgegen

In seiner Entscheidung vom 30.09.2016 kam das Landessozialgericht (LSG) Hessen zu dem Ergebnis, dass Einkommen und Vermögen der in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Eheleute, auch dann zu berücksichtigen sind, wenn diese Gütertrennung vereinbart haben.

Daher ist der Verkaufserlös des allein im Eigentum des Ehemanns stehenden Hauses auch bei ehelicher Gütertrennung auf das Vermögen anzurechnen.
Ein zuvor der Ehefrau gewährtes Hartz IV-Darlehen ist zurückzuzahlen. Der zivilrechtliche Güterstand sowie familienrechtliche Unterhaltsregelungen, so die Richter*innen des 5. Senats des LSG Hessen, sei insoweit unbeachtlich.

Eine Frau aus dem Landkreis Kassel, deren Ehemann ein Haus gehörte,beantragte Hartz IV-Leistungen. Da das Haus zunächst nicht verkauft werden konnte, wurden der Ehefrau darlehensweise Hartz IV-Leistungen durch das Jobcenter gewährt.

Klägerin wollte sich Vermögen ihres Mannes nicht zurechnen lassen

Nachdem ihr Mann das Haus für 85.000 Euro (Nettoerlös) verkauft und er Leistungen aus einer Lebensversicherung in Höhe von knapp 180.000 Euro erhalten hatte, forderte das Jobcenter von der Frau das gewährte Hartz IV-Darlehen in Höhe von rund 4.600 Euro zurück. Unter Berufung darauf, dass sie mit ihrem Ehemann im ehelichen Güterstand der Gütertrennung lebe und ihr deshalb sein Vermögen nicht zugerechnet werden könne, klagte die Frau nach erfolglosem Widerspruchsverfahren. Erstinstanzlich wurde die Klage durch das Sozialgericht (SG) Kassel abgewiesen.

Berufung der Klägerin aus formalen Gründen erfolgreich

Die gegen das Urteil des SG Kassel eingelegte Berufung der Klägerin beim LSG Hessen hatte aus formalen Gründen Erfolg, weil der Darlehensrückzahlungsanspruch des beklagten Jobcenters mangels Kündigung des gewährten Darlehens noch nicht fällig war.

Gütertrennung steht Rückzahlungspflicht nicht entgegen

Das Hessische LSG, das der Berufung der Klägerin stattgab und dem beklagten Jobcenter auferlegte, dass es die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen zu tragen hat, folgte jedoch in seinen Entscheidungsgründen der Argumentation des Jobcenters.Der eheliche Güterstand sei für die Beurteilung der Bedarfsgemeinschaft ohne Bedeutung. Bei zusammenlebenden Ehepartnern gelte die Vermutung, dass diese sich wechselseitig unterstützen. Der zivilrechtliche Güterstand sowie familienrechtliche Unterhaltsregelungen seien insoweit unbeachtlich. Daher könne das Jobcenter das Hartz IV-Darlehen zurück fordern. Denn es sei dem Beklagten unbenommen, die Kündigung auszusprechen und das gewährte Darlehen bei Fälligkeit durch einen neuen Verwaltungsakt zurückzufordern.

Das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30.09.2016 - Aktenzeichen L 6 AS 373/13 - gibt es hier im Volltext

Rechtliche Grundlagen

§ 1414 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und Auszüge aus §§ 7,9 und 24 Sozialgesetzbuch (SGB II)

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1414 BGB
Schließen die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand aus oder heben sie ihn auf, so tritt Gütertrennung ein, falls sich nicht aus dem Ehevertrag etwas anderes ergibt. Das Gleiche gilt, wenn der Ausgleich des Zugewinns ausgeschlossen oder die Gütergemeinschaft aufgehoben wird.

Auszug aus § 7 SGB II
Leistungsberechtigte
(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

3. hilfebedürftig sind…

§ 9 SGB II
Hilfebedürftigkeit
(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

Auszug aus§ 24 SGB II
Abweichende Erbringung von Leistungen
(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.