Bezug von Arbeitslosengeld auch bei bestehendem Arbeitsverhältnis möglich.
Bezug von Arbeitslosengeld auch bei bestehendem Arbeitsverhältnis möglich.

Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld ist neben der Arbeitslosmeldung und der Erfüllung der Anwartschaftszeit, dass Arbeitslosigkeit vorliegt. 

Arbeitslosigkeit

Arbeitslos ist nach der gesetzlichen Regelung unter anderem, „ … wer … nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht …“
Das Gesetz stellt also gerade nicht darauf ab, ob das Arbeitsverhältnis rechtlich noch fortbesteht oder nicht. Entscheidend ist allein die faktische Beschäftigungslosigkeit. Es sind deshalb Konstellationen denkbar, in denen trotz eines bestehenden Arbeitsverhältnisses Beschäftigungslosigkeit und damit Arbeitslosigkeit vorliegt. Das ist etwa der Fall, wenn eine Mitarbeiterin schon sehr lange wegen Krankheit nicht arbeitet und ihr Arbeitgeber auch kein Interesse daran hat, dass sie an ihre Arbeitsstelle zurückkehrt.

Klage zum Sozialgerichts Dortmund

Eine Klage, die Rechtsschutzsekretär Christoph Goetsch vom Büro Dortmund der DGB Rechtsschutz GmbH erhoben hatte, verhalf der Klägerin vor dem Sozialgericht Dortmund zu ihrem Arbeitslosengeld.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Justizbeschäftigte, weigerte sich, an einem bestimmten Amtsgericht zu arbeiten. 

Eine Justizbeschäftigte weigerte sich, an einem bestimmten Amtsgericht zu arbeiten. Grund dafür war, dass sie dort unter Mobbing zu leiden hatte. Ihr Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis dennoch nicht. Vielmehr stellte er sie ohne Entgelt von der Arbeit frei. Auch die Beschäftigte selbst wollte nicht kündigen, so lange sie keinen anderen Arbeitsplatz hat. Stattdessen verklagte sie ihren Arbeitgeber mit dem Ziel, sie an ein anderes Amtsgericht zu versetzen.
Den Antrag der Beschäftigten auf Arbeitslosengeld I lehnte die Bundesagentur ab. Als Begründung brachte die Agentur vor, die Beschäftigte sei gar nicht arbeitslos.

Wie das Sozialgericht argumentiert

Zunächst stellt das Sozialgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis weiter besteht. Beide Seiten haben es weder gekündigt noch sonst irgendwie beendet. Aber die Klägerin hat das Beschäftigungsverhältnis dadurch beendet, dass sie sich geweigert hat, an ihrem alten Platz weiterzuarbeiten. Damit ist sie beschäftigungs- und deshalb auch arbeitslos. Da sie auch die übrigen Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld I erfüllt, hat das Sozialgericht Dortmund die Bundesagentur für Arbeit verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld I zu gewähren.

Hier geht es zur Pressemitteilung des Sozialgerichts Dortmund vom 07.11.2016

Das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 10.10.2016, AZ: S 31 AL 84/16 gibt es hier im Volltext zum Download

Das sagen wir dazu:

Das Urteil des Sozialgerichtes Dortmund ist zu begrüßen, da es  - wieder einmal  - klar stellt, dass faktische Beschäftigungslosigkeit ausreicht.
Dabei hat das Gericht jedoch allein entschieden, dass der Ablehnungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit rechtswidrig war. Damit ist aber noch nicht abschließend geklärt, in welchem Umfang die Klägerin Arbeitslosengeld I bekommt. Denn es ist durchaus denkbar, dass die Bundesagentur auf die Idee kommt, eine Sperrzeit gegen die Klägerin zu verhängen. Schließlich hat sie sich geweigert, an ihrer alten Arbeitsstelle zu arbeiten. Es könnte also sein, dass die Bundesagentur in ähnlichen Fällen behauptet, die Klägerin habe „ … durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch … grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt …“ In diesem Fall würde es darauf ankommen, ob die Klägerin für ihre Weigerung einen wichtigen Grund hatte. Hat sie ihn nicht, muss sie mit einer Sperrzeit rechnen.
Wegen dieses Risikos sollten sich Beschäftigte genau überlegen, ob sie sich weigern wollen, ihre Arbeit wegen Mobbings am bisherigen Platz fortzusetzen und Arbeitslosengeld I zu beantragen.