Nicht jede Schadensersatzzahlung ist steuerfrei. Copyright by Haramis Kalfar/Fotolia
Nicht jede Schadensersatzzahlung ist steuerfrei. Copyright by Haramis Kalfar/Fotolia

Der ab März 2015 arbeitsunfähige, schwerbehinderte Kläger ging im September 2016 in Rente. Aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit konnte er seine Urlaubsansprüche für die Jahre 2015 und 2016 nicht in Anspruch nehmen. Die aufgelaufenen Urlaubsansprüche der Jahre 2015 und 2016 wurden dem Kläger im Jahr 2016 durch seine Arbeitgeberin abgegolten. Im Rahmen der Einkommenssteuerfestsetzung für das Jahr 2016 berücksichtigte das Finanzamt (FA) den Urlaubsabgeltungsanspruch als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Kläger wehrt sich gegen Versteuerung des Urlaubsgeltungsanspruchs

Der Kläger trat der Rechtsauffassung des FA entgegen. Er verwies auf eine
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2015. Nach dieser LAG Entscheidung wandele sich der nicht genommene Urlaub des Arbeitnehmers in einen Schadensersatzanspruch um, der auf die Gewährung von Ersatzurlaub als Naturalrestitution gerichtet sei. Der Arbeitnehmer sei in solchen Fällen nach § 251 Abs. 1 BGB zu entschädigen. Schadensersatz sei ein nicht einkommensteuerbarer Vorgang und führe nicht zum Lohnzufluss.

Die Argumentation des Klägers überzeugte das FA nicht. Es blieb bei seiner Ansicht, Arbeitslohn seien alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer für eine Beschäftigung aus dem Dienstverhältnis zufließen. Auf die Bezeichnung komme es nicht an. Die Vergütung für den Urlaub ergebe sich unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis.

Finanzgericht bestätigt Rechtsauffassung des Finanzamtes

Auch das FG konnte sich mit der Begründung des Klägers nicht anfreunden und wies dessen Klage ab. Denn, so das Gericht, der ausgezahlte Urlaubsabgeltungsanspruch sei als Arbeitslohn zu versteuern.

In seiner Begründung wies das FG daraufhin, dass dann kein Arbeitslohn vorliege, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. In einem solchen Fall zählen Schadensersatzleistungen des Arbeitgebers nicht zu steuerbarem Arbeitslohn.

Im vorliegenden Fall stelle sich der Urlaubsabgeltungsanspruch jedoch als Frucht der Arbeitsleistung des Klägers dar. Denn der Kläger habe die Zahlung wegen seiner geleisteten Arbeit vom Arbeitgeber erhalten, nicht aber wegen einer Verletzung von Arbeitgeberpflichten. Bei der Urlaubsabgeltung handele es sich um eine Entschädigung für nicht gewährten Urlaub; mithin also um eine nachträgliche Lohnzahlung.

Arbeitsrechtliche Einordnung eines Anspruchs steuerrechtlich unbeachtlich

Unerheblich sei es, so das FG, unter welcher Bezeichnung die Einnahme gewährt wurde. Die Bezeichnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs als Entschädigungsanspruch habe keine Bedeutung. Die arbeitsrechtliche oder sozialrechtliche Einordnung des Anspruchs sei für die steuerrechtliche Betrachtung nicht ausschlaggebend. Entscheidend sei allein die Frage, ob es sich um eine Frucht der Arbeitsleistung handele.

Auch sei nicht von steuerbegünstigten außerordentlichen Einkünften auszugehen. Denn bei der Zahlung habe es sich weder um eine Entschädigung noch um Vergütung für mehrjährige Tätigkeit gehandelt. Die Urlaubsabgeltungsansprüche für die Jahre 2015 und 2016 seien lediglich in einem Veranlagungszeitraum zugeflossen. Hieraus könne aber nicht geschlossen werden, dass es sich eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten handle.
Hier finden Sie das vollständige Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 19. März 2019

Für Interessierte:
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. August 2015, Az: 4 Sa 52/15

Rechtliche Grundlagen

§ 34 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 4 EStG, § 251 Abs. 1 BGB

Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 34 Außerordentliche Einkünfte
(1) 1Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach den Sätzen 2 bis 4 zu berechnen. 2Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte. 3Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für außerordentliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1, wenn der Steuerpflichtige auf diese Einkünfte ganz oder teilweise § 6b oder § 6c anwendet.

(2) Als außerordentliche Einkünfte kommen nur in Betracht:
1.
Veräußerungsgewinne im Sinne der §§ 14, 14a Absatz 1, der §§ 16 und 18 Absatz 3 mit Ausnahme des steuerpflichtigen Teils der Veräußerungsgewinne, die nach § 3 Nummer 40 Buchstabe b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerbefreit sind;
2.
Entschädigungen im Sinne des § 24 Nummer 1;
3.
Nutzungsvergütungen und Zinsen im Sinne des § 24 Nummer 3, soweit sie für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nachgezahlt werden;
4.
Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.



§ 251 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch
Schadensersatz in Geld ohne Fristsetzung
(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.