Die Entscheidung erging am 6. März 2019.
Hobby-Weingärtner klagt beim Arbeitsgericht
Die Beklagte hatte dem Kläger im Jahr 2015 an insgesamt 18 Tagen und im Jahr 2016 an insgesamt 13 Tagen halbe Urlaubstage gewährt. Ab dem Jahr 2017 war sie nur noch bereit, dem Kläger sechs halbe Urlaubstage pro Jahr zu gewähren.
Der Kläger zog vor das Arbeitsgericht. Er beantragte festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm pro Jahr zehn halbe Urlaubstage zu gewähren. Für den Fall, dass das Gericht dies ablehnt, beantragte der Kläger, ihm pro Jahr zehn halbe Urlaubstage zu gewähren, es sei denn, dringende betriebliche Bedürfnisse stehen der Urlaubsgewährung entgegen.
Argumentation des Hobby-Weingärtners
Zur Begründung seiner Klage führte er an, dass wegen der Wetterbedingungen und dem Wachstum der Reben häufig kurzfristige Arbeitseinsätze erforderlich seien. Deshalb habe er die Gewährung von halben Urlaubstagen mit dem Rechtsvorgänger der Beklagten für den Fall vereinbart, dass dies betrieblich in Ordnung gehe. Außerdem sei eine betriebliche Übung entstanden..
Berufung nach erfolgloser Klage
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Es stellte im Wesentlichen darauf ab, dass sich weder die Beklagte noch ihr Rechtsvorgänger verpflichten wollten, dem Kläger dauerhaft im Durchschnitt zehn halbe Urlaubstage zu gewähren. Deshalb blieb dem Kläger nichts anderes übrig, als Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) einzulegen.
Landesarbeitsgericht verweist auf das Bundesurlaubsgesetz Teil 1
Nach dem Bundesurlaubsgesetz hat der Arbeitgeber grundsätzlich die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Das gilt aber nur, wenn dem Urlaubswunsch
- weder dringende betriebliche Belange
- noch Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten Vorrang verdienen,
entgegenstehen. Ist dies der Fall, kann der Arbeitgeber den Urlaubswunsch ablehnen.
In seinem Hauptantrag verlange der Kläger - so das LAG - die Feststellung, dass er einen Anspruch auf halbe Urlaubstage ohne jede Einschränkung habe. Einen solchen einschränkungslosen Anspruch gewähre das Gesetz aber gerade nicht.
In seinem Hilfsantrag schränke der Kläger sein Begehren zwar ein. Aber er tue das nur im Hinblick auf die dringenden betrieblichen Belange. Da der Urlaubswunsch aber auch durch die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer beschränkt sei, sei der Hilfsantrag ebenfalls nicht begründet.
LAG verweist auf das Bundesurlaubsgesetz Teil 2
Das Bundesurlaubsgesetz schreibt vor, dass der Urlaub zusammenhängend zu gewähren ist. Der Grund dafür ist, dass der Erholungszweck des Urlaubs nur zu erreichen ist, wenn längere Phasen arbeitsfrei sind. Ausnahmen kommen unter anderem in Betracht, wenn Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, eine Teilung erforderlich machen. Aber selbst auf Wunsch des Arbeitnehmers komme nach Ansicht des LAG eine Zerstückelung des Urlaubs in viele kleine Einheiten wegen des Erholungszweckes nicht in Betracht.
Besteht ein vertraglicher Anspruch?
Kläger und Beklagte können die beschriebenen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes im Hinblick auf den gesetzlichen Mindesturlaub vertraglich nicht abändern. Denkbar wäre nach Auffassung des LAG allenfalls eine Vereinbarung, die den Urlaubsteil beträfe, der über den Mindesturlaub des Bundesurlaubsgesetzes hinausginge. Eine solche Vereinbarung könnte beinhalten, dass die Beklagte oder ihr Rechtsvorgänger mit dem Kläger vertraglich vereinbart hätten, dass er halbe Urlaubstage ohne jede Einschränkung nehmen könnte. Aber der Kläger habe nach seinem eigenen Vortrag jeweils vorher gefragt, ob betriebliche Belange seinem Urlaubswunsch entgegenstehen. Deshalb liege eine Vereinbarung auf eine Urlaubsgewährung ohne Einschränkungen nicht vor.
Ist eine betriebliche Übung entstanden?
In diesem Zusammenhang verweist das LAG darauf, dass sich eine betriebliche Übung immer an alle Beschäftigten eines Betriebs oder zumindest an eine kollektiv abgrenzbare Gruppe wendet.
Im Fall des Klägers liegt jedoch eine individuelle Sonderregelung vor. Deshalb kommt das Entstehen einer betriebliche Übung nicht in Betracht.
Hier finden Sie das vollständige Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6.3.2019, 4 Sa 73/18
Rechtliche Grundlagen
§ 7 Bundesurlaubsgesetz
§ 7 Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.