Verfall von Urlaubsansprüchen bei langandauernder Krankheit? Copyright by samuel /Adobe Stock
Verfall von Urlaubsansprüchen bei langandauernder Krankheit? Copyright by samuel /Adobe Stock

Die Klägerin arbeitet seit Juli 2010 in einem von der  Beklagten betriebenen Hospital. Seit 2017 ist sie durchgehend krank. Die Inanspruchnahme der ihr für das Jahr 2017 noch zustehenden 14 Urlaubstage war ihr somit nicht möglich. Im November 2018 forderte die Klägerin die Beklagte zur Abgeltung des Urlaubs für das Jahr 2017 auf. Da die Beklagte dieser Forderung nicht nachkam, erhob die Klägerin Klage beim Arbeitsgericht Paderborn.
 
Die Klägerin war der Auffassung, dass der restliche Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2017 nicht verfallen sei.
Unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Februar 2019  - Az: 9 AZR 541/15-, so die Klägerin, sei ihr restlicher Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2017 schon deshalb nicht verfallen, da die Beklagte es unterlassen habe rechtzeitig auf den drohenden Verfall hinzuweisen.
 

Erstinstanzlich war der Klage kein Erfolg beschieden

Begründet wurde die Abweisung der Klage damit, dass der Urlaubsanspruch der Klägerin aufgrund der weiterhin fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit, auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichthofs (EuGH), am 31.3.2019 erloschen sei. Denn nach der Entscheidung des EuGH würde ein Erlöschen von Urlaubsansprüchen 15 Monate nach Ende des Kalenderjahres des Entstehens eintreten.
 

Klägerin legt Berufung ein

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm kam ebenso wie das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, die Urlaubsansprüche der Klägerin aus dem Kalenderjahr 2017 seien erloschen. Eine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin auf einen möglichen Verfall hinzuweisen, habe nicht bestanden.
Soweit sich die Klägerin darauf berufen habe, durch das Urteil des Arbeitsgerichtes würden arbeitsunfähige Arbeitnehmer schlechter gestellt als arbeitsfähige, folgte das Berufungsgericht dieser Auffassung nicht. Denn die Klägerin habe verkannt, dass es sich bei einer Arbeitnehmerin, die längerfristig arbeitsunfähig erkrankt ist, und einer solchen, die arbeitsfähig ist, um zwei im Hinblick auf die Urlaubserteilung nicht vergleichbare Personen handle. Aus der unterschiedlichen Behandlung ergebe sich weder eine Ungleichbehandlung oder Schlechterstellung. Sondern vielmehr eine an den unterschiedlichen Lebenssachverhalten ausgerichtete Behandlung.
Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre in ihrem Fall eine Belehrung, dass bestehende Urlaubansprüche erlöschen, wenn diese nicht bis zum 31.12. des Kalenderjahres beansprucht werden falsch gewesen. Dies ergebe sich daraus, so das LAG, dass diese im Fall der Arbeitsunfähigkeit erst nach Ablauf von 15 Monaten nach dem Ablauf des Kalenderjahres erlöschen, aus dem sie resultieren. Die Frage eines früheren Erlöschens hätte sich erst wieder nach Genesung der Klägerin gestellt und sodann eine Belehrung der Beklagten erfordert. Hierzu sei es aber aufgrund der andauernden Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bisher nicht gekommen.
 
Nach der BAG-Rechtsprechung, so das LAG, seien die Anforderungen an eine "klare" Unterrichtung regelmäßig durch den Hinweis erfüllt, dass der Urlaub grundsätzlich am Ende des Kalenderjahres verfalle, wenn der Arbeitnehmer in der Lage gewesen sei, seinen Urlaub im Kalenderjahr zu nehmen, er ihn aber nicht beantragt. Abstrakte Angaben etwa im Arbeitsvertrag, in einem Merkblatt oder in einer Kollektivvereinbarung würden den Anforderungen einer konkreten und transparenten Unterrichtung in der Regel nicht genügen. Damit soll sich die Belehrung durch den Arbeitgeber auf den konkreten Fall beziehen. Im Fall der Klägerin lag aber im Jahr 2017 kein Sachverhalt vor, aufgrund dessen ihr Urlaubsanspruch zum 31.12.2017 erlöschen würde.

 

Das LAG hat die Revision für die Klägerin zugelassen. Die Sache ist beim BAG unter dem Aktenzeichen 9 AZR 401/19 anhängig.

 

Hier finden Sie das vollständige Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24.07.2019, Az: 5 Sa 676/19 

https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/hamm/lag_hamm/j2019/5_Sa_676_19_Urteil_20190724.html