Im Streit David gegen Goliath, verbuchte der Arbeitnehmer einen klaren Erfolg. © Adobe Stock: 1STunningART
Im Streit David gegen Goliath, verbuchte der Arbeitnehmer einen klaren Erfolg. © Adobe Stock: 1STunningART

Anja Wicke, Rechtsschutzsekretärin in Bremen, war von Anfang an sehr zuversichtlich, dass der Urlaub ihres Mandaten als genehmigt galt, obwohl sich die Arbeitgeberin dem während der gesamten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vehement widersetzte.

 

Der Auftrag, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung des Urlaubsanspruchs zu stellen, erhielt sie von der rechtsschutzgewährenden Gewerkschaft Mittwochsvormittags. Der Betroffene wollte den Urlaub, den er zuvor ordnungsgemäß in die Urlaubsliste des Betriebes eingetragen hatte, schon am folgenden Samstag antreten.

 

Weniger als 24 Stunden benötigte das Gericht

 

Gleich mittags ging die Antragsschrift an das Gericht. Die Richterin zögerte nicht lang und terminierte die Gerichtsverhandlung schon unmittelbar für den nächsten Vormittag.

 

Der Arbeitgeberin hatte missfallen, dass der Antragsteller im laufenden Kalenderjahr bereits Urlaub genommen hatte. Einen weiteren, genehmigten Urlaub konnte er wegen längerer Arbeitsunfähigkeit nicht antreten.

 

In der 39. Kalenderwoche meldete sich der Antragsteller bei der Arbeitgeberin, um seine voraussichtliche Rückkehr aus dem Krankenstand für den 6. Oktober 2022 anzukündigen. Per Mail erhielt er sodann die Mitteilung, sein wenige Tage später vorgesehener Urlaub werde nicht genehmigt.

 

Aufgrund seiner längeren Erkrankung seien viele Kunden mit dem Service im Rückstand und aktuell würde jede Kapazität gebraucht, hieß es in der E-Mail weiter.

 

Der Urlaub war längst genehmigt

 

Der Antragsteller vertrat demgegenüber die Auffassung, mit der Eintragung in die Urlaubsliste sei sein Urlaub schon früher genehmigt worden. In der Vergangenheit habe der Eintrag der Urlaubszeiträume in den Jahreskalender als Genehmigung genügt. Im Übrigen habe er im Vertrauen darauf für die Zeit vom 7. Oktober bis zum 9. Oktober einen Kurzurlaub an der Ostsee gebucht.

 

Sein Sohn habe Herbstferien und er müsse diese bei der Ausbildungsplatzsuche unterstützen. In der betreffenden Woche fänden diverse Veranstaltungen in Ausbildungsbetrieben statt, die für den Sohn aufgrund der ländlichen Wohnverhältnisse ohne seinen Vater nicht erreichbar seien. Die Ehefrau des Antragstellers müsse arbeiten und stehe nicht zur Verfügung.

 

Der Eintrag in die Urlaubsliste reichte aus

 

Das Arbeitsgericht bestätigte die Auffassung des Antragstellers und seiner Prozessbevollmächtigten. Der Urlaub sei bereits genehmigt und diese Genehmigung dürfe die Antragsgegnerin nicht einseitig zurücknehmen.

 

Die Festlegung des Urlaubs erfolge grundsätzlich durch Erklärung des Arbeitgebers. Diese Erklärung könne ausdrücklich abgegeben werden, indem dem*der Arbeitnehmer*in gegenüber mündlich oder schriftlich die festgesetzte Urlaubszeit bekannt gegeben würde.

 

Eine solche Erklärung könne aber auch stillschweigend erfolgen, indem der Arbeitgeber den vorgetragenen Wünschen nicht widerspreche und sie damit billige oder beispielsweise das Urlaubsentgelt bei Freistellung auszahle.

 

Die Urlaubsliste enthält Urlaubswünsche

 

Zu unterscheiden seien hierbei Urlaubslisten vom Urlaubsplan. Der Urlaubsplan stelle eine Richtlinie dar, nach der der Urlaub während des Urlaubsjahres oder während der Urlaubsperiode gewährt werde.

 

Die Urlaubsliste diene demgegenüber nur dem Zweck, die Wünsche der Arbeitnehmer*innen festzustellen. Sie werde ausgelegt oder in Umlauf gegeben. Der Arbeitgeber stelle aufgrund der Urlaubsliste die Wünsche zusammen und habe sie dann nach den betrieblichen Erfordernissen und den Wünschen der einzelnen Arbeitnehmer*innen aufeinander abzustimmen.

 

Die Urlaubsliste selbst stellt noch keine Genehmigung dar

 

Das Bundesarbeitsgericht halte die Urlaubsliste im Regelfall für eine Wissenserklärung zur Feststellung der Urlaubswünsche. Es handele sich nicht um eine Willenserklärung des Arbeitgebers. Nehme der Arbeitgeber die Urlaubsliste jedoch widerspruchslos hin und widerspreche er der Liste nicht, könnten Arbeitnehmer*innen grundsätzlich davon ausgehen, dass der Urlaub nach der Liste genehmigt sei.

 

Im Einzelnen hänge das von der jeweils bestehenden betrieblichen Übung ab. Hätten die Beschäftigten wie häufig üblich untereinander und auch schon unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange - wie die Vertretung - den Zeitraum der einzelnen Urlaubswünsche aufeinander abgestimmt, bedürfe es nicht nochmals einer ausdrücklichen Festlegung der Urlaubszeit durch den Arbeitgeber. Diese ergebe sich dann stillschweigend daraus, dass der Arbeitgeber der Urlaubsliste binnen angemessener Frist nicht widerspreche.

 

So stelle sich die Lage beim Antragsteller dar. Angesichts dessen gelte der in die Urlaubsliste eingetragene Jahresurlaub als genehmigt. Die Arbeitgeberin müsse ihren Mitarbeiter dementsprechend von der Arbeitsleistung freistellen. Das möglicherweise betriebliche Gründe einer Urlaubsgewährung entgegenstehen könnten blieb dabei außer Belang.

 

Hier geht es zum Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven.