Die Weihnachtszeit verbringen viele gerne im Kreis der Familie. Will der Arbeitgeber Weihnachtsurlaub nicht genehmigen, braucht er dafür gute Gründe. Copyright by  deagreez/Adobe Stock
Die Weihnachtszeit verbringen viele gerne im Kreis der Familie. Will der Arbeitgeber Weihnachtsurlaub nicht genehmigen, braucht er dafür gute Gründe. Copyright by deagreez/Adobe Stock

Frau Salheimer (Name durch die Redaktion geändert)  ist beschäftigt als Pflegeassistentin in einer Alten- und Pflegeeinrichtung in Norddeutschland. Sie ist gläubige Katholikin und verbringt die Weihnachtsfeiertage gerne mit Ihrer Familie. Die wohnt allerdings ziemlich weit entfernt. Frau Salheimer hat deshalb für die Zeit ab Mitte Dezember bis zum Ende des Jahres Urlaub beantragt. Genügend Urlaubstage hatte sie auch noch auf ihrem Konto.
 
Die Arbeitgeberin lehnte jedoch den Urlaub ab. In der Weihnachtszeit gebe es in Absprache mit dem Betriebsrat eine Urlaubssperre. Erfahrungsgemäß seien um Weihnachten herum nämlich immer viele Pflegekräfte krank. Um dennoch den Wünschen und Interessen der Mitarbeiter an den Weihnachtsfeiertagen sowie an Silvester gerecht zu werden, versuche sie, entweder an den Weihnachtstagen oder aber über den Jahreswechsel Freidienste der Mitarbeiter einzuplanen. Wenn sie jetzt der Klägerin Urlaub gewähren würde, könne das je nach Höhe des Krankenstandes dazu führen, dass mehrere Beschäftigte an Weihnachten und Silvester zum Dienst eingesetzt werden müssten.
 

Der Arbeitgeber kann den Urlaub nur aus guten Gründen ablehnen

Frau Salheimer war allerdings klug genug, Mitglied bei Ver.di zu sein. So konnte sie den gewerkschaftlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Gemeinsam mit unseren Kolleg*innen aus dem Büro Braunschweig erreichte sie vor dem Arbeitsgericht, dass die Arbeitgeberin den Urlaub im gewünschten Zeitraum genehmigen muss.
 
Das Gericht wies darauf hin, dass der Arbeitgeber Urlaub nur ablehnen kann, wenn es dringende betriebliche Belange gebe, wegen denen der Urlaub nicht gewährt werden könne. Im Übrigen könne der Arbeitgeber den Urlaub nur verweigern, wenn andere Beschäftigte ebenfalls Urlaub zur selben Zeit beantragt hätten, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienten. Letzteres war nicht der Fall.
 
Dringende betriebliche Belange hatte die Arbeitgeberin im Verfahren indessen nicht vorgetragen. Es reiche nämlich nicht aus, so das Gericht, dass es aufgrund des Urlaubs zu Störungen im Betriebsablauf käme. Die gebe es nämlich immer, wenn eine Beschäftigte fehle.
 

Auch während einer Urlaubssperre muss der Arbeitgeber jeden Urlaubsantrag individuell prüfen

Die Arbeitgeberin hatte weder zum konkreten Personalbedarf im fraglichen Zeitraum, noch zum vorhandenen Personal, noch zur konkret prognostizierten krankheitsbedingten Fehlquote vorgetragen. Zu diesen Berechnungsgrößen hätte die Arbeitgeberin nach Auffassung des Gerichts aber ohne Weiteres konkret vortragen können und müssen.
 
Selbst wenn es in Absprache mit dem Betriebsrat eine Urlaubssperre gebe, müsse sich die Arbeitgeberin mit jeden einzelnen Urlaubsantrag auseinandersetzen. Das Gesetz sehe nämlich vor, dass die Arbeitgeberin eine individuelle Prüfung vornehme, inwieweit sie den Beschäftigten Urlaub gewähren könne. Hierbei sei wiederum  abzuwägen zwischen den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers und den betrieblichen Belangen.
 
Hier geht es zur Entscheidung des Arbeitsgerichts Braunschweig

Das sagen wir dazu:

Arbeitnehmer*innen haben Anspruch auf Erholungsurlaub. Nach dem Bundesurlaubsgesetz mindestens vier Wochen im Jahr, wenn das Arbeitsverhältnis das ganze Jahr über besteht. In Tarifverträgen und vielen Arbeitsverträgen ist auch ein längerer Urlaub geregelt. Es ist jedenfalls zumeist ziemlich eindeutig, auf wie viele Urlaubstage ein*e Arbeitnehmer*in Anspruch hat.

Wer bestimmt die Lage des Urlaubs?

Schwieriger wird es häufig, wenn es darum geht, zu welcher Zeit der Arbeitgeber den Urlaub gewähren muss. Das Gesetz ist diesbezüglich nicht konkret. Maßgeblich ist insoweit § 7 Bundesurlaubsgesetz (BurlG). Verkürzt enthält die Vorschrift vier Regeln:

  • Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.
  • Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen.
  • Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.
  • Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

 

Der Arbeitgeber muss den Urlaub gewähren

Das Gesetz bestimmt, dass es der Arbeitgeber ist, der den Urlaub k:gewährt:k. Der Beschäftigte kann sich also den Urlaub nicht einfach k:nehmen:k. Das ist auch allgemein Konsens im Arbeitsrecht. Kein*e Arbeitnehmer*in ist berechtigt, sich selbst Urlaub zu gewähren.

Im Gesetz ist geregelt, dass die „die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen,“ sind. Lange Zeit war die Rechtsprechung der Auffassung, dass deshalb der Arbeitgeber sehr frei darin ist, über die Lage des Urlaubs zu bestimmen. Das ist aber inzwischen überholt. Nach ganz herrschender Meinung muss der Arbeitgeber dem Beschäftigten den Urlaub gewähren, den er beantragt. Voraussetzung ist natürlich, dass der Beschäftigte auch im betreffenden Jahr einen entsprechenden Urlaubsanspruch hat.

Ablehnen kann der Arbeitgeber den Antrag, wenn es Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer gibt, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen. Das ist auch selbstverständlich. Wer etwa schulpflichtige Kinder hat, kann mit ihnen nur während der Schulferien gemeinsam Urlaub machen. Aber selbst dann muss der Arbeitgeber noch prüfen, ob es Gründe dafür gibt, dass nicht beide zur gleichen Zeit Urlaub nehmen können.

Ist der Beschäftigte nicht abkömmlich, kann der Arbeitgeber den Urlaub verweigern

Des Weiteren kann der Arbeitgeber den Urlaubswunsch ablehnen, wenn „dringende betriebliche Belange“ entgegenstehen. Insoweit hat das Arbeitsgericht Braunschweig völlig richtig darauf hingewiesen, dass „Störungen im Betriebsablauf“ nicht ausreichen. Es wäre ja auch seltsam, wenn gar nicht auffallen würde, dass eine Beschäftigte fehlt.

Gefordert ist vielmehr, dass im Einzelfall der Beschäftigte im Grunde unabkömmlich ist. Etwa weil gerade zu der betreffenden Zeit sehr viel zu tun ist. Man denke etwa an den Einzelhandel und das Weihnachtsgeschäft. Oder an Erntezeiten in der Landwirtschaft. Auch Lehrer*innen, die an einer Schule angestellt sind, sind in der Regel außerhalb der Ferienzeiten nicht abkömmlich. Ablehnen kann der Arbeitgeber den Urlaub auch, wenn andere Beschäftigte ausfallen, weil sie krank sind.

Im Zweifel muss der Arbeitgeber beweisen, dass ein solcher Grund auch vorliegt. Das allein reicht aber für eine Ablehnung auch noch nicht aus. Maßgeblich ist darüber hinaus, ob der Arbeitgeber durch „eine sachgerechte Organisation der Betriebsabläufe“ dem Urlaubswunsch nicht doch hätte nachkommen können. Niemand kann zwar einem Unternehmen vorschreiben, wie er seinen Betrieb organisiert. Wenn er aber etwa die Personalstärke seines Unternehmens „auf Kante näht“, muss er die Nachteile, die sich daraus ergeben, schon hinnehmen.

Betriebsferien und allgemeine Urlaubssperre sind betriebliche Belange

Ein besonderer Fall sind die Betriebsferien. In diesem Fall muss der Arbeitnehmer einen Teil seines Jahresurlaubs zu einem bestimmten Zeitpunkt nehmen. Es werden insoweit seine Urlaubswünsche auch nicht berücksichtigt. Die Rechtsprechung erkennt allerdings Betriebsferien als einen „betrieblichen Belang“ für die Lage des Urlaubs an. Der Arbeitgeber darf grundsätzlich einen solchen Urlaub etwa in auftragsschwachen Zeiten für alle zeitlich festlegen. Er muss dabei aber die Interessen der Beschäftigten angemessen berücksichtigen. Gibt es einem Betriebsrat, ist die Einführung von Betriebsferien mitbestimmungspflichtig nach § 87 Absatz 1 Nr. 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

So etwas wie das Gegenstück zu den Betriebsferien ist die allgemeine „Urlaubssperre“. Der Arbeitgeber bestimmt, dass zu einer bestimmten Zeit ein Teil der Beschäftigten oder sogar alle Beschäftigten ihren Urlaub nicht nehmen können. Darum ging es insbesondere in dem beschriebenen Fall vom Arbeitsgericht Braunschweig.

Grundsätzlich gilt hier nichts anderes als bei den Betriebsferien. Der Arbeitgeber kann eine Urlaubssperre verhängen, wenn dringende betriebliche Belange vorliegen. Auch hier muss er die Interessen der Beschäftigten angemessen berücksichtigen. Gibt es einen Betriebsrat, ist die allgemeine Urlaubssperre mitbestimmungspflichtig nach § 87 Absatz 1 Nr. 5 BetrVG.

In jedem Fall muss aber berücksichtigt werden, dass der Urlaubsanspruch ein individualrechtlicher Anspruch ist. Der Arbeitgeber muss in jeden Einzelfall, d.h. bei jedem Urlaubsantrag, prüfen, ob er dem Urlaubswunsch nachkommt. Das ist auch nicht mitbestimmungspflichtig. Deshalb war im oben beschriebenen Fall auch nicht maßgeblich, dass der Betriebsrat den Urlaubsantrag auch abgelehnt hat.

Jeder Urlaubsantrag muss geprüft werden

Es reicht daher nicht aus, dass der Arbeitgeber im Einzelfall lediglich auf die allgemeine Urlaubssperre hinweist. Er muss darlegen und im Zweifel beweisen, dass es „dringende betriebliche Belange“ für eine Urlaubssperre tatsächlich gibt. Typisch wäre etwa ein nicht vorhersehbarer Auftragseingang, der die Anwesenheit aller Beschäftigten erfordert. Oder ein unerwartet hoher Krankheitsstand. Oder eben auch arbeitsintensive Zeiten wie etwa das Weihnachts- oder Ostergeschäft im Handel. Stets müssen aber auch im Einzelfall die Interessen des Beschäftigten angemessen berücksichtigt werden. Maßgeblich ist auch, ob der einzelne Beschäftigte überhaupt selbst vom Grund für die Urlaubssperre betroffen ist. Wenn etwa die Post wegen des Ostergeschäfts eine allgemeine Urlaubssperre verhängt, kann diese kaum auch den Hausmeister eines Postamtes betreffen.

Auf keinen Fall sollte ein*e Beschäftigte*r sich den Urlaub einfach selber nehmen. Grundsätzlich bleibt es dabei, dass der Arbeitgeber den Urlaub gewährt. Man benötigt also eine Erklärung des Arbeitgebers, dass man in einem bestimmten Zeitraum nicht arbeiten muss. Will er sie, ob wohl er dazu verpflichtet wäre, partout nicht abgeben, muss man das Arbeitsgericht bemühen. Weil Arbeitsgerichtsverfahren in der Regel einige Monate andauern können, wird man zusätzlich zu einer Klage noch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen müssen.

Das kann insgesamt zu einer komplexen Angelegenheit werden, für die juristischer Sachverstand unbedingt erforderlich ist. Hier zahlt es sich wieder aus, Mitglied einer DGB-Gewerkschaft zu sein. Wie im oben beschriebenen Braunschweiger Fall, haben schon Viele Ihren Urlaubsanspruch mithilfe der DGB Rechtsschutz GmbH durchsetzen können.

Rechtliche Grundlagen

§ 7 Bundesurlaubsgesetz

Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muss einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.