Fraglich ist, ob das Bundesarbeitsgericht bei seiner Ansicht verbleiben kann, dass mit dem Tod des Beschäftigten dessen Urlaubsanspruch untergeht. Copyright by snyGGG/fotolia
Fraglich ist, ob das Bundesarbeitsgericht bei seiner Ansicht verbleiben kann, dass mit dem Tod des Beschäftigten dessen Urlaubsanspruch untergeht. Copyright by snyGGG/fotolia

Der Anlass ist traurig genug: Während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses verstirbt der Arbeitnehmer. Da oftmals eine lange Arbeitsunfähigkeit voranging, sind dann noch Urlaubsansprüche in teils recht erheblichem Umfang und Geldwert offen. Ob der Verstorbene diese wortwörtlich mit ins Grab nimmt, oder ob sie als Abgeltungsansprüche auf die Erben übergehen, ist nach wie vor ungeklärt und umstritten.

 

 

 

 

Das Bundesarbeitsgericht lehnt Vererblichkeit ab

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) vertrat seit jeher die Ansicht, dass mit dem Tod des Beschäftigten dessen Urlaubsanspruch untergeht.
Der Urlaubsabgeltungsanspruch könne damit nicht vor dem Tod des Arbeitnehmers, der erst zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führe, entstanden sein. Aus § 7 Absatz 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) folge ein Abgeltungsverbot.
 

Neue Rechtsprechung durch den Europäischen Gerichtshof

Bewegung in die Rechtslage kam durch eine Entscheidung des EuGH im Jahr 2013. Aus Europäischen Richtlinien folge, so die Europäischen Richter, dass mit dem Tod des Beschäftigten dessen Urlaubsanspruch nicht untergehe.
 
Im Anschluss an diese Entscheidung legten deutsche Arbeits- und Landesarbeitsgerichte § 7 Absatz 4 BUrlG im Sinne der Europäischen Richtlinie aus und sprachen klagenden Erben den Abgeltungsanspruch zu.
 

Das Bundesarbeitsgericht verbleibt bei seiner Rechtsprechung

Doch das BAG verbleibt bei seiner Ablehnung. In einer Vorlage an den EuGH aus dem Jahr 2016 vertrat es nach wie vor die Ansicht, dass nach deutschem Recht der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers mit seinem Tod untergeht und sich demzufolge nicht in einen (vererblichen) Urlaubsabgeltungsanspruch umwandeln könne.
Eine anderweitige Auslegung des § 7 Absatz 4 BUrlG komme - so das BAG weiter -  auch unter Berücksichtigung unionskonformer Auslegung nicht in Betracht. Der Rechtsprechung der Arbeits- und Landesarbeitsgerichte sei nicht zu folgen.
 

Endgültige Klärung durch den Europäischen Gerichtshof steht an

Demzufolge ist nunmehr vom EuGH zu klären, ob nach Europäischer Richtlinie den Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich für den dem Verstorbenen zustehenden Mindestjahresurlaub zusteht.
 
Die aktuellen Vorschläge des Generalanwalts zum Urlaubsrecht stimmen zumindest positiv.

Hier gehts zu unserem Artikel

Tipp: Erbansprüche geltend machen

Bis zu der noch ausstehenden Entscheidung des EuGH bleibt die Rechtsfrage also offen. Es ist nicht damit zu rechnen, dass deutsche Gerichte bis dahin über entsprechende Ansprüche zugunsten der Erben entscheiden. Vielmehr werden die Gerichtsverfahren bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt.
 
Gleichwohl sollten betroffene Erben ihre vermeintlichen Erbansprüche umgehend zumindest gelten machen, da tarifliche oder vertragliche Ausschlussfristen auf jeden Fall zu beachten sind.

Den Vorlagebeschluss des BAG vom 18.10.2016 können Sie hier nachlesen.

 

Wir haben schon mehrfach über diese Problematik berichtet:

 

Anspruch auf Urlaubsabgeltung endet nicht mit dem Tod

Urlaub kann man erben

Rechtliche Grundlagen

§ 7 Bundesurlaubsgesetz

§ 7 BUrlG: Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs

(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.