Betriebsräte, die in Teilzeit beschäftigt sind, können für die Teilnahme an Betriebsratsschulungen in Vollzeit die hierdurch anfallenden „Mehrarbeitsstunden“ als Freizeitausgleich begehren. Das entschied das Arbeitsgericht Stuttgart in einem vom Göppinger Büro der DGB Rechtsschutz GmbH geführten Verfahren. Dabei ging es um den Anspruch auf Freizeitausgleich eines teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitglieds (2,8 Stunden am Tag) für ein fünftägiges gewerkschaftliches Betriebsräteseminar. Der Arbeitgeber, ein Pressezustellservice, erkannte zwar die „Erforderlichkeit“ des Seminars nach § 37 Absatz 6 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz an, wollte aber keinen Freizeitausgleich für die vom Kläger beantragten 9 Arbeitstage erstatten.

Die Rechnung des Klägers im Einzelnen:

  • Schulungszeit: 8 Stunden täglich multipliziert mit 5 Tagen ergeben 40 Stunden
  • abzüglich tägliche Arbeitszeit 2,8 Stunden multipliziert mit 5 Tagen: 14 Stunden
  • errechneter Freizeitausgleich somit 26 Stunden – dividiert durch die tägliche Arbeitszeit von 2,8 Stunden ergeben 9,28 Arbeitstage

 

Das Stuttgarter Arbeitsgericht anerkannte den Anspruch des Klägers auf die Erstattung der 9 Arbeitstage. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 37 Absatz 3 Satz 1) habe ein Betriebsratsmitglied Anspruch auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts zum Ausgleich für eine Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen war. Dies gelte auch dann, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung außerhalb der Arbeitszeit des Betriebsratsmitglied erfolgt. Das Bundesarbeitsgericht (7 AZR 330/04) habe eindeutig auch die Teilzeitarbeit als solche „betriebliche Besonderheit“ angesehen, da die betriebliche Arbeitszeitgestaltung Teil der betrieblichen Organisation ist.


Daraus ergebe sich der Anspruch des Klägers auf den Freizeitausgleich von 9 Tagen. Der Arbeitgeber legte zwar noch Berufung gegen das Urteil ein, zog diese aber zurück, nachdem ihn das Landesarbeitsgericht Stuttgart am 6. Mai 2011 auf die Aussichtslosigkeit seines Begehrens aufmerksam gemacht hatte.