Dem Anspruch eines Leiharbeitnehmers auf Verringerung seiner Arbeitszeit steht nicht entgegen, dass im Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher anderweitige Arbeitszeitbestimmungen festgelegt sind. Entscheidend ist alleine, ob dem Teilzeitverlangen bei allen vertraglich möglichen Einsätzen betriebliche Gründe entgegenstehen.

Welcher Sachverhalt lag dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu Grunde?


Der Kläger ist bei der Beklagten mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 18 Wochenstunden beschäftigt. Die Beklagte ist berechtigt, dem Kläger sämtliche Tätigkeiten im "Basic Service 2" zuzuweisen. Zu diesen gehört neben einem Betreuungsdienst, dem der Kläger zugeordnet ist, eine Vielzahl anderer Tätigkeiten.

Die Beklagte übertrug ihren Betreuungsdienst auf einen Dienstleistungsanbieter und überließ diesem ua. den Kläger auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags. Später verpflichtete sich die Beklagte gegenüber dem Entleiher, ausschließlich Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden zu überlassen.

Der Kläger verlangt von der Beklagten, seine regelmäßige Wochenarbeitszeit auf zehn Stunden zu reduzieren. Die Beklagte macht geltend, die Arbeitszeitregelungen des Überlassungsvertrages stünden dem Verringerungsbegehren
entgegen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht
hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen.

Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?


Die Revision des Klägers hatte vor dem BAG Erfolg. Der gesetzliche Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit steht auch Arbeitnehmern zu, die bereits in Teilzeit arbeiten.

Die Arbeitszeitbestimmungen des Überlassungsvertrages berechtigten die Beklagte nicht, den Verringerungswunsch des Klägers abzulehnen. Entscheidend ist vielmehr, ob dem Teilzeitverlangen bei allen vertraglich möglichen Einsätzen betriebliche Gründe entgegenstehen.

Zu der Möglichkeit, den Kläger - gegebenenfalls im Wege eines Ringtausches - auf einem anderen Arbeitsplatz in ihrem Luftfahrtunternehmen einzusetzen, hatte die darlegungsbelastete Beklagte nichts vorgetragen.

Auswirkungen der Entscheidung auf die Praxis:

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz gilt auch für Leiharbeitnehmer. Nach einer dort enthaltenen Vorschrift hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Verringerung seiner Arbeitszeit, sofern keine betrieblichen Gründe entgegenstehen.

Vorliegend meinte der Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer an einen Dritten verliehen hatte, es bestünden betriebliche Gründe. Der Arbeitgeber hatte sich gegenüber dem Entleiher nämlich verpflichtet, nur Leiharbeitnehmer mit mindestens 18 Stunden wöchentlich zur Verfügung zu stellen.

Das BAG sah hierin jedoch keinen hinreichenden betrieblichen Grund, da der Arbeitnehmer  gegebenenfalls anders einsetzbar war.
Um sich auf betriebliche Gründe berufen zu können, hätte der Arbeitgeber behaupten und beweisen müssen, dass er den Arbeitnehmer mit weniger als 18 Stunden gar nicht mehr hätte einsetzen können. Dem Teilzeitverlangen hätten im Hinblick auf alle vom Arbeitnehmer geschuldeten Tätigkeiten betriebliche Gründe entgegenstehen müssen. Diese Argumentation wäre wohl von Erfolg gekrönt gewesen, der Arbeitgeber hatte es aber versäumt entsprechend vorzutragen.

Das LAG hatte in der zweiten Instanz noch anders entschieden. Nach seiner Auffassung war es ausreichend, dass der Kläger auf seinem aktuellen Arbeitsplatz nicht weniger als 18 Stunden wöchentlich arbeiten konnte. Dieses Organisationskonzept sah das LAG als berechtigt an, der Arbeitsplatz sei nicht weiter teilbar.
Andere Arbeitsplätze, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer durch Ausübung des Direktionsrechts hätte zuweisen können, waren nach Auffassung des LAG nicht zu berücksichtigen. Diese Argumentation hat das BAG klar verworfen.

Im Ergebnis bedeutet dies wohl einen höheren Begründungsaufwand für den Arbeitgeber, wenn er einem Leiharbeitnehmer die Erfüllung seines Teilzeitwunsches versagen will. Er muss dann darlegen, dass jeglicher Beschäftigung mit der verringerten Stundenzahl betriebliche Gründe entgegenstehen. Diese Gründe können auch einzelvertragliche Abreden mit den jeweiligen Entleihern sein.
Als Arbeitnehmer gilt es daher, entsprechend umfassend zu alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten vorzutragen.

Pressemitteilung des BAG zum Urteil vom 13.11.2012, Az: 9 AZR 259/11