Die Großbäckerei argumentierte mit einer dünnen Personaldecke
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Das Gewerkschaftsmitglied arbeitet seit Anfang Januar 2020 für den Großbäckereibetrieb als Maschinenbediener in der Verpackungsabteilung. In dem Werk gibt es etwa 270 Arbeitnehmer:innen, davon zuletzt 35 Teilzeitkräfte.

 

In der Verpackungsabteilung gibt es ein 19-Schichtmodell, beginnend mit der Samstag-Spätschicht bis zur Nachtschicht am folgenden Freitag.

 

Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit wird abgelehnt

 

Im August 2022 hatte der Kläger beantragt, seine Arbeitszeit von 38,5 auf 30 Wochenstunden zu reduzieren und diese auf montags bis donnerstags im Umfang von jeweils 7,5 Stunden zu verteilen. Das sollte ab Januar 2023 gelten.

 

Da der Arbeitgeber diesen Antrag ablehnte, kam es durch den DGB Rechtsschutz Hannover zur Klage beim örtlichen Arbeitsgericht.

 

Wie ist die Rechtslage beim Wunsch auf Teilzeit?

 

Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetzes (§ 8TzBfG) hat der Arbeitgeber einer Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Danach muss der Arbeitgeber rational nachvollziehbare, hinreichend gewichtige Gründe haben, der Verringerung der Arbeitszeit nicht zuzustimmen

 

Die Prüfung, ob betriebliche Gründe entgegenstehen, ist in drei Stufen vorzunehmen. Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und - wenn das der Fall ist- um welches Konzept es sich handelt. Insoweit ist auch zu prüfen, ob das behauptete Organisationskonzept tatsächlich durchgeführt wird und nicht nur zur Abwehr des Verringerungsantrags des Arbeitnehmers „vorgeschoben" wird.

In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht. Schließlich ist in dritter Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen.

 

Dabei ist für das Vorliegen der betrieblichen Gründe der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der Arbeitgeber den Arbeitszeitwunsch ablehnt. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen entgegenstehender betrieblicher Gründe trägt der Arbeitgeber.

 

Warum lehnt der Arbeitgeber die Verringerung der Arbeitszeit ab?

 

Er vertritt die Auffassung, der begehrten Teilzeit stünden betriebliche Gründe entgegen. Aufgrund der schwierigen Lage auf dem Arbeitsmarkt sei ausreichend qualifiziertes Ersatzpersonal für das wegfallende Arbeitszeitvolumen des Klägers nicht zu finden. Eine Kompensation dieses Arbeitszeitvolumens durch die aktuell Beschäftigten würde eine übermäßige Belastung dieser Arbeitnehmer bedeuten. Ein Ersatz durch Aushilfskräfte oder Leiharbeitnehmer komme deshalb nicht in Betracht, weil es hierzu einer Einarbeitung von mindestens drei Monaten bedürfe. Auch eine Veränderung des Schichtmodells sei aufgrund der Marktlage und der Anforderungen von Kunden nicht realisierbar. Anderen Teilzeitwünschen sei man in der Vergangenheit stets nur in besonderen Situationen persönlicher Beeinträchtigungen der jeweiligen Beschäftigten nachgekommen.

 

Was sagt das Arbeitsgericht zu den betrieblichen Gründen?

 

Das beklagte Unternehmen vermochte das Gericht nicht zu überzeugen. Der beantragten Teilzeit stünden weder in Bezug auf die begehrte Reduzierung noch in Bezug auf die begehrte Verteilung betriebliche Gründe entgegen.

 

Das ergebe sich bereits auf der ersten Prüfungsstufe, da die Beklagte schon kein betriebliches Organisationskonzept dargelegt habe, welches der Verringerung der Arbeitszeit des Klägers entgegenstehe. Das Organisationskonzept müsse die Arbeitszeitregelung bedingen, wovon nur ausgegangen werden könne, wenn dieses Konzept vom Arbeitgeber auch konsequent umgesetzt werde. Daran gemessen habe die Beklagte ein betriebliches Organisationskonzept nicht hinreichend dargelegt.

 

Die Beklagte habe sich lediglich darauf berufen, dass im Arbeitsbereich des Klägers ein 19- Schichtmodell beginnend mit der Samstag-Spätschicht und endend mit der Freitag-Nachtschicht praktiziert werde. Später im Verfahren habe sie ihren Vortrag hinsichtlich der konkreten Besetzung der jeweiligen Schichten ergänzt; ihr verbliebe insoweit „kein personeller Spielraum" mehr.

 

Dünne Personaldecke greift nicht als Argument 

 

Hierzu macht das Gericht ganz deutlich: Der bloße Verweis auf allgemeine Personalengpässe ersetzt kein Konzept, das eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeitvolumina und Arbeitszeitverteilung der Belegschaft bedingt. Es werde nicht klar, warum die Aufgaben des Klägers aus organisatorischen Gründen nicht von einer Teilzeitkraft erledigt werden könnten. Im Gegenteil sei der Fall, da unstreitig im Betrieb Arbeitnehmer:innen ihre Tätigkeiten in Teilzeit verrichten und der Schichtgruppe des Klägers ein weiterer Arbeitnehmer angehört, der mit dem Kläger begehrten Teilzeitvolumen und der vom Kläger begehrten Arbeitszeitverteilung eingesetzt wird.

 

Ein schlüssiges Konzept, nach dem im Betrieb nur eine bestimmte Anzahl von Stellen aus organisatorischen Gründen mit Teilzeitbeschäftigen besetzt werden können und dass dieses Kontingent durch die aktuell in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmer bereits voll ausgeschöpft wird, habe die Beklagte ebenfalls nicht vorgetragen.

 

Ohne Belang sei dabei, aus welchen Gründen die Beklagte anderen Arbeitnehmern in der Vergangenheit Teilzeitarbeit gewährt habe.

 

Verweis auf eine allgemein schwierige Arbeitsmarktlage reicht nicht aus

 

Auch der Einwand des Arbeitgebers, keine geeignete Ersatzkraft finden zu können, führte zu keiner anderen Einschätzung des Gerichts. Der Einwand sei nur beachtlich, wenn der Arbeitgeber nachweise, dass eine dem Berufsbild des Arbeitnehmers, der seine Arbeitszeit reduzieren möchte, entsprechende zusätzliche Teilzeitersatzkraft auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe. Der Arbeitgeber habe sich hierzu in der Regel an die Agentur für Arbeit zu wenden und darzulegen und zu beweisen, dass auch innerbetrieblich eine Ersatzkraft nicht zu finden sei.

 

Da sich der Arbeitgeber bemühen müsse, die durch die Arbeitszeitverringerung ausfallende Arbeitszeit durch Einstellung einer (Teilzeit-)Ersatzkraft auszugleichen, sei es auch seine Sache gewesen,

Hinderungsgründe dafür zu nennen. Dafür reiche es nicht aus, sich lediglich auf eine allgemein schwierige Arbeitsmarktlage zu berufen und anzugeben, wie viele Stellen für Anlagen- und Maschinenführer in Vollzeit in den vergangenen Monaten ausgeschrieben und besetzt wurden.

 

Ob der Versuch einer Kompensation des wegfallenden Arbeitszeitkontingents durch Leiharbeitnehmer rechtlich erforderlich und tatsächlich möglich gewesen wäre, ließ das Gericht vor diesem Hintergrund offen.