

Die Kollegin war seit dem 12. Juni 2007 in Vollzeit als Fuhrparkdisponentin in Wechselschicht beschäftigt. Nach der Geburt ihres Kindes im November 2012 ging sie in Elternzeit, die am 24.November 2013 endete.
Sie fand einen Krippenplatz für ihr Kind, die Betreuung war dort allerdings maximal bis 17 Uhr möglich. In Spätschicht (bis 22 Uhr) konnte sie somit nicht mehr arbeiten.
Bereits am 20. August 2013 hatte sie per E-Mail angeboten, dass sie nach der Elternzeit „montags bis freitags jeweils zwischen 07:00 Uhr und 16:30 Uhr flexibel sechs bis acht Stunden“ arbeiten könne. In Ausnahmefällen sei sie bereit, „nach vorheriger Absprache auch ab 06:00 Uhr bis 18:00 Uhr sowie einmal monatlich samstags“ zur Arbeit zu kommen.
Klage nach abgelehntem Antrag auf Arbeitszeitverringerung erfolgreich
Eine Einigung mit dem Arbeitgeber über ihre zukünftige Arbeitszeit kam nicht zustande. Deshalb stellte sie am 29. Oktober 2013 per E-Mail einen ausdrücklichen Antrag auf Arbeitszeitverringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit. Danach wollte sie an 30 Stunden in der Woche arbeiten, verteilt auf montags bis freitags jeweils von 08:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Die geänderte Arbeitszeit sollte sofort nach dem Ende der Elternzeit gelten.
Diesen Antrag lehnte der Arbeitgeber am 08. November 2013 ab. Die Kollegin zog vor Gericht. Das Arbeitsgericht gab ihrer Klage im Wesentlichen statt. Deshalb legte der Arbeitgeber Berufung ein.
Positive Entscheidung des Landesarbeitsgerichts
Auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz kam zu dem Ergebnis, dass die Kollegin zu den von ihr gewünschten Zeiten arbeiten darf. Es war der Auffassung, dass alle Voraussetzungen für einen Anspruch der Kollegin erfüllt waren.
Lediglich hinsichtlich des Zeitpunkts der Änderung wich das Gericht vom Antrag der Kollegin ab.
Allgemeine Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Veränderung der Arbeitszeit
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz sieht vor, dass eine Veränderung der Arbeitszeit nur möglich ist, wenn das Arbeitsverhältnis im Moment des Antrags bereits seit mindestens sechs Monaten besteht. Außerdem müssen im Betrieb in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt sein.
Beide Voraussetzungen waren bei der Kollegin erfüllt.
Auch, dass die Kollegin den Antrag per E-Mail an den Arbeitgeber geschickt hat, ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kein Problem.
Mindestankündigungsfrist
Die Kollegin wollte, dass sie unmittelbar nach dem Ende ihrer Elternzeit zu den von ihr gewünschten Zeiten arbeiten kann. Dazu hätte sie ihren Antrag aber früher stellen müssen. Zwischen Antrag und Beginn der neuen Arbeitszeit müssen nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz mindestens drei Monate liegen. Die Kollegin hat einen wirksamen Antrag am 29. Oktober 2013 gestellt und wollte bereits ab dem 24. November 2013 zu den geänderten Zeiten arbeiten. Sie hat also die Mindestankündigungsfrist nicht eingehalten.
Das führt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aber nicht dazu, dass der Arbeitgeber den Antrag der Kollegin überhaupt nicht beachten muss. Wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind, muss er sie drei Monate nach ihrem Antrag, also ab dem 30. Januar 2014, wie gewünscht beschäftigen.
Zwei-Jahres-Frist
Wer einmal einen Antrag auf Verringerung und Verlegung der Arbeitszeit gestellt hat, kann nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz einen weiteren Antrag erst stellen, wenn zwei Jahre vergangen sind.
Die Kollegin hatte sich am 20. August 2013 erstmals und dann schon am 29. Oktober 2013 an ihren Arbeitgeber mit der Bitte um Verringerung und Verlegung der Arbeitszeit gewandt. Dies war nach dem Landesarbeitsgericht aber unschädlich, weil der erste „Antrag“ zu unbestimmt war und deshalb die Zwei-Jahres-Frist nicht ausgelöst hat.
Zustimmungsfiktion
Lehnt ein Arbeitgeber einen entsprechenden Antrag nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung und Verlegung schriftlich ab, gilt automatisch die neue Arbeitszeit.
Auf diese so genannte Zustimmungsfiktion des Teilzeit- und Befristungsgesetzes konnte sich die Kollegin jedoch nicht berufen. Die Fiktion greift nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur dann ein, wenn die oben beschriebene Mindestankündigungsfrist eingehalten ist. Dies war bei der Kollegin nicht der Fall.
Betriebliche Gründe
Liegen alle Bedingungen vor, muss der Arbeitgeber seine Mitarbeiterin wie gewünscht beschäftigen. Es sei denn, es gibt betriebliche Gründe, die dem entgegenstehen.
Im Fall der Kollegin trug der Arbeitgeber vor, arbeitsorganisatorische Gründe stünden ihrem Wunsch entgegen. Wenn die Kollegin wunschgemäß beschäftigt würde, führte das dazu, dass das beim Arbeitgeber praktizierte Schichtmodell nicht mehr funktionierte. Das Gericht kam in diesem Zusammenhang zu dem Ergebnis, dass der Arbeitgeber dies durch geeignete Maßnahmen vermeiden kann. Insoweit liegt also kein betrieblicher Grund vor.
Arbeitgeber hätte Ersatzkraft suchen müssen
Darüber hinaus wies das Landesarbeitsgericht auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juli 2004 hin. Danach ist ein Arbeitgeber verpflichtet, eine Ersatzarbeitskraft zu suchen, wenn wegen des Verringerungswunsches bestimmte Arbeitszeiten nicht mehr abgedeckt sind.
Im Prozess vor dem Arbeitsgericht muss der Arbeitgeber darlegen und ggfls. beweisen, welche Maßnahmen er zur Suche einer Ersatzkraft unternommen hat und warum die Suche gescheitert ist. Behauptet der Arbeitgeber, er habe niemanden gefunden, muss er nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz zusätzlich darlegen und ggfls. beweisen, dass eine entsprechende Teilzeit-Ersatzkraft auf dem maßgeblichen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht.
Zu alledem hat der Arbeitgeber der Kollegin nichts vorgetragen, Deshalb konnte er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass betriebliche Gründe den Wünschen der Kollegin entgegenstehen, weil bei einer Erfüllung Arbeitszeit „ausgefallen“ wäre.
Anmerkung: Ablehnung des Teilzeitantrags nicht hinnehmen!
Die vorgestellte Entscheidung zeigt: Es kann sich durchaus lohnen, eine negative Reaktion auf den Wunsch einer Verringerung und Verlegung der Arbeitszeit nicht einfach hinzunehmen. Stattdessen ist es häufig sinnvoll, sich mit Hilfe der DGB Rechtsschutz GmbH vor dem Arbeitsgericht dagegen zu wehren.
Das Urteil des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 17.06.2015, Az.: 4 Sa 216/14 hier im Volltext
Die in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann hier nachgelesen werden.
BAG, Urteil vom 20.07.04, 9 AZR 626/03
BAG, Urteil vom 20.01.2015, 9 AZR 860/13
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