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Wie ist eine Vereinbarung zu verstehen, wonach der Arbeitgeber zum Ende des Arbeitsverhältnisses einen Nettobetrag in eine Direktversicherung einzahlt?
© Adobe Stock - Von MQ-Illustrations Wie ist eine Vereinbarung zu verstehen, wonach der Arbeitgeber zum Ende des Arbeitsverhältnisses einen Nettobetrag in eine Direktversicherung einzahlt?

Mit dem Monat des Ausscheidens bei seiner Arbeitgeberin erhielt Neumann die Abfindung und auch die vereinbarte Zahlung in die Direktversicherung. Dies war in der Lohnabrechnung ausgewiesen und wurde in eine Direktversicherung vom Arbeitgeber einbezahlt. Alles wie besprochen.

 

Lohnabrechnung zunächst richtig

 

Nach Ablauf der Laufzeit der Direktversicherung und seinem Rentenbeginn ließ Neumann sich dann das Kapital als Einmalzahlung auszahlen.

 

Völlig überrascht war er, als die Krankenkasse Beiträge forderte und ihm gesagt wurde, die Steuer würde auch noch zuschlagen. Es war doch ausdrücklich netto vereinbart, also sollte das doch der Arbeitgeber tragen, meinte Neumann.

 

Klage vor dem Arbeitsgericht

 

Neumann versuchte es erst außergerichtlich. Dann reichte er Klage beim Arbeitsgericht ein, mit dem Ziel, dass die Firma die Kranken und Pflegekassenbeiträge zahlt und auch die Einkommensteuer, die demnächst auf die Einmalzahlung anfällt.

 

Modell Direktversicherung

 

Die stark beworbene Direktversicherung stellt sich öfter als Mogelpackung heraus, um es vorsichtig zu formulieren. Es wird in der Regel auf einen gewissen Bruttobetrag verzichtet. Ein Beispiel: Es wird auf 100 € brutto verzichtet, das sind netto nur 55 € weniger und 100 € werden in die Direktversicherung einbezahlt. Das sieht dann nach gutem Geschäft aus. Man hat nur 55 € weniger im Monat und 100 € werden gespart.

 

Krankenkassenbeiträge bei Direktversicherung

 

Was bei Abschluss der Verträge viele nicht wussten, ist, dass diejenigen, die nachher eine Rente daraus bekommen oder sich die Summe mit einer Einmalzahlung auszahlen lassen, nicht nur die halben Kranken/Pflegeversicherungsbeiträge, wie bei der normalen Lohnabrechnung zu zahlen haben, sondern die vollen. Die bis 2019 geltende Freigrenze wurde schnell überschritten und dann fällt die volle Beitragspflicht auf die komplette Summe und nicht nur den übersteigenden Betrag an. Prozesse führten in der Regel nicht zum Erfolg. Nach vielen, vielen Proteste hat der Gesetzgeber wenigstens aus der Freigrenze einen Freibetrag gemacht.

 

Beitragsberechnung bei Einmalzahlung

 

2023 beträgt der Freibetrag 169,75 €. Das heiß erst ab dieser Höhe werden Krankenversicherungs-Beiträge auf Versorgungsbezüge fällig.

Neumann hat den Freibetrag aber schon durch eine andere Rente fast ausgereizt. Da er sich für die Auszahlung als Einmalleistung entschieden hat, gilt als monatliche beitragspflichtige Einnahme 1/120 der Leistung für längstens zehn Jahre (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Der Auszahlungsbetrag wird durch 120 geteilt und das Ergebnis ist dann beitragspflichtig, sofern es den Freibetrag übersteigt. Mehrere Versorgungsbezüge werden zusammengezählt. Neumann will nicht zehn Jahre Beiträge zahlen.

 

Grundsätzliche Behandlung bei der Einkommensteuer

 

Beworben wurde die Direktversicherung auch damit, dass die Versicherten durch die nachgelagerte Versteuerung sparen. Es wurde davon ausgegangen, dass die Belastung durch die Einkommensteuer während des Gehalt/Lohnbezugs höher ist, als zu Rentenzeiten.

Wenn die Versicherungssumme als Einmalbetrag zur Auszahlung kommt und trifft noch mit anderen Einkünften wie noch Arbeitseinkommen, anderen Auszahlungen zusammen, ist nicht nur der Spareffekt weg, sondern wird unter dem Strich teurer.

Auf Neumanns Lohnabrechnung ist der Zahlbetrag, der in die Direktversicherung ging, durchlaufender Posten. Also muss er davon ausgehen, dass seine Arbeitgeberin keine Steuer übernommen hat, und falls er den Rechtsstreit verliert, er auch noch die ganze anfallende Einkommensteuer tragen muss.

 

Die Zusatzvereinbarung

 

Als Neumann und die Firma sich auf sein Ausscheiden einigten, wurde dies in einer schriftlichen Zusatzvereinbarung formuliert.

Die Firma hatte sich darin verpflichtet, die Entgeltumwandlung mit dem letzten Gehalt zu zahlen. Und die Zahlung verstehe sich als Nettobetrag. Die Steuer-und Sozialversicherungslast dieser Auszahlung trage die Firma.

 

Die Meinungen

 

Die Firma sagt, sie sei dem nachgekommen, indem sie bei der Lohnabrechnung die Steuer übernommen habe. Dies sei eine Pauschalversteuerung nach § 40 b EStG alter Fassung gewesen. Sozialversicherung sei nicht angefallen. Niemals hätte man einer Regelung zugestimmt, deren Auswirkungen wegen evtl. gesetzlicher Änderungen gar nicht abschätzbar waren. Der Wortlaut sei außerdem eindeutig, da von der o.g. Zahlung die Rede war und das war der Vorgang um die letzte Lohnabrechnung.

 

Neumann kann die Behauptung hinsichtlich der Steuer nicht überprüfen, da er auf seiner Lohnabrechnung davon nichts sieht. Die Nettoleistung sei so zu verstehen, dass auch die spätere Auszahlung ohne Abgaben an ihn erfolgen solle.

 

Klageänderung

 

Wenn die Firma, wie sie behauptet, die Pauschalbesteuerung vorgenommen hat, dann ist das für Neumann schon einmal sehr vorteilhaft, weil dann nicht die volle Summe, sondern nur der vom Finanzamt dann zu ermittelnde Ertragsanteil zu besteuern ist. Der Ertragsanteil ist ein prozentualer Wert und ist bei Rentenbeginn der privaten Rentenversicherung abhängig vom Alter des Versicherten (§ 22 Nr.1 Satz 3 EStG). Der Ertragsanteil sinkt mit dem Alter und beträgt z.B. bei 60-jährigem 22 %.  Das macht sich bemerkbar, ob z.B. 15.000 € voll besteuert werden oder nur 3.300 € der Steuer unterliegen. Neumann will eine Bescheinigung über die Pauschalversteuerung durch die Firma, damit er das gegenüber dem Finanzamt nachweisen kann.

 

Klage wird abgewiesen

 

Im Kammertermin bekommt Neumann die Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt und reduziert nach Drängen des Gerichts den Rechtsstreit auf die Kranken – und Pflegekassenbeiträge. Da fühlt er sich weiterhin getäuscht, denn man habe es so aussehen lassen, als würden die Beiträge übernommen und dabei wären damals dann gar keine angefallen.

 

Das Arbeitsgericht Aachen hat die Klage abgewiesen.

 

Begründung des Gerichts

 

Mit der Zusatzvereinbarung sei nur geregelt, dass der Betrag mit der letzten Gehaltsabrechnung als Nettobetrag ausgezahlt werde. Nur diese konkrete Versorgungsaufwendung wäre Gegenstand der Zusatzvereinbarung geregelt und nicht, dass Neumann bei Auszahlung der Rentenzahlung oder Kapitalabfindung durch die Versicherung diesen Betrag auch Netto bekommen solle. Die Firma hätte ja auch damals gar nicht abschätzen können, welche Steuerlast und welche Sozialbeiträge anfallen. Der Wortlaut der Vereinbarung wird als eindeutig angesehen.

  

 

 

Das sagen wir dazu:

Neumann hat die Vereinbarung anders verstanden. Der Wortlaut sprach gegen ihn. Das Gerichtsverfahren hat ihm aber wenigstens eine erhebliche Senkung der Einkommensteuer für das betroffene Jahr gebracht, da er jetzt die Pauschalversteuerung durch den Arbeitgeber belegen kann. Das macht sich sehr bemerkbar, denn er hat in dem Jahr noch eine Auszahlung einer steuerpflichtigen Versicherungssumme.