Nach neun Stunden schloss die Vorsitzende Richterin Dr. Oda Hinrichs gegen 20 Uhr die Verhandlung. Sie hatte neben den Prozessparteien auch die beiden Kinder der pflegebedürftigen Frau vernommen, die die Klägerin betreut hat.

Zeiten von Arbeit und Bereitschaft sind mit dem Mindestlohn zu vergüten

Zu klären war, in welchem Umfang die Klägerin, die vom DGB Rechtsschutz Büro Berlin vertreten wurde, im Haushalt tätig war bzw. Bereitschaftsdienst hatte, und in welchem Umfang Freizeit. Sofern sie gearbeitet hat oder in Bereitschaft war, ist dies zu vergüten. Im Arbeitsvertrag waren hierfür nur 30-Arbeitsstunden vereinbart.

Das Gericht hat jetzt den Parteien sechs Wochen Zeit gegeben, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Danach wird es über den weiteren Fortgang des Verfahrens entscheiden.

Gert Groppel vom ver.di Kontaktbüro der DGB Rechtsschutz GmbH, der das komplette Verfahren begleitet hat, wagt eine erste Prognose: „Den Kindern ist es erkennbar darauf angekommen, dass immer jemand im Haus war. Die Gegenseite kann sich nicht darauf berufen, die Klägerin habe ja auch woanders wohnen können. Die 30 Stunden sind keineswegs zu halten.“

Wie geht es weiter?

Der Prozessvertreter der Klägerin, Dr. Hanns Pauli, wird gemeinsam mit der Klägerin das umfangreiche Beweisprotokoll analysieren und dann Stellung nehmen. Dann muss das Gericht entscheiden, ob es das Verfahren entscheiden kann, oder ob es weitere Zeuginnen hört. Die von der Klägerin benannte Vertreterin war krankheitsbedingt nicht erschienen, die Gegenseite hat sich vorbehalten, eine weitere Vertreterin als Zeugin zu benennen. Mit einer weiteren Verhandlung ist nicht vor Mitte Juni zu rechnen.

In einem vorherigen Verfahren hatte das Gericht die Arbeitszeit der Klägerin auf 21 Stunden geschätzt und ihr auf dieser Basis Mindestlohn zugesprochen (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. August 2020 – 21 Sa 1900/19).

Hiergegen war die Gegenseite in Revision gegangen. Daraufhin hatte das Bundesarbeitsgericht in einer viel beachteten Entscheidung am 24. Juni 2021 (5 AZR 505/20) festgestellt, dass ausländischen Betreuungskräften, die nach Deutschland entsandt sind und in einem Privathaushalt arbeiten, der allgemeine Mindestlohn zusteht.

Das Bundesarbeitsgericht konnte lediglich den Umfang der Arbeitsleistung nicht nachvollziehen und hatte das Verfahren deshalb an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen, das diese Frage jetzt im Wege der Beweisaufnahme klärt. Die Klägerin wird in allen Instanzen durch die DGB Rechtsschutz GmbH vertreten.

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