Tariferhöhungen sind regelmäßig auf Zulagen anrechenbar. Copyright by Wissmann Design und fizkes/Adobe Stock
Tariferhöhungen sind regelmäßig auf Zulagen anrechenbar. Copyright by Wissmann Design und fizkes/Adobe Stock

Eine übertarifliche Zulage setzt zunächst einmal voraus, dass Maria in einem Betrieb arbeitet, in dem ein Tarifvertrag gilt, der ihre Vergütung regelt. Ist arbeitsvertraglich vereinbart, dass sie zusätzlich zu ihrem Tariflohn eine Zulage enthält, ist dies eine übertarifliche Zulage.
Ob der Arbeitgeber eine Erhöhung des Tariflohnes auf Marias Zulage anrechnen darf, hängt von den Antworten auf folgende Fragen ab.
 

 

Gibt es eine ausdrückliche Vereinbarung?

Arbeitgeber singen ständig das hohe Lied der Flexibilität. Deshalb nehmen sie gerne in ihre Formulararbeitsverträge eine Regelung auf, die ihnen eine Anrechnung ausdrücklich erlaubt. Ein solcher Passus könnte etwa lauten:
„Herr/Frau … erhält eine übertarifliche Zulage in Höhe von … € pro Monat. Erhöhungen des Tariflohns sind auf diese Zulagen jederzeit und in voller Höhe anrechenbar."
Enthält Marias Arbeitsvertrag eine solche Bestimmung, kann der Arbeitgeber beliebig anrechnen.
Denkbar, wenn auch in der Praxis eher selten. wäre auch eine Vereinbarung, die etwa lautete:
„Herr/Frau … erhält eine übertarifliche Zulage in Höhe von … € pro Monat. Erhöhungen des Tariflohns sind auf diese Zulagen nicht anrechenbar.“
 
In beiden Fällen entscheidet die vertragliche Vereinbarung allein darüber, ob eine Anrechnung zulässig ist oder nicht.
 

Ist die Zulage ein selbständiger Bestandteil des Entgelts?

Grundsätzlich darf der Arbeitgeber die Tariflohnerhöhung auch dann auf die Zulage anrechnen, wenn im Arbeitsvertrag nichts dazu geregelt ist. Etwas anderes gilt nur, wenn die Zulage als ein selbständiger Entgeltanteil anzusehen ist. Es stellt sich also die Frage, ob Maria die Zulage unabhängig von einer eventuellen Erhöhung des Tariflohnes erhalten soll. Mangels einer ausdrücklichen Regelung ist diese Frage durch eine Auslegung des Arbeitsvertrags zu entscheiden. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.
 

Reicht es, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Zulage zahlt?

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.08.2008 liegt in der tatsächlichen Zahlung einer Zulage „keine vertragliche Abrede, die Zulage solle auch nach einer Tariflohnerhöhung als selbständiger Lohnbestandteil neben dem jeweiligen Tariflohn gezahlt werden.“
Als Begründung dafür gibt das Gericht an, eine übertarifliche Zulage nehme eine Tariflohnerhöhung vorweg. Für den Arbeitgeber sei nicht absehbar, ob er im Hinblick auf Tariflohnerhöhungen weiter in der Lage sein werde, eine bisher gewährte Zulage in unveränderter Höhe fortzuzahlen. Dies sei für Arbeitnehmer*innen auch erkennbar. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien eine Anrechenbarkeit der Tariflohnerhöhung vereinbart haben. Außerdem spreche für dieses Ergebnis, dass sich auch bei einer Anrechnung die Gesamtvergütung nicht verringere.
Festzuhalten bleibt also, dass eine Möglichkeit zur Anrechnung in aller Regel dem Willen der Parteien des Arbeitsvertrags entsprechen.
 

Reicht es, dass der Arbeitgeber regelmäßig nicht angerechnet hat?

Ein Argument dafür, dass auch der Arbeitgeber von einem selbständigen Entgeltanteil ausgeht, könnte sein, dass er die Zulage trotz Tariflohnerhöhungen über einen längeren Zeitraum vorbehaltslos bezahlt hat.
Dazu schreibt das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 31.10.1995:
Die Zusage, dauerhaft nicht anzurechnen, kann sich „… auch aus einer betrieblichen Übung ergeben. Für deren Annahme genügt es aber nicht, daß die Zulage … über mehrere Jahre vorbehaltlos gezahlt und nicht mit Tariferhöhungen verrechnet worden ist.“
Allein aufgrund einer mehrjährigen Bezahlung der Zulage trotz Tariflohnerhöhungen folgt also nicht, dass die Zulage ein selbständiger Entgeltanteil ist.
 

Reicht es, wenn Tariflohn und Zulage getrennt auf der Abrechnung erscheinen?

Die Ausweisung eines Gesamtlohnes, der Tariflohn und Zulage beinhaltet, ist regelmäßig ein deutliches Anzeichen und ein gewichtiges Indiz für eine Berechtigung zur Anrechnung. Auf der anderen Seite spricht die Aufteilung in Tariflohn und Zulage noch nicht für ein Anrechnungsverbot.
 

In welchen Fällen ist von einem selbständigen Entgeltanteil auszugehen?

Das ist der Fall, wenn Maria und ihr Arbeitgeber vereinbart haben, dass sie die Zulage unabhängig von Tariflohnerhöhungen bekommen soll. Dies kommt vor allem in Betracht, wenn die Zulage an besondere Voraussetzungen geknüpft ist. So können beispielsweise Leistungs- oder Schmutzzulagen sowie Treueprämien ein selbständige Entgeltanteil sein.
Diejenigen Tatsachen, die dafür sprechen, dass ein selbständiger Entgeltanteil vorliegt, muss Maria im Prozess darlegen und ggfls. beweisen.
 
 
Hier finden Sie die vollständigen Urteile:
 
BAG 27.08.2008;  5 AZR 820/07
 
BAG 31.10.1995;  1 AZR 276/95