Eintragung der Kinderanzahl auf der Lohnsteuerkarte gibt’s nicht mehr. Copyright by Adobe Stock/ T. Michel
Eintragung der Kinderanzahl auf der Lohnsteuerkarte gibt’s nicht mehr. Copyright by Adobe Stock/ T. Michel

In einem 2018 abgeschlossenen Sozialplan wurde vereinbart, dass Arbeitnehmer*innen, die aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung bzw. im Rahmen einer einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsvertrags ausscheiden eine Abfindung erhalten. Für Arbeitnehmer*innen, die einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustimmen, sollte sich der Abfindungsbetrag um 5.000 Euro je Kind, das am Stichtag (Abschluss des Sozialplans) auf der Lohnsteuerkarte eingetragen ist, erhöhen.
 
Die Klägerin, eine Mutter von zwei kleinen Kindern, stimmte der einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zu und begehrte die Zahlung von Kinder-Zuschlägen zur Abfindung in Höhe von 10.000 Euro. Sie arbeitete in einer Teilzeittätigkeit und hatte die Lohnsteuerklasse V gewählt.
 

Erstinstanzlich erfolglos

Nachdem der Arbeitgeber die Kinder-Zuschläge in Höhe vom 10.000 Euro nicht an die Mutter ausbezahlte erhob sie Klage beim Arbeitsgericht Darmstadt. Mit Urteil vom 21.11. 2019 wurde die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung legte die Arbeitnehmerin Berufung beim Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) ein..
 

Sozialplan-Regelung benachteiligt Frauen

Das Berufungsgericht legte die den Kinder-Zuschlag betreffende Formulierung so aus, dass bei den Eltern ein Kinderfreibetrag als Lohnsteuerabzugsmerkmal gespeichert sein müsse.
Schon seit 2014, so das LAG, würden jedoch keine Lohnsteuerkarten mehr verwendet, in die bis dahin Kinderfreibeträge eingetragen wurden. Bei allen Personen, welche die Lohnsteuerklasse V gewählt haben, werde seither ein Kinderfreibetrag nach dem Einkommenssteuergesetz als Lohnsteuerabzugsmerkmal nicht mehr berücksichtigt. Kinderfreibeträge finden nur noch in den Lohnsteuerklassen I  - IV Berücksichtigung.
 

Genereller Ausschluss des Kinder-Zuschlags bei Lohnsteuerklasse V?

Nach der Regelung des Sozialplans sollte ausschließlich über den Freibetrag nachgewiesen werden können, dass eine Unterhaltspflicht für ein Kind bestand. Eltern mit der Lohnsteuerklasse V seien daher von einem Abfindungszuschlag generell ausgeschlossen worden. Die Lohnsteuerklasse V wird überwiegend von Frauen gewählt, deren Ehepartner einen höheren Arbeitsverdienst erzielen.


Kinder-Zuschlag muss gezahlt werden

Unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung wurde die Arbeitgeberin verurteilt, der Klägerin die Kinder-Zuschläge zur Abfindung zur Auszahlung zu bringen. Wegen der mittelbaren Benachteiligung durch den Sozialplan habe sie den gleichen Anspruch wie die übrigen Arbeitnehmer*innen mit unterhaltsberechtigten Kindern.
 
Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
 
 
Hier finden Sie das vollständige Urteil des Hess. LAG

Rechtliche Grundlagen

Auszüge aus dem Einkommensteuergesetz (EStG)

§ 38b EStG, Abs. 2
Lohnsteuerklassen, Zahl der Kinderfreibeträge

(2) 1Für ein minderjähriges und nach § 1 Absatz 1 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind im Sinne des § 32 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3 werden bei der Anwendung der F:Steuerklassen I bis IV:F die Kinderfreibeträge als Lohnsteuerabzugsmerkmal nach § 39 Absatz 1 wie folgt berücksichtigt:
1.
mit Zähler 0,5, wenn dem Arbeitnehmer der Kinderfreibetrag nach § 32 Absatz 6 Satz 1 zusteht, oder
2.
mit Zähler 1, wenn dem Arbeitnehmer der Kinderfreibetrag zusteht, weil
a)
die Voraussetzungen des § 32 Absatz 6 Satz 2 vorliegen oder
b)
der andere Elternteil vor dem Beginn des Kalenderjahres verstorben ist oder
c)
der Arbeitnehmer allein das Kind angenommen hat.
2Soweit dem Arbeitnehmer Kinderfreibeträge nach § 32 Absatz 1 bis 6 zustehen, die nicht nach Satz 1 berücksichtigt werden, ist die Zahl der Kinderfreibeträge auf Antrag vorbehaltlich des § 39a Absatz 1 Nummer 6 zu Grunde zu legen. 3In den Fällen des Satzes 2 können die Kinderfreibeträge für mehrere Jahre gelten, wenn nach den tatsächlichen Verhältnissen zu erwarten ist, dass die Voraussetzungen bestehen bleiben. 4Bei Anwendung der Steuerklassen III und IV sind auch Kinder des Ehegatten bei der Zahl der Kinderfreibeträge zu berücksichtigen. 5Der Antrag kann nur nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck gestellt werden.



§ 39 Abs. 4 Nr. 2 EStG
Lohnsteuerabzugsmerkmale
4) Lohnsteuerabzugsmerkmale sind
1.
Steuerklasse (§ 38b Absatz 1) und Faktor (§ 39f),
2.
F:Zahl der Kinderfreibeträge bei den Steuerklassen I bis IV (§ 38b Absatz 2),:F
3.
Freibetrag und Hinzurechnungsbetrag (§ 39a),
4.
Höhe der Beiträge für eine private Krankenversicherung und für eine private Pflege-Pflichtversicherung (§ 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe d) für die Dauer von zwölf Monaten, wenn der Arbeitnehmer dies beantragt,
5.
Mitteilung, dass der von einem Arbeitgeber gezahlte Arbeitslohn nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Lohnsteuer freizustellen ist, wenn der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber dies beantragt