Eigentlich kam die Mandantin zu uns wegen einer Kündigung. Kaum war der Vorbesitzer gestorben, wurde der Mandantin betriebsbedingt gekündigt. Dagegen konnten wir rechtlich nichts machen, da im Betrieb nur die Klägerin beschäftigt war und die Kündigungsfrist eingehalten wurde. Beim Durchblättern ihrer Unterlagen fiel mir dann jedoch der niedrige Stundenlohn auf, und ich habe ihr angeboten, dagegen rückwirkend vorzugehen.

Wie sollten Arbeitnehmer im konkreten Fall vorgehen – besonders wenn es im Unternehmen keinen Betriebs- oder Personalrat gibt?


Dafür gibt es die kostenlose Beratung bei der zuständigen Gewerkschaft. Ist der Lohn zu niedrig, kann in einer Rechtsberatung bei den Juristen der DGB Rechtsschutz GmbH geklärt werden, ob eine Klage Aussicht auf Erfolg hätte. Wichtig ist, die Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag zu beachten. Diese entscheiden darüber, wie weit zurück der Anspruch auf höhere Bezahlung geltend gemacht werden kann. Die Ausschlussfristen müssen mindestens drei Monaten betragen. Eine vereinbarte Ausschlussfrist unter drei Monaten werten die Gerichte als unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers, so dass diese unwirksam ist.

 

Die Angst vor Arbeitsplatzverlust lässt viele in unterbezahlten Stellen ausharren. Welche Möglichkeiten gibt es, gegen Sittenwidrigkeit vorzugehen, ohne gekündigt zu werden?

 

Mit der Gewerkschaft im Rücken kann eigentlich nichts passieren. In der Regel hat ein Schreiben an den Arbeitgeber Wirkung, wenn im Briefkopf DGB Rechtsschutz GmbH steht. Die Firmen haben durchaus Angst vor gerichtlichen Auseinandersetzungen. Arbeitnehmer sind gesetzlich geschützt durch das Maßregelungsverbot im § 612a BGB: Wer in zulässiger Weise von seinem Recht Gebrauch macht, darf nicht durch Abmahnung oder Kündigung vom Arbeitgeber „bestraft“ werden.

 

Sittenwidriger Lohn

 

Wann ein Lohn sittenwidrig ist, ist nicht eindeutig geregelt. Als Maßstab wird die übliche Vergütung in dem jeweiligen Wirtschaftsraum zugrunde gelegt. Da im Fall der unterbezahlten Floristin keine Zahlen der örtlichen Industrie- und Handelskammer vorlagen, wurde der Tariflohn aus dem Tarifvertrag für Floristen herangezogen. Zur Sittenwidrigkeit gibt es eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen. Der BGH hat in einem Urteil zu Lohnwucher die Zahl 63 Prozent zugrunde gelegt, unter der von einer sittenwidrigen Bezahlung auszugehen ist. Das BAG hat dagegen in einem Urteil einen Richtwert von zwei Dritteln festgestellt.