Auch nach Ende des Unterrichts stellt der laufende Betrieb einer Schule besondere Anforderungen an die Reinigungskräfte. Copyright by Susanne/Adobe Stock
Auch nach Ende des Unterrichts stellt der laufende Betrieb einer Schule besondere Anforderungen an die Reinigungskräfte. Copyright by Susanne/Adobe Stock

Im Januar 2017 hatten die bei der Stadt Bielefeld angestellten Reinigungskräfte einen höheren Tariflohn beantragt. Die Stadt lehnte ab. Die Entgeltgruppe 1 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) sei schon richtig. Mit gewerkschaftlicher Unterstützung zogen zwei der Mitarbeiterinnen, die in Schulen eingesetzt sind, vor Gericht.
 

Entgeltgruppe 1 oder Entgeltgruppe 2?

Das war hier die Frage. Entgeltgruppe 1 ist vorgesehen für Beschäftigte mit einfachsten Tätigkeiten, wie Spülen und sonstige Tätigkeiten im Haus- und Küchenbereich oder das Reinigen von Außenbereichen wie Höfen, Wegen und Grünanlagen. Auch wenn es die Beispiele im Tarifvertrag nicht hergeben, fallen darunter auch Reinigungen im Innenbereich.
 
Die Entgeltgruppe 2 (EG 2) gilt für ungelernte Beschäftigte, die konkret genannt sind. Dazu zählen Beschäftigte für die Reinigung von Gebäuden mit besonderen Anforderungen durch den laufenden Betrieb der Einrichtung (in Zeiten des Publikumsverkehrs oder der Öffnungszeiten/Bürozeiten) oder mit selbstfahrenden Reinigungsmaschinen.
 

Arbeitsgericht Bielefeld verneint besondere Anforderungen bei Reinigung in der Schule

In erster Instanz unterlagen die Klägerinnen. Für die EG 2 reiche eine Reinigung im laufenden Betrieb der Einrichtung nicht. Die Auslegung der Tarifnorm ergebe, dass die Reinigung im laufenden Betrieb mit besonderen Anforderungen verbunden sein müsse.
 
Solche besonderen Anforderungen seien nicht zu erkennen, da die Reinigung nach Ende des Unterrichts erfolgt. Bei den Raumbelegungen am Nachmittag durch Klassenkonferenzen, Fördervereine, Elternsprechtage etc. handele es sich um Ausnahmen. Auch die geöffnete Ganztagsbetreuung spiele keine Rolle, da diese Räume erst zu reinigen sind, wenn dort geschlossen ist. Zumindest mache die Reinigung unter den besonderen Anforderungen nicht mindestens die Hälfte der Reinigungstätigkeiten aus. Erst dann lägen die Voraussetzungen für eine Vergütung nach der EG 2 vor.
 

Landesarbeitsgericht Hamm bejaht besondere Anforderungen bei Reinigung in der Schule

Das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) sieht die besondere Anforderung bereits im laufenden Betrieb an sich. Die beklagte Stadt las den Tarifvertrag so, dass über den laufenden Betrieb noch erschwerte Bedingungen hinzukommen müssten. Dem schloss sich das Arbeitsgericht an, das LAG nicht.
 
Für die Richter*innen beim LAG ist es dabei unerheblich, wann der Schulbetrieb endet, wann die Ganztagsbetreuung beginnt und endet. Da es für die tarifliche Bewertung auf den Arbeitsvorgang ankomme, könnten sich wiederholende, gleiche Tätigkeiten zusammengefasst werden. Das LAG kommt so zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit einer Reinigungskraft einen einheitlichen Arbeitsvorgang darstellt.
 
Und dieser Arbeitsvorgang ist gesamt zu werten, und zwar hier nach der EG 2, auch, wenn vielleicht nicht die gesamten Einzeltätigkeiten mit besonderen Anforderungen verbunden sind.
 

Die Stadt Bielefeld hat das Urteil akzeptiert

Auf weitere Rechtsmittel hat die Stadt verzichtet. Das Urteil ist rechtskräftig und es gab Nachzahlungen ab Januar 2017.
 
Die städtischen Reinigungskräfte erhalten nun monatlich zwischen 414 und 620 € mehr. Das ist abhängig davon, wie lange sie schon beschäftigt sind (Stufenzuordnung). Die Zahlen gelten für Vollzeitkräfte. Wer in Teilzeit arbeitet, bekommt ein anteiliges Entgelt nach der EG2, je nach Anzahl der Wochenstunden.
 
LINKS:
 
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm ist in der Rechtsprechungsdatenbank NRW im Volltext nachzulesen.

Das sagen wir dazu:

Den tatsächlichen Gegebenheiten an den Schulen, vor allem mit offenem Ganztag, wird es gerecht, die besondere Anforderung schon im laufenden Betrieb an sich zu sehen.

Die Begründung der zweiten Instanz ist erfrischend nah am Leben. Der Vorgang der Gebäudereinigung wird bei der Auslegung des Tarifvertrags nicht unnatürlich aufgesplittet. Das ist richtig, denn alle Arbeitsschritte dienen letztlich der Reinigung. Es kommt also für die Eingruppierung nicht darauf an, ob jede Einzeltätigkeit für sich besondere Anforderungen an die Reinigungskraft stellt. Das wäre auch alles andere als praktikabel, da es ansonsten für eine Eingruppierung erforderlich wäre, im Einzelfall die Störungen und Erschwernisse an den einzelnen Schulen – oder anderen städtischen Einrichtungen - zu überprüfen.

Rechtliche Grundlagen

Auszüge aus dem Anhang zu Teil A § 11 a Eingruppierungsverzeichnis zum TVöD-NRW

Entgeltgruppe 1 Beschäftigte mit einfachsten Tätigkeiten, zum Beispiel
-Essens-und Getränkeausgeber/innen,
-Garderobenpersonal,
-Spülen und Gemüseputzen und sonstige Tätigkeiten im Haus -und Küchenbereich,
-Reiniger/innen in Außenbereichen wie Höfe, Wege, Grünanlagen, Parks,
-Wärter/innen von Bedürfnisanstalten,
-Servierer/innen,
-Hausarbeiter/innen,
-Hausgehilfe/Hausgehilfin,
-Bote/Botin (ohne Aufsichtsfunktion).

Entgeltgruppe 2 Ungelernte Beschäftigte, die im Einzelnen festgelegt sind (Ausschließlichkeitskatalog)
1. Beschäftigte für die Reinigung von Gebäuden mit besonderen Anforderungen durch den laufenden Betrieb der Einrichtung (in Zeiten des Publikumsverkehrs oder der Öffnungszeiten/Bürozeiten) oder mit selbstfahrenden Reinigungsmaschinen