Die Arbeit ist gleich, als Minijobber erhielt der Kläger jedoch einen geringeren Lohn. © Adobe Stock: Chalabala
Die Arbeit ist gleich, als Minijobber erhielt der Kläger jedoch einen geringeren Lohn. © Adobe Stock: Chalabala

Eine Gleichmacherei in Lohn- und Gehaltsfragen schreibt das Gesetz keineswegs vor. Eine Grenze bilden jedoch die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, wonach teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer*innen wegen der Teilzeit nicht schlechter behandelt werden dürfen als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer*innen. Etwas anderes gilt nur, wenn sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Teilzeitbeschäftigten ist das Arbeitsentgelt mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten entspricht.

 

Die Beklagte ging von unterschiedlichen Arbeitnehmergruppen aus

 

Im Prozess begründete der Arbeitgeber die niedrigere Entlohnung des Minijobbers damit, dass es im Unternehmen verschiedene Arbeitnehmergruppen mit verschiedenen Gehaltsstrukturen gebe. Vollzeitbeschäftigte würden nach einem Schichtsystem eingeteilt und könnten nur in Ausnahmefällen ihre Dienste tauschen.

 

Der Kläger gehöre zur zweiten Gruppe der Mitarbeiter*innen, die die Möglichkeit hätte, ihre Dienste nach der Art der Einsätze und ihrer zeitlichen Lage frei zu wählen. Diese Mitarbeiter*innen würden nicht eingeteilt und erhielten lediglich Anfragen, über deren Annahme sie frei entscheiden könnten. Das bringe der Gruppe des Klägers massive Vorteile. Sie könne die Lage ihrer Arbeitszeit ihrem Leben anpassen. Bei Vollzeitbeschäftigten sei das anders herum.

 

Der geringere Stundenlohn gleiche diesen flexiblen Arbeitsmodus aus. Die unterschiedliche Vergütung resultiere aus den unterschiedlichen Arbeitszeitmodellen. Deshalb seien die Gruppe der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten auch nicht mit der Gruppe der geringfügig Beschäftigten vergleichbar. Es gebe einen sachlicher Grund für die unterschiedliche Entlohnung.

 

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz lässt die Unterscheidung nicht zu

 

Das Arbeitsgericht folgte der Rechtsauffassung des Arbeitgebers. Das Landesarbeitsgericht entschied nun anders. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf einen Stundenlohn von 17 € ergebe sich als übliche Vergütung entsprechend den Regeln, die der Arbeitgeber für seine Vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer*innen anwende. Die vereinbarte niedrigere Stundenvergütung des Klägers verstoße gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Sie sei deshalb nichtig.

 

Nach dem Gesetz dürften teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer*innen wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer*innen. Eine Ungleichbehandlung wegen der Teilzeitarbeit liege vor, wenn die Dauer der Arbeitszeit das Kriterium darstelle, an das die Unterscheidung der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen anknüpfe.

 

Das Verbot gelte auch, wenn teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer*innen untereinander unterschiedlich behandelt würden, sofern der Arbeitgeber eine Gruppe der Teilzeitbeschäftigten wie Vollzeitbeschäftigte und die andere Gruppe der Teilzeitbeschäftigten von einzelnen Leistungen ausschließe.

 

Die Unterscheidung zwischen „hauptamtlich“ und „nebenamtlich“ zieht nicht

 

Die Beklagte differenziere hinsichtlich des Stundenlohns nicht zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten. Sie unterscheide zwei Beschäftigungsgruppen. Eine davon bezeichne sie als  „hauptamtlich", die andere als „nebenamtlich". Die „hauptamtlich" Beschäftigten, die entweder in Vollzeit oder in Teilzeit arbeiteten, teile die Beklagte in Dienstpläne ein. Die „nebenamtlich" Beschäftigten, in der Regel geringfügig Beschäftigte seien, teilten sich selbst ein.

 

Damit vergüte die Beklagte die Arbeitnehmergruppen der „nebenamtlich" Teilzeitbeschäftigten anders als die Arbeitnehmergruppen der Vollzeitbeschäftigten. Auch das stelle eine unterschiedliche Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten dar.

 

Diese Ungleichbehandlung sei nur gerechtfertigt, wenn es einen zulässigen sachlichen Grund dafür gebe. Allein das unterschiedliche Arbeitspensum rechtfertige die unterschiedliche Behandlung nicht. Die zulässigen sachlichen Gründe müssten anderer Art sein, etwa auf der Arbeitsleistung, der Kommunikation, Berufserfahrung oder unterschiedlichen Arbeitsplatzanforderungen bzw. der sozialen Lage beruhen.

 

Der Arbeitgeber darf die Bedürfnisse des Unternehmens in die Entscheidung einbeziehen

 

Die unterschiedliche Behandlung müsse dem jeweiligen Zweck der Leistung entsprechen, so das Landesarbeitsgericht. Dazu müsse es objektive Gründe geben, die dem Bedürfnis des Unternehmens dienten. Der Arbeitgeber sei gezwungen, dafür nur die Maßnahmen einzusetzen, die im Blick auf die Bedürfnisse des Unternehmens geeignet und erforderlich seien. Damit müsse er das angestrebte Ziel erreichen können. Die verfolgte Maßnahme müsse auch das mildeste Mittel zur Zielerreichung darstellen. Es dürfe kein anderes, gleich wirksames Mittel zur Verfügung stehen, das weniger nachteilig für die Betroffenen wäre.

 

Der Kläger verrichte exakt die gleiche Tätigkeit wie die „hauptamtlich" beschäftigten Rettungsassistent*innen. Daran dürfe der Arbeitgeber keine unterschiedliche Behandlung anknüpfen.

 

Auch die Tatsache, dass der Kläger nicht zum Dienst eingeteilt werde, sondern selbst mitteile, welche angebotenen Dienste er übernehme, sei nicht geeignet, einen unterschiedlichen Stundenlohn zu rechtfertigen. Hierfür gebe es keine objektiven Gründe, die einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens dienten und zur Erreichung des Ziels geeignet sowie erforderlich seien.

 

Eine größere Planungssicherheit lässt sich nicht begründen

 

Die Beklagte habe vorgetragen, bei ihr bestehe ein Bedürfnis nach Planungssicherheit und geringerem Planungsaufwand. Das befriedige sie dadurch, dass den im Dienstplan eingeteilten Arbeitnehmer*innen ein höherer Stundenlohn bezahlt werde.

 

Das ließ das Landesarbeitsgericht nicht gelten. Die Beklagte übersehe, dass es dem Normalbild eines Arbeitsverhältnisses entspreche, dass Arbeitnehmer*innen dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen. Dies gelte auch für die Zeit der Arbeitsleistung. Warum es notwendig sein solle, Arbeitnehmer*innen, die entsprechend dieser gesetzlichen Vorgabe tätig würden, eine höhere Vergütung zu zahlen, erschließe es sich nicht.

 

Auch die Beklagte hat Vorteile

 

Die Beklagte vernachlässige dabei die Tatsache, dass die Flexibilität in der Wahl der konkreten Arbeitszeiten keineswegs ausschließlich oder überwiegend im Interesse des Klägers liege. Zwar stelle die freie Wahl, wann eine Arbeitsleistung zu erbringen sei, einen nicht zu unterschätzenden Wert dar. Dies gelte vor allem im Rahmen einer beruflichen Nebentätigkeit oder für Studierende sowie Personen, die eine Betreuung übernommen hätten.

 

Andererseits sei das von der Beklagten angebotene flexible Arbeitszeitmodell für geringfügig Beschäftigte aber auch für die Beklagte von nicht unerheblichem Vorteil. Es enthebe sie der Mühe, einen Dienstplan zu gestalten, der die diversen individuellen Arbeitszeitbedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtige.

 

Arbeite eine höhere Anzahl von Mitarbeiter*innen nur mit einem geringen Teilzeitkontingent, sei eine mittel- oder langfristige Dienstplangestaltung häufig mühsam und mit einem ständigen Anpassungsbedarf verbunden. Die feste Einteilung bedeute keineswegs einen deutlich geringeren Planungsaufwand oder eine größere Planungssicherheit. Das flexible System ermögliche der Beklagte, kurzfristig Lücken im Dienstplan aufzufüllen.

 

Der Lohnunterschied war zu hoch

 

Einen Lohnunterschied von 43 % hinsichtlich des Stundenlohns von  „hauptberuflich“ tätigen Rettungsassistent*innen im Vergleich zu den  „nebenberuflich“ arbeitenden  Arbeitskolleg*innen hielt das Landesarbeitsgericht außerdem für bei weitem zu hoch. Ausgehend davon stehe dem Kläger wie seinen vollzeitbeschäftigten Rettungsassistent*innen ein Stundenlohn von 17 € zu.

 

Hier geht es zum Urteil des Landesarbeitsgerichts.

 

 

 

Das sagen wir dazu:

Das Landesarbeitsgericht ließ die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu. Der Arbeitgeber hat die Revision zwischenzeitlich auch eingelegt. Das Bundesarbeitsgericht wird daher nun abschließend zu entscheiden haben.

 

Florian Schmalenberg, Rechtsschutzsekretär beim DGB Rechtsschutz in München, meint dazu:

 

„Interessant ist das Urteil, weil für den Fall, dass das Bundesarbeitsgericht der Ansicht des Landesarbeitsgerichts folgt, große finanzielle Veränderungen für den Nothilfebereich (zumindest bei dieser Arbeitgeberin) anstehen könnten.

Aber auch rechtlich finde ich das Urteil äußerst spannend und bin dementsprechend ziemlich glücklich über das bisherige Ergebnis beim LAG. Hintergrund des Falls ist, dass bei der Arbeitgeberseite Minijobber ihre Dienste halbwegs frei eingeteilt haben, dafür aber einen geringeren Stundenlohn erhalten haben als diejenigen Arbeitnehmer*innen, die vom Arbeitgeber nach einem Dienstplan eingeteilt wurden.

Das Arbeitsgericht München hatte die Klage noch abgewiesen mit der Begründung, dass es auch Teilzeitbeschäftigte gibt, die nach dem Dienstplan eingeteilt werden und den höheren Stundenlohn erhalten, weswegen keine Ungleichbehandlung aufgrund Teilzeittätigkeit vorliege.

Im Berufungsverfahren habe ich darauf hingewiesen, dass auch eine Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten vorliegen kann, wenn andere Teilzeitbeschäftigte besser behandelt werden. Die Tatsache, dass einige Teilzeitbeschäftigte, vor allem diejenigen mit einem hohen Beschäftigungsumfang, behandelt werden wie die Vollzeitkräfte, ändert nichts an der Ungleichbehandlung.

Etwas schwierig war die Argumentation, dass kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliegt, da hier die Arbeitgeberseite ja behauptet hat, dass der sachliche Grund darin liegt, dass die eine Gruppe vom Arbeitgeber eingeteilt wird und die andere Gruppe quasi frei selber entscheidet, wann sie arbeiten möchte. Die Argumentation, dass beide Gruppen die gleiche Tätigkeit verrichten und hier eigentlich gleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt werden müsste, war rechtlich natürlich nicht weiterführend, und musste daher mit anderen Argumenten unterstützt werden. Dies dürfte auch in der Revision noch kompliziert werden.

Jedenfalls hat das Landesarbeitsgericht aber die Differenz zwischen den beiden Lohnmodellen als zu hoch angesehen und damit schon die Unwirksamkeit der Regelung bei der Arbeitgeberseite festgestellt.“

 

Bleibt abzuwarten, was das Bundearbeitsgericht dazu sagt.

Rechtliche Grundlagen

§ 4 TzBfG

(1) Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.

(2) Ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Befristung des Arbeitsvertrages nicht schlechter behandelt werden, als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung, die für einen bestimmten Bemessungszeitraum gewährt wird, mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Beschäftigungsdauer am Bemessungszeitraum entspricht. Sind bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses in demselben Betrieb oder Unternehmen abhängig, so sind für befristet beschäftigte Arbeitnehmer dieselben Zeiten zu berücksichtigen wie für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer, es sei denn, dass eine unterschiedliche Berücksichtigung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist.