Gebrochener Arm nach Armdrücken in der Pause 
© Adobe Stock - Von M.Dörr & M.Frommherz
Gebrochener Arm nach Armdrücken in der Pause © Adobe Stock - Von M.Dörr & M.Frommherz

Beim Arbeitsgericht Bielefeld sah man das allerdings anders und gab der Klage auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall statt. Die 7. Kammer kam zu dem Ergebnis, dass den Kläger kein Verschulden an seiner Arbeitsunfähigkeit trifft.

 

In § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz steht:

 

Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.

 

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer*innen also Anspruch auf Zahlung des ausgefallenen Entgelts während einer Erkrankung. Das gilt nur ausnahmsweise dann nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet wurde.

 

Einen solchen Ausnahmefall sah das Gericht hier nicht. Er stellte dabei auf das Armdrücken an sich ab. Ob dieses im Betrieb oder an einem anderen Ort stattgefunden hätte, spiele keine Rolle. Der Arbeitgeber hatte seinem Mitarbeiter vorgeworfen, ein Armdrücken zwischen ihm und dem Arbeitskollegen im Betrieb während der Pause habe gar nicht stattfinden dürfen. Darin ist aber nach dem Arbeitsgericht Bielefeld kein Verschulden des Klägers an der Krankheit zu sehen. Auf den Ort des Ereignisses komme es nach dem Gesetz nicht an.

 

Unbeherrschbare Gefahren mit hohem Verletzungsrisiko?

 

Ein Verschulden könne nur dann gesehen werden, wenn für den Kläger die Gefahren, die sich beim Armdrücken verwirklichen können, nicht beherrschbar waren.

 

Eventuell könnte sich ein Verschulden auch daraus ergeben, dass ein Armdrücken generell derart gefährlich ist, dass eine Verletzung hier so wahrscheinlich war, dass sie generell nicht ausgeübt werden dürfte.

 

Rechtsprechung bei Arbeitsunfähigkeit infolge von Sportunfällen
 

In verschiedenen Fallgruppen wird hier ein Verschulden angenommen. Schuldhaft handelt danach ein Arbeitnehmer, wenn er sich in einer seine Kräfte und Fähigkeiten deutlich übersteigenden Weise sportlich betätigt und dabei gesundheitliche Schäden erleidet. Es wird eine solche Sportverletzung als verschuldet angesehen, die sich der Arbeitnehmer bei der Teilnahme an einer sogenannten gefährlichen Sportart zugezogen hat. Ein Verschulden kommt auch dann noch infrage, wenn der Arbeitnehmer in besonders grober Weise und leichtsinnig gegen anerkannte Regeln der jeweiligen Sportart verstößt.

 

Wann ist eine Sportart besonders gefährlich?

 

Ein Sport ist nur dann besonders gefährlich, wenn das Verletzungsrisiko bei objektiver Betrachtung so groß ist, dass auch gut ausgebildete Sportlerinnen und Sportler bei sorgfältiger Beachtung aller Regeln dieses Risiko nicht vermeiden können. Das ist nach der Rechtsprechung dann der Fall, wenn der Sportler das Geschehen nicht mehr beherrschen kann, sondern sich unbeherrschbare Gefahren aussetzt. Darunter fällt Fallschirmspringen und wohl auch Kickboxen, nicht aber Skifahren oder Drachenfliegen.

 

Die Sportart bzw. Freizeitbeschäftigung des Armdrückens stufte das Gericht nicht als besonders gefährlich ein. Es sah dafür keinerlei Anhaltspunkte.

 

Kläger hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung

 

Der Kläger habe seine Fähigkeiten auch nicht so überschätzt, dass sich eine Teilnahme am Armdrücken für ihn von vornherein verboten hätte. So sei eine Anfälligkeit für Armbrüche oder Ähnliches nicht ersichtlich.

 

Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung treffe den Kläger kein Verschulden an der Fraktur seines Armes und der daraus folgenden Arbeitsunfähigkeit.

 

Das Mitglied der IG Metall, vor Gericht vertreten durch den DGB Rechtsschutz Bielefeld, bekommt nach diesem Urteil den Lohn für fünf Wochen nachgezahlt.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Rechtliche Grundlagen

§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz

Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz)
§ 3 Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn
1.
er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder
2.
seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.
(2) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.
(3) Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.