Bundesarbeitsgericht schafft Klarheit
Bundesarbeitsgericht schafft Klarheit

 

Von der Beklagten, als damalige starke vorläufige Insolvenzverwalterin, wurde der Kläger bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Arbeit herangezogen. Für die zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht genommenen Urlaubstage verlangt der Kläger die Zahlung einer Abgeltung in Höhe von 3.391,30 € als Masseverbindlichkeit.

 

Von der Beklagten, als nunmehrige Insolvenzverwalterin, wurde die Forderung des Klägers abgelehnt. Sie begründete dies damit, dass es sich bei dem Abgeltungsanspruch nur um eine zur Insolvenztabelle anzumeldende Insolvenzforderung handle. Nachdem eine außergerichtliche Einigung nicht möglich war, erhob der Kläger Klage beim Arbeitsgericht Potsdam, welches seine Klage mit Urteil vom 6. März 2018 abwies.

 

Landesarbeitsgericht bestätigt Entscheidung des Arbeitsgerichts

 

Die gegen die erstinstanzliche Entscheidung gerichtete Berufung des Klägers wurde durch Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 10. Oktober 2018 zurückgewiesen. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) wurde durch das LAG nicht zugelassen.

 

Erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde

 

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts, die Revision nicht zuzulassen, legte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim BAG ein, welche erfolgreich war und die Revision zuließ.

 

Bundesarbeitsgericht kippt Rechtsauffassung der Vorinstanzen

 

Anders als die Richter*innen der Tatsacheninstanzen sahen es die Richter*innen des 6. BAG-Senats, die zu dem Ergebnis kamen, dass die vom Kläger begehrte Urlaubsabgeltung in voller Höhe als Masseverbindlichkeit zu berichtigen ist.

 

Dies ergebe sich aus § 55 Abs. 2 Satz 2 Insolvenzordnung, denn diese gesetzliche Regelung sehe die Begründung von Masseverbindlichkeiten vor, „soweit“ der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

 

Eben hiervon sei auszugehen, denn die starke vorläufige Insolvenzverwalterin habe die Arbeitskraft des Klägers in Anspruch genommen und habe somit alle Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis als Masseverbindlichkeiten zu erfüllen.

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 25. November 2021

Das sagen wir dazu:

Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung

Offenkundig haben die Instanzgerichte nur bedingt das Insolvenzgesetz (InsO) studiert. Die Entscheidung des BAG überrascht nicht. Ein Blick auf § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO hätte eigentlich genügen müssen, um unschwer zu dem Ergebnis zu kommen, dass es sich bei der vom Kläger verlangten Urlaubsabgeltung um eine Masseverbindlichkeit handelt.

 

Dass auf diesem Hintergrund das LAG die Revision zum BAG nicht zuließ und der Kläger eine Entscheidung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts erst durch Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde erkämpfen musste, ist mehr als bedauerlich.

Rechtliche Grundlagen

§ 55 Insolvenzordnung

[...]
(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.