Rein rechtlich war die Sachlage klar: Bereits in mehreren Urteilen hatte das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass eine Pflegezulage den Angestellten im Pflegedienst gezahlt werden muss, sobald neben der Alten- zusätzlich Krankenpflege geleistet wird. „Das Schwierige an diesem Fall war“, erklärt Rechtssekretärin Siglinde Dornaus, DGB Rechtsschutz GmbH in Braunschweig, „dass der Arbeitgeber nicht begreifen wollte, dass er solche Urteile auch umsetzen muss.“ Arbeitgeber ist die Arbeiterwohlfahrt e.V. (AWO), die im Bezirksverband Braunschweig mehrere Wohn- und Pflegeheime für ältere Menschen betreibt. Der überwiegende Teil der Bewohner leidet an schwerwiegenden Erkrankungen wie Diabetes, Krebs, Bluthochdruck oder Demenz. Das erfordert von den Altenpflegern zum Beispiel die regelmäßige Vergabe von ärztlich verordneten Medikamenten. Grund genug für die Beschäftigten, die Geriatrie- oder Pflegezulage einzufordern, die von der AWO freiwillig nicht gezahlt worden war. Doch auch nach einer schriftlichen Aufforderung durch ver.di-Gewerkschaftssekretär Jens Havemann lehnte die Geschäftsleitung der AWO Braunschweig den Anspruch der Mitarbeiter weiterhin entschieden ab.

 

Ein enormer Aufwand

 

Daraufhin stellte das Büro Braunschweig der DGB Rechtsschutz GmbH für 93 Mitarbeiter Klageanträge auf Zahlung der Pflegezulage. Die AWO-Bezirksleitung behauptete vor Gericht lapidar, dass die Heimbewohner zwar tatsächlich Krankheiten hätten, dies aber von den Altenpflegern keine pflegerischen Dienste erfordere. Diese Auffassung teilte das Arbeitsgericht Braunschweig nicht und beschied die Klagen als zulässig und begründet. „Für die AWO bestand rechtlich von vornherein keine Aussicht“, kommentiert die Braunschweiger Rechtssekretärin, „trotzdem hat die Bezirksleitung nicht eingelenkt und uns damit einen enormen Aufwand bereitet.“ Denn zur Dokumentation der Krankenpflegedienste der Kläger mussten die Stammblätter mit den Krankheiten der Heimbewohner kopiert werden – etwa 40 Patienten betreute jeder Altenpfleger.

 

Urteil rechtskräftig

 

„Das führte zu erheblicher Unruhe in den Belegschaften“, erinnert sich Siglinde Dornaus, „manche Heimleitungen übten Druck aus, dass damit gegen Datenschutz verstoßen werde.“ Dabei war gemeinsam mit dem Arbeitgeber vor Gericht das Vorgehen vereinbart worden. „Die Namen der Patienten sollten bis auf die Anfangsbuchstaben geschwärzt werden“, erläutert die Rechtssekretärin. Das teilte Siglinde Dornaus natürlich auch allen Mandanten mit. Dennoch ließen sich einige Mitarbeiter so sehr verunsichern, dass sie ihre Klagen zurücknahmen. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Braunschweig hat die AWO keine Berufung eingelegt.

Rechtliche Grundlagen

Zulage „schwarz auf weiß“

Die Voraussetzung der Zahlung einer Pflegezulage regelt die Protokollerklärung Nr. 1 der Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst (AW-KrT): „Pflegepersonen der Vergütungsgruppen AW-KrT I bis AW-KrT VII, die die Grund- und Behandlungspflege zeitlich überwiegend bei (…) Kranken in geriatrischen Abteilungen oder Stationen (…) ausüben, erhalten für die Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche Zulage von 90,00 DM (46,02 Euro).“