Entgeltfortzahlung – ist am Ende des Arbeitsverhältnisses damit Schluss? Copyright by Adobe Stock/studio v-zwoelf
Entgeltfortzahlung – ist am Ende des Arbeitsverhältnisses damit Schluss? Copyright by Adobe Stock/studio v-zwoelf

Grundsätzlich gilt, dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vom Arbeitgeber nur solange zu zahlen ist, bis das Arbeitsverhältnis endet. Kündigt er also etwa wirksam außerordentlich fristlos, endet seine Pflicht zur Fortzahlung des Entgelts mit Zugang der Kündigung.
Aber von diesem Grundsatz gibt es zwei Ausnahmen bei

  • einer Anlasskündigung des Arbeitgebers

und

  • einer Kündigung des Arbeitnehmers aus wichtigem Grund.

Die Anlasskündigung

Das Entgeltfortzahlungsgesetz bestimmt, dass sich am Anspruch auf Entgeltfortzahlung nichts dadurch ändert,
 „. . . dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit kündigt.“

„Aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit“

Es ist zu unterscheiden zwischen dem Grund und dem Anlass einer Kündigung. Kündigungsgründe können im Verhalten oder in der Person der Arbeitnehmer*innen oder in der betrieblichen Situation liegen. Unabhängig davon besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn der Arbeitgeber die Krankheit von Arbeitnehmer*innen zum Anlass nimmt, gerade jetzt zu kündigen.

Anwendungsbereich der Vorschrift

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bis zu sechs Wochen Entgelt fortzuzahlen. Da Kündigungsfristen üblicherweise länger als sechs Wochen sind, endet in diesen Fällen der Anspruch auf Entgeltzahlung bereits vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Dann spielt also die Regelung zur Anlasskündigung keine Rolle.
Aber bei Kündigungen mit einer Kündigungsfrist von unter sechs Wochen  - etwa im Baugewerbe  - sowie bei außerordentlich fristlosen Kündigungen endet das Arbeitsverhältnis vor Ablauf von sechs Wochen. In diesen Fällen kann es zu einem Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen einer Anlasskündigung kommen.
Außerdem kommt ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen einer Anlasskündigung nur in Betracht, wenn sich die Kündigung als wirksam erweist. Tut sie das nicht, besteht das Arbeitsverhältnis fort, so dass Arbeitnehmer*innen den „normalen“ Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben.

Darlegung-und Beweislast

Im Prozess müssen Arbeitnehmer*innen darlegen und beweisen, dass der Arbeitgeber anlässlich der Krankheit gekündigt hat. Dafür ist zunächst ausreichend, dass sie auf den (engen) zeitlichen Zusammenhang zwischen Kündigung und Krankheit und darauf hinweisen, dass dem Arbeitgeber die Krankheit bekannt war. Aber der Arbeitgeber hat dann die Möglichkeit, Tatsachen vorzutragen und nachzuweisen, aus denen sich ergibt, dass die Krankheit kein Kündigungsanlass war.
Bleibt unklar, ob eine Anlasskündigung vorliegt oder nicht, verlieren die Arbeitnehmerinnen den Prozess.

Die Kündigung des Arbeitnehmers aus wichtigem Grund.

Wollen Arbeitnehmer*innen außerordentlich fristlos kündigen, brauchen Sie dafür einen wichtigen Grund. Hat der Arbeitgeber diesen wichtigen Grund zu verantworten, besteht der Entgeltfortzahlungsanspruch ebenfalls über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus.

Rechtliche Grundlagen

Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall (Entgeltfortzahlungsgesetz)
§ 8 Beendigung des Arbeitsverhältnisses
(1) Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts wird nicht dadurch berührt, daß der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlaß der Arbeitsunfähigkeit kündigt. Das gleiche gilt, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus einem vom Arbeitgeber zu vertretenden Grunde kündigt, der den Arbeitnehmer zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt.
(2) Endet das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der in § 3 Abs. 1 oder in § 3a Absatz 1 bezeichneten Zeit nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit, ohne daß es einer Kündigung bedarf, oder infolge einer Kündigung aus anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Gründen, so endet der Anspruch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses.