Bonuszahlung trotz Eigenkündigung
Bonuszahlung trotz Eigenkündigung


Arbeitgeber und Arbeitnehmer hatten in einem Formular-Arbeitsvertrag 

vereinbart:

  • Der Arbeitnehmer erhält für jedes Jahr im Betrieb einen Treuebonus in Höhe von 1.500 €.
  • Den jährlichen Bonusbetrag spart der Arbeitnehmer an. Erst nach Ablauf von sechs Jahren bekommt der Arbeitnehmer den bis dahin angesparten Betrag plus eine Aufstockung auf 10.000 € ausbezahlt. 
  • Wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf der sechs Jahre kündigt, entfällt der Treuebonus.

Der Arbeitnehmer kündigte das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der sechs Jahre, weil der Arbeitgeber ihm Lohn schuldig geblieben war.

Inhaltskontrolle von Formulararbeitsverträgen

Bei Formulararbeitsverträgen besteht zumindest die Versuchung, dass der Arbeitgeber Regelungen aufnimmt, die sich stark zu seinen Gunsten auswirken. Da Arbeitnehmer*innen zudem immer wieder Verträge unterschreiben, ohne sie vorher genau gelesen zu haben, ist wirksamer Schutz nur zu gewährleisten, wenn Arbeitsgerichte Formularverträge einer Inhaltskontrolle unterziehen können. Dabei ist nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu entscheiden, ob einzelne Regelungen Arbeitnehmer*innen unangemessen benachteiligen. 

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts

Das zweitinstanzliche Gericht kam bei seiner Inhaltskontrolle des Formulararbeitsvertrages zu dem Ergebnis, dass die Vereinbarung aus zwei Gründen den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt und deshalb unwirksam ist.

Einschränkung der Berufsfreiheit

Nach Artikel 12 des Grundgesetzes haben alle Deutschen das Recht, Beruf und Arbeitsplatz frei zu wählen.

Dieses Recht kann ein Arbeitgeber grundsätzlich durch eine Treueprämie einschränken. Dabei hängt aber die Dauer der zulässigen Bindung zum einen von der Höhe der Prämie und zum anderen davon ab, ob zeitlich Grenzen überschritten sind. Ist dies der Fall, liegt eine unzulässige Behinderung der Berufsfreiheit vor.

Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Rückzahlungsklauseln auf Treueboni angewandt. Danach ist bei Boni bis zu einem Monatsverdienst nur eine Bindung bis zum 31. März des Folgejahres zulässig. Bleibt der Bonus unter der Summe von zwei Monatsverdiensten, darf eine Bindung nicht über den 30. Juni des Folgejahres dauern. Das gilt zumindest, wenn Arbeitnehmer*innen bis dahin mehrere Kündigungsmöglichkeiten hatten.

Da die Bindungswirkung im Fall des Klägers mit einer „Wartezeit“ von 5 Jahren weit über diese Grenzen hinausging, lag eine unzulässige Einschränkung des Grundrechts auf freie Berufsausübung vor.

Keine Differenzierung nach Kündigungsgründen

Das Landesarbeitsgericht hält die Bonusvereinbarung auch deshalb für unwirksam, weil der Treuebonus unabhängig vom Grund für die Kündigung der Arbeitnehmer*innen entfällt. Es erscheint dem Landesarbeitsgericht interessenwidrig, dass Arbeitnehmer*innen keinen Treuebonus bekommen, wenn ihre Kündigung aus Gründen erfolgt, die dem Arbeitgeber anzulasten sind.

Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer gekündigt, weil er seine Vergütung nicht ordnungsgemäß bekam. Die vereinbarte Regelung hätte zum Verlust des Bonus geführt, obwohl sich der Arbeitnehmer jahrelang vertragstreu verhalten hatte.

(Auch) deshalb hätte die Regelung den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt und ist infolgedessen unwirksam. Der Arbeitnehmer kann also verlangen, dass er den Bonus ausbezahlt bekommt, der am Ende des Arbeitsverhältnisses bereits angespart war.

Hier finden Sie das vollständige Urteil

Rechtliche Grundlagen

§ 307 Bürgerliches Gesetzbuch

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 307 Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.