Kollegen dürfen sich über ihre Löhne unterhalten
Kollegen dürfen sich über ihre Löhne unterhalten

Da gesetzliche und tarifvertragliche Regelungen nicht existieren, nehmen Arbeitgeber bisweilen Klauseln in die Arbeitsverträge auf, die den Beschäftigten die Mitteilung ihres Verdienstes an Dritte untersagen. Begründung: Die Geheimhaltung des Verdienstes diene dem Betriebsfrieden. Nach der Rechtsprechung ist allerdings von der Unwirksamkeit entsprechender Verschwiegenheitsklauseln auszugehen.

Unwirksamkeit von Verschwiegenheitsklauseln

Die Weitergabe der Höhe des eigenen Arbeitsverdienstes kann kaum den Betriebsfrieden gefährden. Liegt nämlich einer unterschiedlichen Lohnzahlung auch eine unterschiedliche Arbeitsleistung zugrunde, werden die Beschäftigten Verständnis für diese gerechtfertigten Zahlungsdifferenzen haben. Der Betriebsfrieden kann so nicht gefährdet sein. Werden aber gleiche Arbeitsleistungen unterschiedlich entlohnt, so verstößt der Arbeitgeber gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Eine Verheimlichung eines derartigen Gesetzesverstoßes kann dann nicht geschützt werden, auch nicht zur Wahrung des Betriebsfriedens.

Der Arbeitgeber ist nämlich bei seiner Lohngestaltung an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden und darf insbesondere, was immer noch allzu häufig geschieht, Frauen bei der Vergütung nicht benachteiligen. Eine etwaige Benachteiligung ist aber nur durch Gespräche mit Kollegen herauszufinden. Und dem steht eine Vertraulichkeitsvereinbarung entgegen.

Verstoß gegen die Koalitionsfreiheit

Außerdem haben Gerichte mit der im Grundgesetz garantierten Koalitionsfreiheit argumentiert: Wenn ein vertragliches Verbot, die Verdiensthöhe zu offenbaren, wirksam wäre, könne ein Arbeitnehmer auch gegenüber seiner Gewerkschaft keine entsprechende Mitteilung machen. Das würde sinnvolle Arbeitskämpfe der Gewerkschaften unmöglich machen.

Verdiensthöhe und Leiharbeiter

Ein weiteres Argument für einen Auskunftsanspruch ergibt sich aus der - aus unserer Sicht vollkommen unzureichenden - Neuregelung der Arbeitnehmerüberlassung. Leiharbeiter haben -leider erst nach neun Monaten - einen Anspruch auf gleichen Verdienst wie die Stammbelegschaft. Eine Durchsetzung dieses Anspruchs setzt aber Kenntnis von der Verdiensthöhe voraus und somit auch eine Möglichkeit, das Gehaltsgefüge des Entleihbetriebes zu erfragen.

Verdiensthöhe als Betriebsgeheimnis

Nur dann, wenn das Gehaltsgefüge ein Betriebsgeheimnis darstellt, ist eine Geheimhaltungsklausel gerechtfertigt und kann vertraglich wirksam vereinbart werden. Das ist aber nur in sehr seltenen Ausnahmefällen anzunehmen. Es gilt zum Beispiel dann, wenn die Verheimlichung der Gehälter vorteilhaft für den wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes ist und die Konkurrenz durch eine Kenntnis dieser Daten ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit steigern könnte.

Diese Voraussetzung wird aber in den seltensten Fällen vorliegen und muss vom Arbeitgeber dargelegt werden. Sollte wirklich einmal eine Verschwiegenheitsvereinbarung wirksam sein, könnte der Arbeitgeber einen Verstoß mit einer Abmahnung ahnden.

Verschwiegenheitspflicht für Betriebsräte

Auch nur unter denselben engen Voraussetzungen kann ein Arbeitgeber vom Betriebsrat und den einzelnen Betriebsratsmitgliedern Geheimhaltung über das betriebliche Lohngefüge verlangen. Nach § 79 Betriebsverfassungsgesetz sind der Betriebsrat und seine Mitglieder verpflichtet, Stillschweigen über Kenntnisse zu bewahren, die ihnen im Rahmen ihrer Amtstätigkeit bekannt geworden sind und die der Arbeitgeber zum Betriebsgeheimnis erklärt. Das bedeutet, dass demzufolge in den allermeisten Fällen auch für den Betriebsrat keine Verschwiegenheitspflicht besteht, wenn es um die Verdiensthöhe der Beschäftigten geht.

Die Rechtsprechung, auf die im Artikel Bezug genommen wird, kann hier nachgelesen werden:

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.10.2009, 2 Sa 237/09 im Volltext

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 26.2.1987, 6 ABR 46/84 im Volltext


Und wenn es dann doch eine unberechtigte Abmahnung gibt, zeigen wir Ihnen, was Sie dagegen unternehmen können.

Abmahnung – Wirksamkeit , Wirkung und Gegenmaßnahmen

Rechtliche Grundlagen

§ 79 Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG - Geheimhaltungspflicht

Betriebsverfassungsgesetz
§ 79 Geheimhaltungspflicht
(1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Dies gilt auch nach dem Ausscheiden aus dem Betriebsrat. Die Verpflichtung gilt nicht gegenüber Mitgliedern des Betriebsrats. Sie gilt ferner nicht gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, dem Konzernbetriebsrat, der Bordvertretung, dem Seebetriebsrat und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat sowie im Verfahren vor der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) oder einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86).
(2) Absatz 1 gilt sinngemäß für die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der gemäß § 3 Abs. 1 gebildeten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie für die Vertreter von Gewerkschaften oder von Arbeitgebervereinigungen.