Anspruch auf Fahrtkosten kann sich aus betrieblicher Übung ergeben
Anspruch auf Fahrtkosten kann sich aus betrieblicher Übung ergeben

Der Kläger ist bei seinem Arbeitgeber als Monteur beschäftigt. Als Entschädigung für den langen Weg zwischen Firmensitz und Einsatzort zahlte der Arbeitgeber in der Vergangenheit eine Kilometerpauschale.

Arbeitgeber streicht Erstattung von Fahrgeld


Mit dem Betriebsrat vereinbarte er, dass Arbeitnehmern der private Fahraufwand zwischen Arbeits- und Wohnort erstattet wird, sollte ein Bustransfer nicht zur Verfügung stehen.

Im März 2012 wurde durch einen eigenen Haustarifvertrag beschlossen, dass der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) auch für den Betrieb des Arbeitgebers gilt. Gleichzeitig erhöhte sich das monatliche Bruttoentgelt des Arbeitnehmers um ca. 8,8 %.

Der monatliche Fahrgeldzuschuss wurde dabei berücksichtigt. Der Arbeitgeber kündigte anschließend sämtliche Betriebsvereinbarungen, die Leistungen außerhalb des Tarifvertrags regelten und stellte die Erstattung der Fahrtkosten ein.

Anspruch aus betrieblicher Übung


Nach dem Urteil des BAG ist durch die langjährige Zahlung des monatlichen Fahrgeldzuschusses ein Anspruch aus einer betrieblichen Übung entstanden.

Dieser entspricht einer vertraglichen Vereinbarung und kommt jedem Arbeitnehmer zugute. Durch die Betriebsvereinbarung konnte der Anspruch des Arbeitnehmers nicht beseitigt werden. Im Gegensatz zu der betrieblichen Praxis wurde durch die Vereinbarung mit dem Betriebsrat etwas anderes geregelt, nämlich die Hin- und Rückfahrt zwischen Arbeits- und Heimatort.

Nicht eindeutig entschieden hat das Gericht die Frage, ob der Anspruch aus betrieblicher Übung möglicherweise durch den Haustarifvertrag abgelöst wurde. Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn die Regelungen im Tarifvertrag für den Arbeitnehmer vorteilhafter wären, als die vertraglichen Absprachen. Hierzu soll nun das Landesarbeitsgericht erneut verhandeln.

Praxistipp: Anspruch durch Betriebsvereinbarung sichern


Zusätzlich zu den Vereinbarungen in einem Arbeitsvertrag, können sich aus einer regelmäßigen Wiederholung von Leistungen des Arbeitgebers Ansprüche der Beschäftigten ergeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich der Arbeitgeber mit seinem Verhalten auch für die Zukunft verpflichten wollte.

Entscheidend ist, wie die Maßnahmen von den Arbeitnehmern verstanden werden durften. Wird jedes Jahr ein Weihnachtsgeld ohne weitere Erklärung gezahlt, spricht dies für einen Anspruch aus betrieblicher Übung. Regelmäßig wird daher vom Arbeitgeber betont, dass es sich lediglich um eine einmalige Leistung handelt, die keinen Anspruch für die Zukunft begründet.

Möchte sich der Arbeitgeber von seiner Verpflichtung wieder lösen, kann er seine Leistungen nicht so ohne weiteres einstellen. Schließlich handelt es sich um vertragliche Ansprüche der Beschäftigten. Eine später abgeschlossene Betriebsvereinbarung kann die betriebliche Übung verdrängen, wenn sie für die Arbeitnehmer günstigere Regelungen enthält.

Dabei werden die ersetzenden Vorschriften mit den ursprünglichen Regelungen verglichen. Für einen nachträglich vereinbarten Tarifvertrag gilt ebenfalls das sog. Günstigkeitsprinzip. Endet eine Betriebsvereinbarung z.B. durch Kündigung, gelten die Ansprüche aus betrieblicher Übung weiter.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 8/2016 vom 20.04.2016.


Urteil des Bundesarbeitsgerichts


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