BAG: Erstrittener Nachteilsausgleich ist mit Sozialplanabfindung verrechenbar. Copyright by ferkelraggae / Fotolia
BAG: Erstrittener Nachteilsausgleich ist mit Sozialplanabfindung verrechenbar. Copyright by ferkelraggae / Fotolia

Im März 2014 legte die beklagte Arbeitgeberin den Betrieb still. Der Betriebsrat wurde über die damit geplante Massenentlassung unterrichtet. Noch bevor die Arbeitgeberin und der Betriebsrat in einer Einigungsstelle über einen Interessenausgleich verhandeln konnten, kündigte die Beklagte allen Arbeitnehmern*innen, unter anderem auch dem Kläger.
 
Wenn Arbeitgeber eine geplante Betriebsänderung durchführen, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben und Kündigungen aussprechen, hat dies Sanktionen zur Folge.
Arbeitnehmer können in einem solchen Fall Klage beim Arbeitsgericht erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen. Von dieser Möglichkeit machte der Kläger Gebrauch und erstritt vor den Gerichten für Arbeitssachen einen sogenannten Nachteilsausgleich in Höhe von 16.307,20 Euro.   
 
Aus einem zwischen Arbeitgeberin und dem Betriebsrat abgeschlossenen Sozialplan ergab sich für den Kläger eine Abfindung in Höhe von 9.000 Euro zu. Da die Arbeitgeberin bereits den gerichtlich erstrittenen Nachteilsausgleich an den Kläger gezahlt hatte, verweigerte sie die Auszahlung des sich aus dem Sozialplans ergebenden Abfindungsbetrags an den Kläger.
 

Nachteilsausgleich und Sozialplanabfindung sind verrechenbar

Arbeits- und Landesarbeitsgericht wiesen die auf Zahlung der Sozialplanabfindung gerichtete Klage ab. Auch die Revision des Kläger vor dem Bundesarbeitsgerichts (BAG) hatte keinen Erfolg.
Die Zahlung eines Nachteilsausgleichs, so das BAG, erfülle auch die Sozialplanforderung. Dies ergebe sich daraus, dass der Zweck beider betriebsverfassungsrechtlichen Leistungen weitgehend deckungsgleich sei. 
 
Hier finden Sie die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 12.02.2019:
Was ist eigentlich ein Nachteilsausgleich?
 
Für Interessierte:
 
Hier geht es zur Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen:

Rechtliche Grundlagen

§ 113 Abs. 1 und Abs. 3 BetrVG

Betriebsverfassungsgesetz
§ 113 Nachteilsausgleich
(1) Weicht der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen; § 10 des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung nach Absatz 1 andere wirtschaftliche Nachteile, so hat der Unternehmer diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.