Klageerhebung allein reicht nicht, um die tarifliche Ausschlussfrist zu wahren.
Klageerhebung allein reicht nicht, um die tarifliche Ausschlussfrist zu wahren.

Gilt in einem Arbeitsverhältnis eine tarifliche Ausschlussfrist, innerhalb derer ein Anspruch gegenüber dem Vertragspartner schriftlich geltend gemacht werden muss, reicht es zur Fristwahrung nicht aus, dass das Schreiben vor Ablauf der Frist bei Gericht eingegangen ist, wenn es dem Anspruchsgegner erst nach Fristablauf zugestellt wird.

Tarifliche Ausschlussfrist von 6 Monaten

Der Kläger verlangte von seinem Arbeitgeber ausstehenden Lohn für den Monat Juni 2013. Diesen Anspruch hat er aber erst dadurch geltend gemacht, dass er am 18. Dezember 2013 Klage erhoben hat. Die Klage ist am 7. Januar beim Arbeitgeber eingegangen.

Auf das Arbeitsverhältnis ist der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) anzuwenden. Nach diesem verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Der Lohn für Juni musste also bis zum 30. Dezember 2013 geltend gemacht worden sein.

Der Kläger hat gemeint, zur Wahrung dieser Ausschlussfrist habe der fristgerechte Eingang der Klageschrift bei Gericht ausgereicht. Durch die Klageeinreichung sei die Frist gewahrt worden, da mit einer Zustellung an den Arbeitgeber demnächst zu rechnen war.

„Zustellung demnächst“ reicht bei Ausschlussfristen nicht

Der beklagte Arbeitgeber hat dem entgegengehalten, bei außergerichtlichen Fristen komme es allein auf den tatsächlichen Zugang des Geltendmachungsschreibens an. Die Vorschrift der Zivilprozessordnung, wonach zur Fristwahrung eine Klageerhebung ausreicht, gelte hier nicht. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Die Revision des beklagten Landes hatte Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass es zur Wahrung tariflicher Ausschlussfristen, die durch eine bloße schriftliche Geltendmachung gewahrt werden können, nicht ausreicht, wenn das Schreiben fristgerecht bei Gericht eingeht.

Es folgt damit der langjährigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der der Gläubiger einer Forderung sich den Zeitverlust durch die - in der Sache nicht zwingend erforderliche - Inanspruchnahme des Gerichts selbst zuzurechnen hat. Die Zustellung der Klageschrift am 7. Januar 2014 war danach verspätet und die Klage abzuweisen.

Anmerkung:

Die tariflichen Ausschlussfristen sind für Arbeitnehmer*innen und ihr Prozessvertretung eine erhebliche Gefahrenquelle: Wer zu spät dran ist, verliert allein deshalb den Anspruch, auch wenn er ihm sonst zusteht.

Ausschlussfristen gibt es grundsätzlich in zwei Varianten, als einstufige und als zweistufige Frist. In der ersten Stufe muss der Anspruch beim Arbeitgeber, wenn dieser nicht zahlt innerhalb einer weiteren Frist bei Gericht geltend gemacht werden.

Für die erste Stufe hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass es auf den Zugang beim Arbeitgeber selbst ankommt. Arbeitnehmer*innen und ihre Rechtsvertreter*innen müssen dies unbedingt beachten. Bei der zweiten Stufe kommt es dann auf den Zugang beim Gericht an.

Das Gericht folgt damit dem Sinn und Zweck der ersten Stufe der Ausschlussfrist, wonach eben nicht sofort ein Gericht bemüht werden soll. Zuerst soll der Arbeitnehmer selbst versuchen, ob er den Streit nicht außergerichtlich mit seinem Arbeitgeber lösen kann. Wer dennoch sofort zum Gericht läuft, trägt das Risiko, dass das Gericht nicht innerhalb der Frist zustellt.

 

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts

Lesen Sie auch: Auch ein Arbeitgeber ist bei seinen Forderungen gegen den Arbeitnehmer an Fristen gebunden.

Rechtliche Grundlagen

§ 167 Zivilprozessordnung (ZPO) Rückwirkung der Zustellung

§ 167 Zivilprozessordnung (ZPO) Rückwirkung der Zustellung

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.